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Deutscher Bundestag
14. Wahlperiode
Drucksache 14/

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ulla Lötzer, Rolf Kutzmutz, Wolfgang Bierstedt und der Fraktion der PDS

zum Gesetzentwurf - Drucksache 14 /7796 - Entwurf eines Gesetzes zur tariflichen Entlohnung bei öffentlichen Aufträgen und zur Einrichtung eines Registers über unzuverlässige Unternehmen

 

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Der Deutsche Bundestag begrüßt die Zielsetzungen des Tariftreuegesetzes. Angesichts der Ausbreitung von illegaler Beschäftigung und Lohndumping in der Bauwirtschaft und der Auswirkungen der in der Europäischen Union vorbereiteten Liberalisierung des öffentlichen Nahverkehrs ist eine schnelle, uneingeschränkte und bundesweit einheitliche Wirksamkeit des Gesetzes zur Erreichung dieser Ziele dringend erforderlich. Bund, Länder und Gemeinden dürfen sich auch unter dem Druck leerer Kassen nicht am unterbieten tariflicher Standards beteiligen, was letztlich auch die sozialen Sicherungssysteme schwächt.

Die vorgesehene zeitliche Staffelung der Verpflichtung zur Zahlung des ortsüblichen Tariflohns nach Maßgabe des repräsentativen Tarifvertrages widerspricht dem Ziel des Gesetzes. Darüber hinaus geht sie an den tatsächlichen Problemen der ostdeutschen Bauwirtschaft vorbei, mit denen zeitliche Staffelung öffentlich begründet wird.

Die wirklichen Problem der ostdeutschen Bauwirtschaft liegen in der mangelnde Wettbewerbsfähigkeit durch niedrige Eigenkapitalausstattung, Liquiditätsproblemen durch schlechte Zahlungsmoral öffentlicher wie privater Auftraggeber, dem Nachfragerückgang aufgrund der dramatische Finanzkrise der ostdeutschen Länder und Kommunen, dem faktischen Ausschluss von öffentlichen Aufträgen aufgrund zu großer Losgrössen, häufig auch einer fehlende Kompetenzen zur Angebotserstellung und niedrige Produktivität. Diese Probleme lassen sich nicht durch die Unterschreitung von Tariflöhnen lösen. Im Gegenteil, ostdeutsche Bauunternehmen werden auf eine Zukunft als Subunternehmer mit Billigstlöhnen festgelegt. Die Aushöhlung der Tariftreuepflicht durch eine zeitliche Staffel wird die Tendenz zur Abwanderung qualifizierter und junger Arbeitskräfte aus den ostdeutschen Ländern verstärken und damit zur Verschärfung der Probleme der neuen Länder beitragen.

Entwicklungsperspektiven für die krisengeschüttelte ostdeutsche Bauwirtschaft setzt zukunftsfähige Arbeitsplätze und Schutz der Unternehmen vor ruinöser Konkurrenz voraus. Diese können dauerhaft nur durch eine Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe und der Investitionskraft der Länder und Kommunen erfolgen.

Auch im öffentlichen Nahverkehr liefe eine zeitliche Streckung der Tariftreueverpflichtung den Zielen des Gesetzes explizit zuwider, da sie dem Druck auf die Einkommen der Beschäftigten durch Tarifflucht und die Ausnutzung der Konkurrenz verschiedener Tarifniveaus erst bei Auftragsvergaben ab dem Jahre 2005 wirksam begegnen würde. Hinzu kommt, dass eine solche Staffelregelung öffentlich insbesondere von den Arbeitgebern als Eingeständnis wahrgenommen würde, dass Tariflöhne nicht marktgerecht seien und somit dem Ziel einer Stabilisierung der Einkommensniveaus durch Stärkung der Bindungswirkung von Tarifverträgen entgegen liefe.

Der Deutsche Bundestag erteilt deshalb Staffelregelungen hinsichtlich der Tariftreueverpflichtung und der Schwellenwerte eine Absage.

Auch die fehlende Einbeziehung der öffentlichen Auftraggeber in privater Rechtsform in den Geltungsbereich des Gesetzes, auf die die öffentliche Hand einen bestimmenden Einfluss ausübt, widerspricht den Zielen des Tariftreuegesetzes. Sie führt zur Umgehung in dem Ausgründungen forciert werden.

2. In der jüngsten Vergangenheit sind insbesondere im Zusammenhang mit dem Bau von Müllverbrennungsanlagen im Rheinland schwerwiegende Korruptionsfälle bekannt geworden. Um Korruption wirksam bekämpfen und einem weiteren Ansehensverlust der Politik insgesamt in den Augen der Bürgerinnen und Bürger entgegen zu wirken, sind dringend wirksame und abschreckende Sanktionen gegen korrupte Praktiken bei der Vergabe öffentlicher Aufträge erforderlich.

Der Deutsche Bundestag begrüßt daher die Aufnahme von Unternehmen in das "Register unzuverlässiger Unternehmen.", die versucht haben, öffentliche Aufträge durch Bestechung zu erlangen. Die Einführung eines solchen Korruptionsregisters bleibt allerdings unglaubwürdig und unwirksam, sofern sie nicht mit wirksamen Sanktionen verbunden wird und zwingend den befristeten Ausschluss der betreffenden Unternehmen von der Vergabe öffentlicher Aufträge nach sich zieht.

Durch die Abschreckungswirkung von Sanktionen, die erst zum Tragen kommen, nachdem Korruption stattgefunden hat, kann Korruption jedoch nicht wirksam bekämpft und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürgerinnen nicht wieder hergestellt werden. Den wirksamsten Schutz vor Korruption bieten öffentliche Kontrolle und weitestgehende Transparenz der Vergabeverfahren und – entscheidungen. Auch die Unternehmen, die sich um öffentliche Aufträge bewerben, müssen einen wirksamen Beitrag zur Überwindung der Korruption leisten. In diesen Punkten werden mit dem vorliegenden Gesetzentwurf jedoch keinerlei Konsequenzen gezogen. Auch in diesen Punkten ist der Entwurf der Bundesregierung völlig unzureichend.

 

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

Berlin, den 22. April 2002

Ulla Lötzer,
Rolf Kutzmutz,
Wolfgang Bierstedt,
und Fraktion der PDS


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