letzte Änderung am 10. Okt. 2002

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Express, Zeitschrift für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 9/02

Editorial

»A strange and unpredictable outcome: Schroeder winning the elections based on anti-war appeal« - noch im Frühjahr hatten wir mit den beiden californischen FilmemacherInnen Deborah Kaufman und Alan Snitow im Rahmen ihrer Rundreise durch Deutschland über die innenpolitischen Konsequenzen jener unheimlichen Allianzen und »bedingungslosen Solidaritäten« mit der Mobilmachung »des Westens« gegen »das Böse« - oder wie Otto Schily »mangels anderer Möglichkeiten des Begreifens« sagen würde: »den fundamentalistischen Islamfaschismus« - in den USA und Deutschland und über den Ausgang der Wahlen in der BRD spekuliert. Beides bedarf nun keiner Spekulation mehr.

Erklärungsbedürftig blieb für die beiden Freunde aus Californien jedoch das Maß an Unterstützung, das sich im Wahlkampf für Schröders Opposition gegen die US-amerikanische Außenpolitik und den drohenden Irak-Krieg zeigte. Dies vor allem vor dem Hintergrund einer innenpolitischen Entwicklung in den USA, die noch den letzten VertreterInnen der Auffassung, es handele sich bei diesem Land in seiner jetzigen Verfassung um ein Musterbeispiel bürgerlicher Demokratie (immer vorausgesetzt, rationale Argumentation ist noch möglich), zu denken geben müsste. Der Kommentar von Snitow/Kaufman: »We are so happy that somebody is speaking out against Bush. The government and media here are absolutely insane, arrogant, frightening and we feel we are being taken by our leaders into a nightmare scenario«. Dazu der Offene Brief auf der Titelseite »Nicht in unserem Namen«, der mittlerweile von über 15000 Intellektuellen, Künstlern, Gewerkschaftern und VertreterInnen anderer Organisationen unterschrieben wurde. Noch letztes Jahr hatten wir angesichts des 11. September einen damals noch etwas dramatisierend anmutenden Kommentar von Teo Reyes (TIE North America und Zeitschrift Labor Notes) veröffentlicht, der vor den Folgen der Attentate für Arbeits-, Umwelt- und Menschenrechte in den USA bzw. weltweit warnte. Mittlerweile zeigt sich mehr als deutlich, dass die Bedeutung der Attentate im Bewusstsein der Weltgesellschaft vor allem dadurch des-avouiert wird, dass sie in den Dienst von Maßnahmen gestellt werden, die ihrerseits nur als Reaktion auf weiter zurückreichende Krisenphänomene begriffen werden können.

So gelang es Ende Juli d.J. erstmals, jenes Programm durchzusetzen, dass seit Generationen von Präsidenten die ohnehin schon autoritären Züge der Präsidialverfassung noch um einige Kompetenzen ergänzen und dabei Opposition auf allen Ebenen ausschalten soll: Mit den »Fast Track«-Gesetzen werden zunächst die Rechte des Kongresses bei der Mitsprache und Verabschiedung internationaler Handelsabkommen auf ein absolutes Minimum reduziert. »Fast Track« ermöglicht u.a. die Einrichtung von Freihandelszonen - und das heißt: die Abschaffung von Gewerkschafts- und Arbeitsrechten, Umweltschutz etc. - innerhalb der FTAA (Free Trade Area of the Americas). Im nächsten express werden wir einen Bericht von David Bacon über eine Reihe weiterer präsidialer Aushebelungsversuche von Tarifrechten - aktuell der Dockers - dazu bringen, mit denen die unübersehbare Misere der Ökonomie in eine weitere Runde geschoben werden soll.
Crisis - what Crisis?

Zum Schluss möchten wir darauf hinweisen, dass diese Ausgabe des express eine verlegerische Beilage der AFP e.V. enthält, mit der wir alle unsere LeserInnen nochmals herzlich zum Jubiläumsfest des express am 16. November einladen möchten.

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