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Die Aldous Huxley Revival Serie Brave new world (16)

Helmut Weiss

ANSTÄNDIGE DEUTSCHE



Der  Nazi Worch hatte seine Jungs am 21.Oktober 00 zur Demonstration nach Dortmund gerufen. Unter anderem, um gegen die Medienhetze zu demonstrieren. Freiheit auch für Nationalisten ­ so der Tenor.

Die Dortmunder Presse bedankte sich bei den Gegendemonstranten für den Einsatz für couragierten Journalismus. Die Journalisten  selbst hatte ihre Courage offenbar auch eingesetzt, denn sie war nicht mehr da. Hofberichterstattung wurde so etwas früher genannt.

Das anständige Dortmund folgte Wolfgang Clement auf den Hansaplatz, diejenigen die blockieren wollten, waren  - natürlich ­ alles Autonome. So viel Autonomie war nie. Hunderte von Schülerinnen und Schülern, die das erste Mal demonstrieren waren und ebensoviele Menschen nahe des Rentenalters, die zum ersten Male einfach nicht weggehen wollten.
Kein Platz für Differenzierung ­ die Presse folgt dem Leitmedium.

0.15 ­ 0.30 Minuten Formate in den TV Nachrichten, da wird abgebildet, keine Möglichkeit für Analysen, für Entwicklungen, Unterschiede. Bilder. Vor allem Bilder.
Besser: Abbildungen. Wenn dann ein Reporter mit dem Polizeisprecher über den Verlauf des Tages spricht, dann ist das Gespräch die Nachricht, nicht der Inhalt.

Walter Benjamin war es, der sagte, der Ästhetisierung des Politischen könne nur mit der Politisierung des Ästhetischen begegnet werden ­ was wieder einmal darauf hinausläuft, daß es kein Luxus wäre, sich über Form, Inhalt und Stellenwert alternativer Medien Gedanken zu machen.

Wer aber die längste Tradition darin hat, mit Bildern Politik zu machen, sind nun mal: Faschisten. Jörg Haider wurde durch das Fernsehen wichtig, Silvio Berlusconi wurde mit dem Fernsehen wichtig.
Da muß alles knapp, klar, eindeutig und direkt sein. Längst sind diese Weisheiten des Josef Goebbels in das Handwerk jeglicher Werbeagentur, insbesondere zu Wahlkampagnen, eingegangen.

Dabei war ­ wieder einmal ­ das, was Presse und Fernsehen nicht zum Thema machten, das interessante und das wichtige. Daß trotz aller Aufrufe von SPD, DGB, IHK und BVB etwa ein Fünftel der 20.000 dorthin ging, wo es aufhörte mit dem anständig sein. Oder aber auch: Wieviele der Menschen auf dem Hansaplatz bei Clements Rede Unmut äußerten. Unmut darüber, daß jemand sich zum Antifaschisten stilisiert, in dessen Land der größte Abschiebeknast der Republik ist.
Über eine Partei, die sich nicht entblödet, die anständigen Deutschen zu mobilisieren ­ wie nebenan der Haider Jörg die anständigen Österreicher.

Per Tradition sind anständige Deutsche anständige Antisemiten, so wie die Tracht Erscheinungsform der Niedertracht ist.  Dazu braucht Mann nicht wissen, welche Biermarke Goethe ist. Sondern wo Mann steht und zugehört.

Das waren Debatten, die es während der Kundgebung gab ­ davon kein Wort, dafür ist kein Platz in der Inszenierung.

Immerhin: Wer mit an den unanständigen Orten war, war nicht nur die ohnehin ­ wem auch immer sei Dank -  als unanständig geltende Dortmunder IG Medien, sondern auch ­ und vor allem ­ die hbv und ein größeres Kontingent der ÖTV.
Sonst zwar keine organisierten Gewerkschaften, aber für einen Verein, der aus Anlaß der Greencard Debatte sehr wohl völkisch-antikapitalistisches von sich gab, schon nicht soo übel.

Die wirklich anständigen Deutschen demonstrierten unter Polizeischutz 150 Meter weit. 150 zuviel.


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