letzte Änderung am 19. Febr. 2003

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Migration online – »ein Blick« in eine neue Publikationsreihe des DGB Bildungswerks

»Gewerkschaften müssen ein sicherer Hafen sein, ein Ort der Information, Beratung, Vertretung, damit die Menschen sich ihrer Rechte bewusst werden, ein Ort, an dem MigrantInnen als MitgliederInnen willkommen geheißen werden, wo sie verstanden werden, wo sie eine Rettungsleine für den Fall finden, dass die Zumutungen durch den Arbeitgeber überhand nehmen.«[1]

So beschreibt Philipp Jennings, der Generalssekretär des Internationalen Dachverbands der Gewerkschaften aus den Bereichen privater Dienstleistungen und für Angestellte UNI (Union Network International), die Aufgabe der Gewerkschaften in einem Beitrag für die Oktober-Ausgabe 2002 des Forum Migration, das seit Anfang 2001 vom DGB Bildungswerk, Bereich Migration und Qualifizierung, als einer von vier verschiedenen newslettern herausgegeben wird. Weiterhin gibt es die newsletter Aktiv gegen Rassismus, Datendienst Migration und Mediendienst Migration.[2] Neben diesen Veröffentlichungen bietet der Arbeitsbereich Migration und Qualifizierung auch größere Dokumentationen und Schriftreihen, aber auch Seminare, Workshops, Trainings und Tagungen.

Im Gegensatz zum dgb einblick lohnt sich die Lektüre der newsletters – auch wenn einen diese Form der Aufklärung im »Fruchtzwergeformat« in der Regel eher nervt –, da man hier Informationen und Überlegungen geboten bekommt, die man sonst in der deutschen Gewerkschaftslandschaft nicht findet. Wenn Jennings in dem genannten Text weiter fordert, dass die Gewerkschaften laut »Nein zu Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sagen«, ist das nicht eine der üblichen Internationalismus-Floskeln, sondern dies hat auch praktische Konsequenzen. Er verweist auf die Gewerkschaften SEIU und UFCW, die in den USA an der Spitze einer Kampagne stehen, die »ArbeitnehmerInnen ohne offizielle Arbeitserlaubnis unterstützt.« Sie engagieren sich vor allem im Reinigungsgewerbe, wo viele MigrantInnen als »unsichtbare ArbeitnehmerInnen« für niedrigste Löhne eine Arbeit aufnehmen, die oft »mit übler Ausbeutung und Übergriffen durch den Arbeitgeber verbunden sind«. Hier seien es die »Gewerkschaften – zusammen mit lokalen Initiativen –, die führend dafür eintreten, die Situation im Migrationsbereich gründlich zu überprüfen, Sanktionen von Arbeitgebern rückgängig zu machen, illegale Einwanderer zu amnestieren und durch lautes Öffentlich machen Schutz für ArbeitnehmerInnen ohne offizielle Arbeitserlaubnis zu schaffen, die sich über eine Verletzung der Arbeitsschutzgesetze beklagen.«

In der neuesten Ausgabe vom Januar 2003 kommt z.B. Cornelia Bührle, die Migrationsbeauftragte des Berliner Bischofs, zu Wort und erklärt, dass das Konzept der »Entwicklungshilfe« gescheitert sei und deshalb nun die wirtschaftlich Armen kommen und sich ihren »legitimen Anteil am globalen materiellen (Über-)Lebenspotential – auch in Deutschland, auch in Berlin« erarbeiten.[3] Ebenda klärt sie auf, dass »irreguläre Migranten in Deutschland bestimmte Rechte – z.B. den Anspruch auf (zumindest) den vereinbarten Lohn, Ansprüche auf Leistungen des öffentlichen Gesundheitssystems, die wachsende Zahl der Kinder das Recht auf Beschulung« haben, doch »können irreguläre Migranten diese Rechte faktisch nicht geltend machen, weil sie befürchten müssen, auf Grund weitgehender Übermittlungspflichten öffentlicher Stellen festgenommen und abgeschoben zu werden; wer ihnen in existenzieller Not hilft, z.B. im Falle lebensbedrohlicher Krankheiten, riskiert, sich strafbar zu machen.« Diese Kritik trifft die deutschen Gewerkschaften genauso wie die Bundesregierung(en).

