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Anträge zum Außerordentlichen Gewerkschaftstag der IG Medien 2000 in Bielefeld zum Ausstieg aus dem "Bündnis für Arbeit"

 

1. Der mit überwältigender Mehrheit angenommene Antrag:

Antragsmummer: 28
Themenbereich:
Antragsteller: Berthold Balzer, Del-Nr. 130 (Landesvorsitzender Hessen)
Titel: Ausstieg aus dem "Bündnis für Arbeit"
Empfehlung der Antragskommission:

Die Delegierten des außerordentlichen Gewerkschaftstages 2000 der IG Medien beschließen: Die IG Medien wird im DGB, in ver.di, in den Einzelgewerkschaften des DGB und in der Öffentlichkeit für einen sofortigen Ausstieg der Gewerkschaften aus dem "Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wertbewerbsfähigkeit" eintreten. Die IG Medien wird sich an Veranstaltungen und Arbeitsgruppen des "Bündnisses" nicht weiter beteiligen.

 

2. Daher wurde der nachfolgende Antrag, als weniger weitgehend, nicht mehr behandelt:

Antragsnummer: 24
Themenbereich: Allgemeine Politik
Antragsteller: Landesbezirksvorstand Baden-Württemberg
Titel: Ausstieg aus dem "Bündnis für Arbeit"
Empfehlung der Antragskommission: Erledigt durch weitergehende Beschlusslage in Kassel

Die Delegierten des außerordentlichen Gewerkschaftstages 2000 der IG Medien in Bielefeld beschließen, im DGB, in den Einzelgewerkschaften und in der Öffentlichkeit für einen Ausstieg aus dem "Bündnis für Arbeit" zu werben.

Begründung:

Versucht man nach fast zwei Jahren eine Bilanz der Ergebnisse, des "Bündnis für Arbeit und Wettbewerbsfähigkeit" zu ziehen, so fällt diese Bilanz für die Beschäftigten und ihre Gewerkschaften negativ aus.

Nicht zuletzt der Verlauf und die Abschlüsse in der Tarifrunde 2000 beweisen den großen Einfluss, den Absprachen im "Bündnis für Arbeit" auf die Tarifpolitik der Einzelgewerkschaffen haben. Punktgenau widerspiegeln die Tarifabschlüsse die Absprachen, die am 9. Januar 2000 im "Bündnis für Arbeit" gemacht wurden.

Folgerichtig schreibt die "Financial Times Deutschland": "Zwickel verliert, aber das Bündnis gewinnt ... Der überraschend moderate Tarifabschluss in der Metallindustrie folgt genau den Vorgaben des Bündnisses für Arbeit" (29. März 2000).

Dem Hauptziel des Bündnisses, nämlich die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und mehr Arbeits- und Ausbildungsplätze zu schaffen, ist man nach nahezu zwei Jahren Bündnisarbeit kaum näher gekommen. Die begrüßenswerte Ausbildungsinitiative für arbeitslose Jugendliche wurde ohne Zutun der Arbeitgeber zu einem geringen Erfolg; der leichte Abbau du Arbeitslosigkeit ist der konjunkturellen Entwicklung und nicht dem "Bündnis für Arbeit" geschuldet.

Die Umverteilung des vorhandenen Arbeitsvolumens - ein wesentliches Instrument zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit - wurde von der Tagesordnung gesetzt oder an die Tarifvertragsparteien verwiesen. Die wichtige Änderung des Arbeitszeitgesetzes, die von der SPD bereits in einem beachtlichen Gesetzesentwurf 1996 eingebracht wurde, bleibt auf Grund des Widerstandes der Arbeitgeberseite im "Bündnis für Arbeit" auf der Strecke. Die gesetzliche Begrenzung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit auf mindestem 40 Stunden und der dringend notwendige Freizeitausgleich für Überstunden per Gesetz wären aber wichtige Voraussetzungen für die Umverteilung von Arbeit.

"Das Bündnis für Arbeit ist kein Politikersatz" (Detlef Hensche - "Die Woche" vom 7. Juli 1999). Am Beispiel der dringend nötigen Reform des Arbeitszeitgesetzes wird deutlich, dass mit dem "Bündnis für Arbeit" Politik verhindert wird.

Noch konnten die Gewerkschaften verhindern, dass die Reform der Betriebsverfassung Gegenstand im Bündnis für Arbeit" wird. Es mehren sich jedoch Stimmen aus dem Arbeitgeberlager und den Reihen der Oppositionsparteien, das Reformvorhaben im "Bündnis für Arbeit" zu verhandeln. Ein weiterer Beweis dafür, dass das "Bündnis für Arbeit" von den Unternehmern gezielt als Politikersatz und zur Verhinderung von Reformvorhaben missbraucht wird.

Natürlich ist es sinnvoll, mit allen wichtigen gesellschaftlichen Kräften Kompromisse zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu suchen. Das jedoch geht nach aller Erfahrung nur mit starken Gewerkschaften, die in der Lage sind, die Verteilung von Arbeit und Einkommen offensiv zu Gunsten der Beschäftigten durchzusetzen. Das "Bündnis für Arbeit und Wettbewerbsfähigkeit" droht, wie der Name schon sagt, zu einem Bündnis unter dein Primat der Standortlogik der Wirtschaft zu verkommen. Insofern ist die zunehmende Einbindung der Gewerkschaften in das "Bündnis für Arbeit" und der problematische Ausgang der Tarifrunde 2000 kein Zufall. Das ist vielmehr Folge des Inhalts und der Spielregeln, also der Logik des neuen Politikmodells, das dem "Bündnis für Arbeit" zu Grunde liegt und der sich die einzelnen Akteure, ob sie wollen oder nicht kaum entziehen können.

Die Dimension dieses neuen Politikmodells, seine Wirkungen und Gefahren für die Gewerkschaften, die Beschäftigten und die Demokratie in Deutschland müssen sorgfältig analysiert, breit diskutiert und mit der Forderung nach einem Ausstieg aus dem "Bündnis für Arbeit" verbunden werden.


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