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Bericht vom ersten bundesweiten Treffen der Initiative "Raus aus dem Bündnis für Arbeit" vom 17.11.01 in Berlin

Anwesend waren mehr als 20 KollegInnen aus unterschiedlichen Bereichen – Schülervertretung (BSV, LSV), ver.di/Handel, ver.di/Verwaltung, ver.di/Gesundheit, IG-Metall, IG-Metall Jugend, GEW, PDS AG Betrieb und Gewerkschaft, attac Berlin, Bündnis gegen Ausbildungsplatzmangel und Jugendarbeitslosigkeit, Erwerbslosenausschuss, Gruppe fels, Junge Welt, Initiative zur Vernetzung der Gewerkschaftslinken; regional: Berlin, Hannover, Süd-Hessen.

Bei den Impuls-Referaten von Achim Neumann (ver.di; ex-hbv) und Markus Dahms (IGM) wurde festgestellt, dass das "Bündnis für Arbeit" nichts mit dem Versprechen von "Überwindung der Massenarbeitslosigkeit" und "sozialer Gerechtigkeit", mit dem es verkauft wurde, zu tun hat. Es diente von Anfang an dazu, die unsoziale, deregulierende Politik der Kohl-Ära, jetzt nicht mehr gegen, sondern mit gütiger Mithilfe der Gewerkschaften fortzuführen. * Die Betroffenen fühlen sich von ihren Gewerkschaften immer mehr im Stich gelassen, sehen sie inzwischen mehr als Teil ihres Problems wie als ihr ureigenstes Kampfinstrument gegen die Verschlechterungen. Insbesondere bei ver.di geht die Entfremdung zum Teil schon so weit, dass es zu gewerkschaftlichen Neugründungen (z.B. bei den Flugbegleitern) kommt.

In der Diskussion herrschte Einigkeit darüber, dass eine Kampagne zum Ausstieg aus dem "Bündnis für Arbeit" nur in Verbindung mit der Rückgewinnung gewerkschaftlicher Handlungsfähigkeit durch Einnehmen von zentralen inhaltlichen Gegenpositionen zu der herrschenden Politik der "kapitalistischen Globalisierer" gelingen kann. Vehement bestritten wurde, dass die Gewerkschaftslinke keine politisch/ökonomische Gesamt-Konzeption anbieten könne, die den in der Gewerkschaft dominierenden "Denkfabriken" (a la Bertelsmann/Böckler, etc.) entgegengesetzt werden könnte. Eine gewerkschaftslinke Position muss sich in der Diskussion und Auseinandersetzung damit herausbilden, dass es in den Kämpfen mit dem Kapital nicht nur um Arbeitplätze, mehr Lohn, kürzere Arbeitszeiten, bessere Arbeitsbedingungen etc. geht, sondern um eine Verbindung dieser Kämpfe mit der Systemfrage.

Als zentrale aktuelle Handlungsfelder wurden genannt:

Der wirksamer Kampf gegen die Massenarbeitslosigkeit im Interesse aller abhängig Beschäftigten und nicht des "Standortwettbewerbs": der Kampf um eine radikale Arbeitszeitverkürzung ohne die Fehler der Vergangenheit muss wieder ins Zentrum einer langfristigen gewerkschaftlichen Kampagne rücken. Ebenso muss angesichts der strukturellen Veränderungen die Frage eines Systems der sozialen Mindestsicherung aufgegriffen werden.

Gegen aktuelle "Reformvorhaben" muss anders als zur Rentenreform (die zurückzunehmen ist) entschiedener Widerstand organisiert werden: dies betrifft vor allem die Gesundheitsreform, die Reform der "Daseinsfürsorge" und die "Reform des Arbeitsmarktes" (jetzt konkret gegen das "Job AQTIV"-Gesetz, das zu einer weiteren Deregulierung z.B. durch Ausdehnung der Leiharbeit führen wird).

Der Kampf gegen Bildungsabbau, eine immer stärkere Ausrichtung der Bildungseinrichtungen an den Verwertungsinteressen (dreigliedriges Schulwesen, Lehrinhalte) und die zunehmend Privatisierung der Bildungseinrichtungen

Die Fortsetzung der Kampagne für die gesetzliche Umlagefinanzierung und das Recht auf Ausbildung, um die seit 1995 andauernde Lehrstellenkrise zu beenden.

Internationale Solidarität muss sich in der Beteiligung an den Mobilisierungen der globalisierungskritischen Bewegung äußern , genauso aber auch in der Ablehnung nicht nur des aktuellen Kriegseinsatzes, sondern der damit verbundenen neuen internationalen Militärdoktrin.

