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"Spitzengehälter für Verdi-Funktionäre" (Berliner Zeitung, 25. September 2001)

Eine kurze Reflektion

 

Dargestellte Fakten und Begründungen in dem Artikel haben den sich weiter vertieften Riß in den Birnen der Funktionäre (weiblich + männlich) deutlich gemacht. Keiner der Gegner sowie Kritiker von Idee und Realisation dieser Großorganisation ver.di ist verblüfft über den aktuell publizierten Stand des Innenlebens. Bisher intern gehandelte Skandale wie die tägliche zu zahlende Miete für den Hauptsitz am Potsdamer Platz in Höhe von rund 46.700,- DM waren keine Zeile in der Öffentlichkeit wert, geschweige ein sicht- und hörbares Aufbegehren in den Gewerkschaftsgremien. Jetzt allerdings geht’s um mehr … scheinbar.

Nicht die angestrebte Höhe der Gehälter (der Vorsitzende Bsirske monatlich von 15.000,- auf 30.000,- DM) aus der Kasse der Beitragszahler sondern die Begründungen legen den moralischen Verfall sowie die inzwischen erreichte Ferne zur sozialen Lage der beitragszahlenden Mitglieder offen.

Die seit Oktober 1997 betriebene betriebswirtschaftliche Zusammenfassung mehrerer Gewerkschaften hat inzwischen mit neoliberaler Geschwätzigkeit und einem Hauch von Sozialtouch, belegt durch Selbstdarstellung in Anzeigen, Publikationen etc. Nebelkerzen über die eigentliche Aufgabenstellung geworfen. Da haben sich gutwillige Mitglieder jahrelang durch Berge von gedruckten Phrasen gewühlt, um letzlich den Beleg zu kriegen, daß über eine Hotline von ver.di zu erfahren ist, daß man sich doch selber um seinen Scheiß kümmern muß.

Es soll ja Zeiten für gutgläubige Gewerkschafter gegeben haben, könnse sogar belegen, daß sich die Bewertung von Aufgaben auf der Ebene von Beschlußlagen abspielte. Vergiß’ es, basta! Gerade im Frühjahr beschlossen geht es nun "… um eine Neubewertung der Aufgaben und Verantwortung. Sonst machen gute Leute außerhalb der Gewerkschaften Karriere." (ver.di-Sprecher Harald Reutter) Je nun, Harald, macht mal, schnellstens wenn ich bitten darf. Seit dem 11.9. tun sich verantwortungsvolle und gutbezahlte Felder für karrieregeile Gewerkschaftsfunktionäre auf. Mit dem antrainierten Vokabular könnten sie sich ? den Sachzwängen beugend ? für den anstehenden sozialverträglichen Kriegseinsatz in Afghanistan und anderswo melden.
Das Gemeinwohl und die Beitragszahler werden dankend hinterherwinken ? ohne eine Träne zu vergießen.

Susanne Stumpenhusen, ver.di-Landesbezirksvorsitzende: "Die Idee ist, dass die Kollegen, die mit Arbeitgebern auf Augenhöhe verhandeln, in etwa das Gleiche verdienen wie ihre Verhandlungspartner." Das ist doch nicht für die täglich in den Betrieben agierenden Betriebsräte und Personalräte gedacht? Etwa für den Erwerbslosen der seiner Arbeitsamtsberaterin tief in die Augen schaut? Nein, Zyne für die Zyne (W. Neuss). Das betriebene Ritual von Tarifrunden, Sozialpakten, Bündnissen usw. soll den hauptamtlichen Funktionären versüßt werden.

Dann im Artikel der Berliner Zeitung Verweis auf deutlich besser verdienende "Bankmanager": Die größte Dienstleistungsgewerkschaft der Welt brauche Profis im Range von Top-Managern. Mit oder ohne Greencard?

Das soziale Handwerkszeug wird im Kopf zugeschüttet und durch dicke Konten ersetzt. Die eigene soziale Lage geht vom Nordpol zur sozialen Lage der Mitglieder am Südpol auf Distanz. Bereichern jetzt, denn noch ist der Topf gefüllt. Geld anlegen und an US-Modelle denken, die das Überleben von Funktionären in den Apparaten ohne zahlende Mitglieder möglich machten. Job-Rotation mit 100%-igen Gehaltszuschuß durch den Staat auch ’ne Möglichkeit. In diesem Sinne Flagge zeigen, unten schlank machen um oben fett zu werden ? Mitläufer einbinden und ab und zu einen gut bezahlten Freigeist zum Segnen einladen.

Christian Wiesner-Stippel
Mitglied des Landesbezirksvorstands FB 8 ver.di Berlin-Brandenburg
ehemals IG Medien, Druck und Papier, Publizistik und Kunst
ehemals Druck und Papier
Pause
ehemals IG Metall

25. September 2001


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