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Ver.di-Chef Frank Bsirske soll 59,2 Prozent mehr Gehalt erhalten. Dies sowie
die Gehälter der anderen 83 Spitzenfunktionäre der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft
beschloss der ver.di-Gewerkschaftsrat, dessen Tagung in Berlin gestern endete.
Schon im Vorfeld gab es heftige Diskussionen über die anvisierten Gehaltssteigerungen
der ver.di-Spitzenfunktionäre. Sollte sich doch der Vorsitzende ursprünglich
einer Gehaltssteigerung von 79 Prozent erfreuen dürfen? Ergebnis der Debatten:
Eine knappe Mehrheit sprach sich im Rat, dem obersten Beschlussgremium zwischen
den Bundeskongressen, für einen Gehaltskompromiss aus, der eine Erhöhung
um 59,2 Prozent vorsieht.
Detlef Hensche, der frühere Vorsitzender der IGMedien, hatte den ver.di-Gewerkschaftsrat
(GR) in einem vertraulichen Papier davor gewarnt, »die Gehälter
für die Wahlangestellten festzulegen, noch bevor die der übrigen Gewerkschaftsbeschäftigten
mit den Betriebsräten verhandelt sind. Dies dürfte sozialen Unfrieden
stiften«. Hensche legte einen Alternativvorschlag vor. Doch der blieb
ebenso unberücksichtigt wie seine Warnung. In der Nacht zum Freitag beschloss
der GR eine Regelung, die weit über den höchsten Gehältern der
Vorstandsmitglieder in den fünf Gründungsgewerkschaften liegen. Zugleich
ist immer noch unklar, wie die übrigen, »normalen«
ver.di-Angestellten künftig bezahlt werden. Allerdings fand der Kompromiss
zugunsten der insgesamt 84 ver.di-Wahlangestellten nur eine knappe Mehrheit
von 55 zu 45 im GR, wie zu hören war. Nun soll der ver.di-Bundesvorsitzende
Frank Bsirske künftig monatlich 27 000 Mark brutto bekommen. Im Hensche-Vorschlag
waren 18 000 Mark anvisiert. Der GR-Personalausschuss und das Präsidium
hatten ihrerseits 30 000 Mark vorgeschlagen. Dieser ursprüngliche Beschlussvorschlag
hatte das Gehalt eines Landesbezirksleiters von monatlich 15 000 Mark mit 100
Prozent zum Maßstab des Einkommens der übrigen Spitzenfunktionäre
gemacht. Die 13 Bundesfachbereichsleiter sollten danach 150 Prozent, die Finanzverantwortlichen
160, die Vize-Vorsitzenden 175 und der Bundesvorsitzende 200 Prozent beziehen.
Für alle Bundesfunktionäre hingegen hat der GR jetzt mit dem Kompromiss
zehn Prozent weniger beschlossen, für die Landesrepräsentanten fünf
Prozent weniger (also 14 250 Mark für den Vorsitzenden). Die 84 Spitzenfunktionäre
beziehen 13 Monatsgehälter jährlich, allerdings soll kein Urlaubsgeld
gezahlt werden. Bei einem monatlichen Durchschnittsbeitrag der ver.di-Mitglieder
von etwa 22,50 Mark, so eine inoffizielle Zahl, werden demnach die Beiträge
von gut 32 000 Mitgliedern allein für die Bezahlung der Spitzenfunktionäre
aufgewandt.
Die Gehaltssummen an der Spitze haben Folgen für die Zahl und Gehälter
der übrigen ver.di-Beschäftigten. Laut einer Richtlinie ist der Anteil
der Personalkosten bei 50 Prozent des Gesamtetats festgeschrieben. Was aus dem
Etat oben weggenommen wird, steht unten für die Verwaltungsangestellten
und ver.di-Sekretäre nicht mehr zur Verfügung.
Auf die Folgen dessen hatte auch schon vorsorglich der ver.di-Gesamtbetriebsrat
(GBR) hingewiesen: Aus dem »Rest«-Etat können noch
weniger Menschen bezahlt werden. Da ver.di aber schon jetzt einen »rechnerischen
Personalüberhang« aufweist, wird »der Druck auf die
Beschäftigten verstärkt«, so der GBR; oder deutlicher: Noch
mehr Stellen müssen gestrichen werden. Erst am 12. September hatte die
ver.di-Personalverantwortliche Beate Eggert mit einem GBR-Ausschuss ein erstes
Gespräch über die künftigen Anstellungsbedingungen (AAB) der
Gewerkschaftsbeschäftigten geführt, die Eggert vor dem nächsten
ver.di-Kongress im Jahr 2003 abschließen will. In zwei Schreiben –
zuletzt vom 6. September – hat der Gesamtbetriebsrat um ein Gespräch
mit dem Bundesvorstand über die Gesamtsituation der Beschäftigten
gebeten. Eine Antwort steht laut GBR aus.
Zwar verfügte ver.di bei seinem Start vor allem dank DAG und DPG über
ein beträchtliches Vermögen, doch sind auch erhebliche Kosten entstanden.
Viel Geld ist notwendig für einen Sozialplan für all die Beschäftigten,
die nach der Zusammenlegung der fünf Gewerkschaftszentralen nicht nach
Berlin umziehen konnten oder wollten. Teuer ist die neue Residenz am Potsdamer
Platz. Zudem will ver.di noch den Bau einer eigenen, neuen Zentrale finanzieren.
Da aber die Mitgliederzahlen weiter rückläufig sind, wie die GR-Mitglieder
auch erfuhren, wäre unter den gegenwärtigen Bedingungen das Gewerkschaftsvermögen
vermutlich spätestens im Jahre 2006 aufgebraucht.
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