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Was passiert während der belgischen Präsidentschaft?

 

I. Die offiziellen Gipfeltermine:

Offizielle Informationen über die Ratspräsidentschaft sind erhältlich über <www.2001eu.be>

Dieser EU-Gipfel wird den Prozeß der Revision des Vertrags von Nizza in Gang setzen. Er findet statt am Vorabend der Einführung des Euro und der EU-Osterweiterung und wird daher eine Menge an politischer Energie mobilisieren. Er wird auch zu einem wichtigen Treffpunkt für Gegnerinnen und Gegner der EU innerhalb und außerhalb Europas werden. Durch die geographisch zentrale Lage von Brüssel wird dies noch begünstigt.

Die Mobilisierungen, die im Vorfeld von Brüssel stattfinden, werden ein wichtiger Test für das Verhältnis zwischen Demonstrierenden, Polizei und Behörden sein – nach Göteborg und Genua. Der erste größere Test wird Lüttich sein.

 

II. Es gibt drei größere Kräfte, die Gegeninitiativen ergreifen:

* die Gewerkschaften (EGB und die beiden großen belgischen Gewerkschaften). Sie organisieren am 21.9. eine Demonstration in Lüttich (Ziel: 10.000 Teilnehmende), eine öffentliche Aktion am 19.10. in Gent (Ziel: 5000 Teilnehmende) und eine Großdemonstration in Brüssel (Ziel: 60.000 Teilnehmende). Die Plattform ist sehr zurückhalten, es gibt keine konkreten Forderungen an die EU. Man findet sie auf der Webseite der EU (bzw. sie wurde über den Euromarsch-Verteiler bereits verschickt). Alles was Rang und Namen hat, ruft zu diesen Demonstrationen auf, aber auf unterschiedlichen Plattformen. Es wird auch Blocks der radikalen Kräfte in den Demonstrationen geben (ähnlich wie auf der EGB-Demo in Nizza). Es scheint, daß die Gewerkschaften sich dem nicht widersetzen.

* die NGOs. Sie organisieren einen Gegengipfel am 7. und 8.12. Er wird von der Regierung finanziert, aber das bedeutet nicht, daß er nicht kritisch Position beziehen wird.

* die D14. Das ist ein Bündnis, das die EU-kritischen Kräfte sammelt. Es hat eine Plattform, die sich gegen die EU in ihrer jetzigen Form ausspricht, und fordert ein "anderes Europa" – sozial, ökologisch usw. In der Hauptsache tritt ihre Gegenerschaft gegen die bestehende EU hervor. Das Bündnis wird am 14.12., dem Tag der Eröffnung des EU-Gipfels, eine eigene Demonstration nach Laeken organisieren. Es sind keinerlei gewaltsame Aktionen geplant, wohl aber Aktionen des zivilen Ungehorsams, die Sand ins Getriebe der EU-Maschinerie streuen und nicht dulden wollen, daß auf den Gipfeln einfach business as usual getrieben wird. Es ist möglich, daß sich Teile der Gewerkschaften und der NGOs dem Bündnis anschließen.

Bisher setzt sich D14 vorwiegend aus Kräften der radikalen Linken zusammen – aber es zielt wirklich auf ein breiteres Bündnis als nur diese.

Eine übergreifende Einheit wie das GSF in Genua gibt es in Belgien nicht. Das hängt mit verschiedenen Faktoren zusammen:

1. viele Kräfte, die gegenüber der Globalisierung "im allgemeinen" kritisch eingestellt sind, sind dies gegenüber der EU nicht;
2. die Gewalttätigkeiten von Göteborg und Genua haben Spuren hinterlassen;
3. es gibt Mißtrauen gegenüber der extremen Linken, die in D14 aktiv ist.

Örtlich variiert die Situation von Stadt zu Stadt.

D14 baut an soviel Orten wie möglich Strukturen auf, mit Ausnahme dort, wo bereits Komitees mit ähnlicher Zielsetzung existieren. In einigen Städten stellen sich radikale Kräfte gegen D14, weil sie einigen darin vertretenen Gruppen nicht trauen. Ich denke, das wird sich klären.

