letzte Änderung am 18. Februar 2004 | |
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In die Verhandlungen am 16.Februar 2004 ging ver.di (und djv) mit einem - umstrittenen - Kompromissangebot. Der BZDV reagierte direkt: Wiederholung der Maximalforderungen - inklusive eigentlich bereits "weggestreikter" Öffnungsklauseln . Die Unternehmer suchen die totale Konfrontation, während die Streikversammlungen eine Änderung der Gewerkschaftstaktik ergaben: ab Donnerstag, den 19.Februar sollen überraschende Streiks in einzelnen Verlagen stattfinden. Eine Art Guerillataktik - welche Alternativen gibt es dazu?
Auf der verdi-Sonderseite zum Redakteursstreik ist die offizielle Einschätzung der letzten Verhandlungsrunde ebenso zu finden wie, als pdf-Datei das von verdi und djv vorgelegte Kompromissangebot. Zu beidem gibt es dort auch einige Kommentare von KollegInnen, die das durchaus kritisch sehen, zum Beispiel dieser: "Das Angebot ist eigentlich schon unter der Untergrenze. Derzeit sind in Niedersachsen weitere Regionen zum Streik bereit. Wieso muss man in so einer Situation zurückweichen? Der Unmut ist hier groß!"
Wenn bei den offiziellen Berichten auch davon geschrieben wird, was "am Rande" der Streikversammlungen stattfand bzw besprochen wurde, so ist hinzuzufügen: Debattiert wurde vor allem die Zukunft des Flächentarifs. Im Moment noch eine Debatte mit sehr viel Spekulation und wenig genauem Wissen, kann sich das sehr kurzfristig anders darstellen. Sehr viel gesprochen wurde auch über die möglichen Alternativen zu dieser "Guerillataktik". Eine Ausweitung auf die Druckbereiche, auf die Auslieferungen und stärker noch als bisher auf die gesamte Öffentlichkeit, das war meist die Richtung, in die solche Alternativüberlegungen gingen. Wobei alle Beteiligten die komplizierte Situation keineswegs übersahen: zu oft waren sie auch im Bekannten und Freundeskreis in den letzten Tagen mit der Frage konfrontiert worden "Wie, ich dachte ihr streikt?". Zu bemerken ist wenig, die Zeitungen erscheinen meist und dass sie zusammengestückelt sind, fällt nur Insidern sofort auf. Das, verbunden damit, dass es ganze Regionen gibt - wie das Rheinland - in denen kaum gestreikt wird, ist kein Zeichen von Stärke. Die kommt nur aus den zahlreichen Aktivitäten und der weiterhin bestehenden Entschlossenheit der StreikaktivistInnen.
Dass es für ein breiteres Vorgehen durchaus "Reserven" gibt, zeigen auch solche Dinge, wie ein von Dortmunder Entsorgern vorbereiteter Aufruf an ihre Kollegen, der Aktion "Aussetzer" zu folgen, die in Stadt (und Gewerkschaft) in jüngster Zeit umstritten war.
Ein Beispiel für bereits praktizierte Solidaritätsbemühungen ist ein Schreiben der Betriebsgruppe VERDI der UNI Hannover vom 13.Februar
2004, in dem es heisst:
"Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
seit mehr als 14 Tagen wehren sich Redakteurinnen und Redakteure
deutscher Zeitungen gegen Absenkungen von Gehalt und Erhöhung der
Arbeitszeiten durch den Verband der Verleger.
Die moderne Technik im Medienbereich macht es möglich, dass die
LeserInnen bisher relativ wenig von dem Arbeitskampf mitkriegen: die
Zeitungen erscheinen weiter - wenn auch mit größeren Bildern, mehr
Fremdtexten etc. Im redaktionellen teil wird über alles mögliche
informiert - nur nicht über den Arbeitskampf im eigenen Haus!
ver.di KollegInnen aus Hannover unterstützen die streikenden
KollegInnen bei Madsack durch Solidaritätsadressen und Besuche vor
dem Verlagsgebäude.
Eine weitere Idee ist, sich als "Abonenntenmacht" hinter die
Forderungen der RedakteurInnen und ver.di zu stellen und die
Kündigung des Zeitungsabos anzudrohen bzw. durchzuführen.
Unten findet ihr einen entsprechenden Vorschlag.
Denkt mal drüber nach, es wäre doch schön, wenn die Arbeitgeber mal
merken, dass es ihren Kunden/Lesern nicht egal ist, unter welchen
Bedingungen die Beschäftigten arbeiten.
Mit besten Grüßen"
ver.di Betriebsgruppe
Wie gross die Entschlossenheit der Streikenden ist und was alles versucht wird, um aus dem "Schweigen" herauszukommen wird auch im folgenden Bericht deutlich:
"Journalisten-Demo auf der Kö"
Rund 500 streikende Tageszeitungs-Redakteurinnen und Redakteure aus
Nordrhein-Westfalen kamen am Montag, 16. Februar 2004, zu einer
landesweiten Streikversammlung in Düsseldorf zusammen. Vorausgegangen war eine frühmorgendliche Streikaktion vor dem
Pressehaus der Rheinischen Post in D-Heerdt, wo Streikende die Verlagsmitarbeiter über die aktuelle Situation informierten.
Mit der Unterstützung von Stelzenläufer und Feuerschlucker
verteilten die Teilnehmer der zentralen Veranstaltung auf der Königsallee 1000
Rosen und noch mehr offene Briefe an die Leserinnen und Leser, die sich
äußerst interessiert an Informationen über einen von den Verlegern
totgeschwiegenen Streik zeigten. Ein Drehorgelspieler beklagte die aktuelle Lage
musikalisch.
Der DJV-Bundesvorsitzende Michael Konken kritisierte die
Blockadehaltung des Bundes-verbandes Deutscher Zeitungsverleger scharf. Für die dju in
ver.di forderte der Landesvorsitzende Udo Milbret die Verleger auf, ihre publizistische Monopolstellung nicht weiter zu missbrauchen. Die
versammelten Journalisten zeigten sich fest entschlossen, ihren Arbeitskampf fortzusetzen. Mit einem Demonstrationszug über die Kö und zu den
Redaktionen von Westdeutscher Zeitung und Rheinischer Post machten die
streikenden Journalisten öffentlich auf ihr Anliegen aufmerksam.
Die Redakteure und Redakteurinnen an Tageszeitungen setzen sich mit
ihrem
Arbeitskampf gegen geplante Verschlechterungen des
Manteltarifvertrages
zur
Wehr. Nach Willen der Verleger sollen die Journalisten auf fünf
Urlaubstage
und 20 Prozent ihres Urlaubsgeldes verzichten. Auch bei der
Anpassung der
Tarifgehälter sollen die Redakteure diesmal leer ausgehen. Verärgert
zeigten
die Teilnehmer sich vor allem über eine von einigen Verlagen am
Wochenende
geschaltete Anzeige mit unwahrem Inhalt zur Tarifauseinandersetzung.
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