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Das Weltsozialforum wurde gegründet, um die Globalisierung zu bekämpfen, nicht, um sie humaner zu machen...

Rede von Hebe de Bonafini von den "Madres de Plaza del Mayo", Argentinien auf der Demonstration des WSF am 07.02.02

Quelle: comcosur Montevideo, 15. Februar 2002

 

Compañeros, wir waren in Porto Alegre auf dem Weltsozialforum. Auf dem Forum waren zwischen 60.000 und 70.000 Menschen, zahlreiche Workshops, Menschen aus allen Ländern, tausende Jugendliche. Auf dem Forum gab es drei "Stände": den, der von den Franzosen dominiert wurde, den der Philosophen, Denker und Intellektuellen, die Seminare und Workshops leiteten und den der einfachen Leute, die wie wir auch hingefahren sind, uns getroffen und miteinander geredet, aber eben nicht so viel geredet haben. Nein, im Ernst, dieses Mal ging es mehr darum, zweiteren zu zuhören, als dass die "Menschen von unten" partizipieren sollten.

Es durften weder Fidel Castro, die FARC oder die Leute von Subcomandante Marcos teilnehmen. Das war sehr bedauerlich. Auch die Mütter der Plaza de Mayo waren nicht eingeladen. Das waren die vier Verbote: FARC, Fidel, Zapatisten und die Mütter. Ich bin trotzdem hingegangen, weil mich die Leute von der Landlosenbewegung MST eingeladen haben und es war wichtig, dass die "Mütter" da waren, weil wir die ersten waren, die das Forum kritisiert haben, die gesagt haben, dass Sozialdemokratie nicht das selbe sei wie Sozialismus, dass das Forum sozialdemokratisiert worden sei, dass die Franzosen ruhig kommen können, aber nicht um zu bestimmen, dass das Forum entstand um die Globalisierung zu bekämpfen und nicht um sie humaner zu machen. Eine Sache, die per se inhuman ist, die bekämpft und zerstört werden muss.

Es wird nicht mehr von Sozialismus geredet. Unten schon, aber ich rede über die offizielle Tagesordnung. Es wurde auch nicht darüber geredet, die Schulden nicht zurückzuzahlen, sondern darüber, dass sie erlassen werden sollen. Aber für einen Schuldenerlass muss man seinen Feind bitten, dass er das gnädigerweise tue. Wenn ich aber nicht zahle, weil ich nicht will, ist das eine andere Sache. Und das ist, was die "Mütter" wollen.

Doch obwohl es für uns schwierig war, zu arbeiten, da wir kein Geld hatten, machten wir ab morgens um sieben Uhr Reportagen mit drei Journalisten. Um zehn ging ich in die PUQUI, die Universität, und machte dort weiter.

Ich stellte zwei sehr interessante Bücher über Marxismus, Sozialismus und Demokratie und die Pariser Kommune, einem immer noch aktuellen Beispiel vor. Die "Liga Campesina" (Bauernliga) veranstaltete eine spezielle Hommenaje für die "Mütter". Viele Bäuerinnen zogen sich die weißen Tücher der Mütter an und erklärten unsere Geschichte. Dann haben die Genossen aus Paraguay und Chile Lieder für uns gesungen. Bei der Argentinien-Veranstaltung wurde ich von den Leuten, die diese einberufen hatten, zur Vertreterin der argentinischen Delegation gewählt, obwohl ich nicht offiziell eingeladen war.

Es fand eine eindrucksvolle Demonstration gegen die ALCA (gesamtamerikanische Freihandelszone) statt. Es war eine Ehre für mich, dort an der Seite von kämpferischen Genossen wie Joao Pedro Stedile, einer der Führer der brasilianischen Landlosenbewegung, Genossen der kubanischen Gewerkschaft, der Genossin Blanca Changozo aus Ecuador u. a. reden zu können. Es war wirklich eine Ehre für die Mütter des Plaza de Mayo, dort reden zu dürfen, auf diesem Forum. Was ich feststelle, war, dass die Aufstände der Menschen nie terroristisch sind, sondern der Terrorismus immer vom Staat ausgeht. Weil in den Erklärungen immer von Terrorismen, "dem Terrorismus der Völker" und immer wieder Terrorismus die Rede war, also das Volk als Terroristen bezeichnet wurden. Deswegen forderte ich die Freilassung aller politischen Gefangenen und die Einstellung aller Strafverfahren.

Ich stellte alle Forderungen, von denen ihr wisst, dass sie die "Mütter" immer wieder stellen, erklärte, dass wir für den Sozialismus kämpfen, ich sagte, dass die Globalisierung nicht humanisiert, sondern zerstört werden soll und konnte so ein bisschen die offizielle Tagesordnung des Forum durcheinander bringen. Ich denke, das Forum braucht weniger Workshops, weniger Intellektuelle und mehr Leute aus dem Volk, die über ihre Erfahrungen sprechen, weil man in den kleinen Foren niemand erreicht. Und die großen Foren waren reserviert für..., - es ist schon gut, wenn sie reden aber es wäre besser, wenn es gemischter wäre: wenn James Petras redet, soll auch einer von den Landlosen reden; wenn Chomsky redet, soll auch einer von den FARC reden. Aber sonst bringt das nichts, also waren die großen Foren nur für diese Leute selbst. Wir anderen waren in kleineren Veranstaltungen, bis auf mich, die ich durch Zufall noch berufen wurde, und noch alles sagen konnte, was ich sagen wollte, aber die anderen konnten eben nicht.

Ich war mit der Arbeit, die wir gemacht haben, sehr zufrieden. Ich gab mehr als 250 Interviews für diverse Radiostationen, Zeitungen usw. Es war Arbeit, um die Positionen von vielen hier zu festigen. Ich sagte, dass die "Mütter des Plaza de Mayo" diesen Platz vor 25 Jahren gegen die Diktatur besetzt hatten und auf diesem Platz jetzt Präsidenten entmachtet werden und dass eines Tages die "Mütter" dort jemanden ernennen werden, der dieses Land mit mehr Bewusstsein und moralischer Autorität leitet, als diese Mafiosi, die wir derzeit an der Regierung haben. Wir werden von einer Mafia regiert.

 


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