In Brügge wurde die Demonstration am 6.9. von einem sehr breiten Bündnis vorbereitet, das auch Regierungsparteien umfaßte (Sozialdemokraten und Grüne). Brügge ist die einzige Stadt, in der sich Sozialdemokraten und Grüne an der Demonstration beteiligen. Andere Kräfte sehen dies mit einer gewissen Skepsis.

In Lüttich demonstrieren dei Gewerkschaften am 21.9. Alle möglichen Kräfte werden sich an der Demonstration beteiligen, auf der Basis aller möglichen Aufrufe... Es wird einen radikalen Anti-EU-Block geben. Attac organisiert am 22. und 23.9. zusammen mit einigen NGOs einen "Bürgerkongreß". D14 und einige radikale Jugendliche denken über "offensivere" Aktionen gegen das Treffen der Wirtschafts- und Finanzminister nach. Sie glauben, daß die Gewerkschaftsdemonstration und das Attac-Forum zwar nützlich sind, aber von Initiativen ergänzt werden sollten, die sich direkter gegen den Gipfel wenden. Attac-Lüttich ist sehr kritisch gegenüber D14; Attac-Brüssel hingegen gehört zu seinem Mitbegründern.

In Gent beteiligen sich die NGOs am lokalen Bündnis. Die Gewerkschaften haben es nach Genua verlassen und ihre Zusagen für die Demo gestrichen. So wird es Demonstrationen ohne gewerkschaftliche Betieligung geben. Die Gewerkschaften organisieren ihre eigene Aktion. Es wird in der Stadt viele Initiativen geben, hauptsächlich um die Fragen europäische Armee, Frieden und internationale Kooperation herum...

In Brüssel wird es am 13.12. eine Gewerkschaftsdemonstration geben, eine Demonstration der D14 am 14.12. und kulturelle und soziale Aktivitäten aller Art in der ganzen Stadt am 15.12. Es gibt sogar Vorschläge für eine Demonstration auch am 15.12. Die Frage ist, was die Leute tun werden, die von außerhalb kommen: werden sie an der Gewerkschaftsdemo teilnehmen, bleiben sie bis Samstag, usw.

Während des EU-Gipfels wird es in Brüssel eine Vielzahl paralleler Initiativen geben: Es gibt Vorschläge für eine gemeinsame Versammlung der kommunistischen Parteien am Donnerstag, dem 13.12. (organisiert von der belgischen PVDA/PTB, eine stalinistische Partei maoistischen Ursprungs); einige erwägen ein Treffen der radikalen antikapitalistischen europäischen Linken am selben Tag; vielleicht gibt es auch ein großes Treffen der europäischen sozialen Bewegungen am 14.12. Es gibt die Idee, dort einen Marsch von Brüssel nach Sevilla vorzuschlagen, wo der darauffolgende EU-Gipfel im Juni 2002 stattfindet.

Die europäische Erwerbslosenversammlung wird sich am 12. und 13.12. in Brüssel treffen. Einige hundert Teilnehmende werden dazu erwartet. Die Versammlung hat bereits Vorläufertagungen in Köln 1999 und in Paris 2000 durchgeführt. Das Ziel ist, eine europaweite soziale Bewegung der Erwerbslosen und ungeschützt Beschäftigten aufzubauen, gemeinsame Forderungen zu entwickeln und Kontakte zu anderen sozialen Bewegungen aufzubauen (Frauen, Bauern, MigrantInnen usw.)

Es gibt keine zentrale Anlaufstelle für die Organisierung der Übernachtungen für Leute von außerhalb. D14 wird tun, was es kann, aber die Kapazitäten sind begrenzt. Es ist zu empfehlen, daß diejenigen, die kommen wollen, dies schnell entscheiden, damit Übernachtung und Verpflegung organisiert werden können.

Frank Slegers


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