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Das jetzt geltende Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) wurde 1972 verabschiedet und ersetzte nach einer grundlegenden Überarbeitung das seit 1952 bestehende Betriebsverfassungsrecht. Die jetzige Reform ist seit Jahren überfällig, weil sich die Organisation der Betriebe und die Beschäftigungsverhältnisse so grundlegend verändert haben, dass das BetrVG unwirksam zu werden droht. Ein großes Problem ist, dass die Veränderung der Wirtschaftsstruktur zum Rückgang von Betrieben mit Betriebsrat geführt hat.
Die ursprüngliche Mitbestimmungsforderung der Gewerkschaften richtete sich auf Mitbestimmung im Unternehmen und nicht allein im Betrieb. Erstere konnte nur in der Montanindustrie durch Streik durchgesetzt werden. Das Betriebsverfassungsgesetz wurde deshalb 1952 von den Gewerkschaften abgelehnt und trotz zahlreicher Streiks und Demonstrationen gegen ihren willen durchgesetzt. Im BetrVG geht es deshalb nur um betriebliche Mitbestimmung, nicht aber um Mitbestimmung auf Unternehmensebene. Aber selbst die Rechte des Betriebsrates im Betrieb sind in den wenigstens Fällen Mitbestimmungsrechte. Von betrieblicher Mitbestimmung ist die Rede, wenn der Arbeitgeber nichts ohne das Einverständnis des Betriebsrates unternehmen kann. Das ist in nur wenigen Fragen der Fall. Können sich beide Seiten nicht einigen, wird die Einigung durch eine zu bildende Einigungsstelle ersetzt, die paritätisch von Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretern besetzt und von einem Unparteiischen geleitet wird. Alle anderen Rechte des Betriebsrates sind ausschließlich Informations- oder Mitwirkungsrechte. In dem die Arbeitgeberseite, aber auch die Regierungsparteien, keinen Unterschied zwischen Unternehmensmitbestimmung und betrieblicher Mitbestimmung machen und im Betrieb jedes Recht auf Information oder Mitwirkung als Mitbestimmung bezeichnen, erwecken sie den falschen Eindruck einer in vielfacher Hinsicht in ihrem Direktionsrecht eingeschränkten Unternehmerschaft.
DGB und DAG haben 1998 vollständige Gesetzesentwürfe vorgelegt, die auf ihre Vorarbeiten in der 80er Jahren zurückgehen und von SPD und Grünen unter der Kohlregierung weitgehend übernommen wurden und in eigene Anträge eingingen.
Forderungen der Gewerkschaften |
Antwort der Bundesregierung |
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Ausnahme: Mitbestimmung bei Aufstellung von Grundsätzen für Gruppenarbeit, nicht aber bei ihrer Einführung. |
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Dies sind die 29 wichtigsten Forderungen der Gewerkschaften. Davon wurden nur 3 voll berücksichtigt, 7 wurden nur zum Teil verwirklicht und 19 wurden vollständig übergangen.
Der sogenannte Kompromiss, den die Minister Müller und Riester zum Betriebsverfassungsgesetz erzielt haben, ist in Wahrheit eine Niederlage des Arbeitsministers der Gewerkschaften sowieso. Von einem Kompromiss kann angesichts der gemachten Zugeständnisse keine Rede sein, weil der Entwurf selbst schon ein Kompromiss war. Riester war in seinem Entwurf nicht nur weit hinter den Gesetzesvorschlägen von DGB und DAG zurückgeblieben, sondern auch hinter den Aussagen des Wahlprogramms, der Koalitionsvereinbarung und seinen eigenen, vor einem Jahr veröffentlichten Eckpunkten. In der Öffentlichkeit wurde nach dem Kompromissgespräch zunächst der Eindruck erweckt, als sei Riester hart geblieben, insbesondere bei der Absenkung der Grenze für freizustellende Betriebsräte, die der Presse jetzt vorgestellten Ergebnisse zeigen jedoch ein anderes Bild.
Die PDS hat einen eigenen Antrag zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes in den Bundestag eingebracht, der die meisten Vorschläge der Gewerkschaften aufgreift aber auch weitergehende Regelungen vorschlägt. Darunter sind insbesondere folgende Vorschläge wichtig.
Behauptung der Unternehmer: |
Die europäische Wirklichkeit: |
Nirgendwo werden bereits Kleinbetriebe mitbestimmt. |
In Schweden gibt es überhaupt keine Untergrenze |
Nur in Deutschland haben die Gewerkschaften eine starke betriebliche Macht |
In fast allen europäischen Ländern wählen nicht nur die Beschäftigten die betriebliche Interessenvertretung, sondern auch gewerkschaftliche Gremien außerhalb des Betriebs |
Nirgendwo kann sich die betriebliche Interessenvertretung so stark in die Personalplanung und in die Qualifizierung einmischen wie in Deutschland |
Im Gegensatz zu Deutschland müssen die Unternehmer einmal im Jahr über den Personalbedarf sowie über die geplante Qualifizierung Auskunft geben: in Finnland müssen Qualifizierungspläne aufgestellt werden. |
Kein europäisches Unternehmen wird so stark durch Freistellungen finanziell belastet, wie ein deutsches. |
In Österreich wird bereits ab 150 Beschäftigten ein Betriebsratsmitglied freigestellt. |
Nirgendwo haben die gewerkschaftlichen Vertrauensleute so viele Rechte wie in Deutschland |
Während es in Deutschland keinerlei Freistellungen für gewerkschaftliche Vertrauensleute gibt, erhalten die französischen Vertrauensleute ab 501 Beschäftigte im Monat 20 bezahlte Freistunden. |
Deutsche Betriebsräte können sich in die wirtschaftlichen Angelegenheiten der Unternehmer einmischen. |
Es gibt in Deutschland keine betriebliche Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten. Bisher müssen die Unternehmer nicht einmal Unterlagen aushändigen. In Frankreich kann der Betriebsrat dagegen sogar auf Kosten der Unternehmer Wirtschaftsprüfer seiner Wahl hinzuziehen, wenn es um die Planung neuer Technologien, um Massenentlassungen oder einen drohenden Konkurs geht. In Frankreich und den Niederlanden können Betriebsräte ein rechtliches Verfahren einleiten, wenn Maßnahmen beschlossen werden, die sie für unternehmensschädigend halten. In Schweden kann die Gewerkschaft die Durchführung von Entlassungen stoppen |
Die deutsche Mitbestimmung greift zu stark in personelle Entscheidungen der Unternehmer ein. |
In Schweden muss sogar die zuständige Gewerkschaft bei Abschluss oder Auflösung von Arbeitsverträgen beratend hinzugezogen werden. |
LabourNet Germany: http://www.labournet.de/
LabourNet Germany: Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch The virtual meeting place of the left in the unions and in the workplace |
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