Die besondere Berücksichtigung der durch das neue Migrationsregime (das "nützliche" ImmigratInnen vom "Rest" unterscheidet) Betroffenen; gemeinsames Handeln mit den sich neu bildenden Organisationen von Illegalisierten und prekär Beschäftigten (z.B. Call-Center-Initiativen) gegen die Benachteiligungen in einem immer größer werdenden "informellen Sektor".

Kampagnen in diesen Gebieten können erfolgreich nur durch eine insgesamt handlungsfähig werdende Vernetzung der Gewerkschaftslinken geführt werden. Die "Initiative – Raus aus dem Bündnis für Arbeit" versteht sich mehr als Verbindungsglied zu anderen sozialen Bewegungen (Schüler, Anti-Globalisierungs-Bewegung, Flüchtlingsbewegung,...) und versucht traditionelle gewerkschaftliche Arbeit mit breiterer gesellschaftlicher Mobilisierung (gemeinsame Demonstrationen, Öffentlichkeitsarbeit,...) gegen die Politik des "Bündnis für Arbeit" zu verbinden. Die Frage der "Schaffung von Bewusstsein" als Voraussetzung für durchschlagendes Eingreifen, wurde nicht im Widerspruch zu einer von Anfang an aktivistischen Herangehensweise gesehen (getreu dem Brecht-Zitat: "Wir müssen alle alles gleichzeitig machen"!).

An Arbeitsfeldern wurden gesehen:

Konkrete Beschlüsse:

  1. Auf der Grundlage der hier protokollierten Diskussion wird der Aufruf zum Positionspapier der Koordinierung von Aktivitäten gegen das Bündnis für Arbeit (BfA) on einer Arbeitsgruppe bis zum 28.11. überarbeitet und dann zur (elektronischen) Abstimmung versendet.
  2. Beteiligung an der Mobilisierung gegen den EU-Gipfel in Brüssel (d.h. wo möglich in gewerkschaftlichen Gremien für die Bewerbung und die Bereitstellung von Reise-Möglichkeiten eintreten); Beteiligung an der Demonstration am 15.12. in Berlin (Flugblatt mit Ankündigung zu Aktion gegen das "Bündnis für Arbeit"-Treffen, Rede).
  3. Am Tag des "Bündnis für Arbeit"-Treffen (Termin steht noch nicht fest; wahrscheinlich zwischen 11. und 23.12.; laut FR vom 23.11. soll das Treffen am Sonntag den 16.12. stattfinden) soll eine medienwirksame Protest-Aktion am Ort des Bündnistreffens, vors Kanzleramt, organisiert werden. Dirk Linder (vom OV IGM Berlin) wird sich dafür einsetzen, dass dieser Tag in einigen Spandauer Betrieben als "Aktionstag" zur Tarifrunde organisiert wird. Ebenso können Schüler-VertreterInnen, Lehrstellenbündnis und fels sich eine Mobilisierung zu diesem Ereignis vorstellen. Jaël Oehlmann von der "Jungen Welt" erklärt sich bereit, uns in der Pressearbeit zu unterstützen. Ein nächstes Vorbereitungstreffen findet am Donnerstag, den 29.11. um 19 Uhr im IG-Metall-Haus statt. Bis dahin hoffen wir auf konkrete Aktions-Vorschläge.
  4. Am Tag des "Bündnistreffens" (BfA) sollen bundesweit von möglichst allen Einzelgewerkschaften und in möglichst vielen Betrieben Flugblätter über die negativen Auswirkungen des "Bündnisses für Arbeit" verteilt / veröffentlicht werden.
  5. Hierzu wird die "Initiative gegen das Bündnis für Arbeit" Flugblätter erstellt und in Umlauf bringen.

  6. Aufgrund der bisher eingegangenen Rückmeldungen und der Teilnehmer-Liste wird eine e-mail-Liste eingerichtet. In den nächsten Tagen wird die Möglichkeit der Einrichtung einer Web-Page (www.gegen-bündnis-für-arbeit.de) geprüft.
  7. Das nächste bundesweite Koordinierungstreffen soll Anfang nächsten Jahres in Kassel stattfinden.

* vgl. hierzu den aufschlussreichen Beitrag von Hans-Jürgen Urban, "Das Drehbuch zum Bündnis für Arbeit", in Betrieb und Gewerkschaft, Juli 2000)


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