Hier wird aber nicht nur gesellschaftspolitische Aufklärung angeboten, sondern auch handfeste alltägliche Hilfe, wie in der Information des Polnischen Sozialrats über die Möglichkeit, dass auch »illegale« Haushaltshilfen eine Unfallversicherung abschließen können. Weiter wird auf verschiedene antirassistische Initiativen hingewiesen, deren Termine auch angekündigt werden. Nicht zuletzt wird natürlich über den Tellerrand geblickt und über die Verhältnisse in anderen Ländern berichtet. Leider gibt es aus diesen Ländern nicht allzu viel Erfreuliches zu berichten. In der Reihe »Zuwanderung in Europa« wurde bis jetzt über die Niederlande (10/2002), über Dänemark (11/2002), Italien (12/2002) und über die Schweiz (1/2003) berichtet. Außer in der Schweiz, wo eine Verschärfung des Asylrechts bei einer Volksabstimmung keine Mehrheit fand, ist sie in allen anderen Ländern im letzten Jahr im Zusammenhang mit den Wahlsiegen von stramm konservativen Parteien durchgesetzt worden.

Der newsletter Aktiv gegen Rassismus besteht hauptsächlich aus Berichten über antirassistische Projekte in öffentlichen Verwaltungen und Betrieben, wie z.B. bei der Bahn AG, Briefpost Frankfurt/Main, bei der Postbank, Faber-Castell oder Eko Stahl und von den Gewerkschaften. Die IG BAU bietet eine Unterrichtseinheit zum Thema »Illegale Beschäftigung und Fremdenfeindlichkeit« an, die »gerade jungen Menschen«, die im Baubereich arbeiten, »differenzierte Informationen an die Hand geben ... und so den Rechtsextremen den Nährboden entziehen« können.[4] Die IG Metall wirbt für ihr Projekt Zivilcourage und der DGB Mittelhessen für die Initiative »So happy together...«.

In der aktuellen Ausgabe des Mediendienst Migration findet man eine nützliche Chronologie des Zuwanderungsgesetzes und einen Bericht über den Richtlinienvorschlag der EU-Kommission. Wie der Name schon verrät, bietet der Datendienst Migration regelmäßig Daten zu einem Schwerpunkt in Tabellen und Schaubildern. Schwerpunkt im Januar 2003 sind Menschen aus Ex-Jugoslawien.

Insgesamt sind diese vier newsletter für alle am Thema Interessierten eine nützliche Informationsquelle, die sich zum einen von den anderen mainstream-newslettern der Gewerkschaften abhebt durch die gehaltvolleren Berichte, zum anderen durch die wohltuend aufklärerischen politischen Positionen, denen hier Raum gegeben wird.

Natürlich und technisch gibt es die newsletter – neben der gedruckten und mit der Post versandten Ausgabe – auch elektronisch auf der Internetseite des Arbeitsbereichs Migration und Qualifizierung des DGB Bildungswerks als download oder gleich regelmäßig per email zu beziehen unter der Adresse: www.migration-online.de

NaRa

Erschienen im express, Zeitschrift für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 1/03

Anmerkungen

1) Philipp Jennings: »Gewerkschaften schützen die Rechte der WanderarbeitnehmerInnen«, in: Forum Migration Nr.10/2002, hrsg. vom DGB Bildungswerk (Auch wenn das Mitglied nicht männlich, sondern grammatikalisch sachlich ist und deshalb auch nicht feminisiert werden muss, haben wir die niedliche Ausdrucksweise gerne übernommen).

2) Ursprünglich, seit 1998, war das Forum Migration beim Referat Migration des DGB Bundesvorstands angesiedelt.

3) Schwester Cornelia Bührle rscj: »Menschen ohne Aufenthaltsrecht und Duldung«, in: Forum Migration Nr. 1/2003, hrsg. vom DGB Bildungswerk

4) Unterrichtseinheit der IG BAU: »Illegale Beschäftigung und Fremdenfeindlichkeit«, in: Aktiv gegen Rassismus Nr. 1/2003 hrsg. vom DGB Bildungswerk

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