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"Wir brauchen Tarifverträge, eine Arbeitszeitverkürzung und eine Gewerkschaft, die uns dabei unterstützt, statt uns in den Rücken zu fallen!"

Stellungnahmen zu dem Interview des DGB-Vorsitzenden Schulte mit der BILD-Zeitung am 22.5.2000


Hallo, Kollegen!

Der jüngste Vorstoß von Dieter Schulte ist an Dämlichkeit kaum zu überbieten. Ist es etwas anderes als Zynismus, zu behaupten, dass Tarifverträge uns einengen, und die "jungen Menschen" in der "neuen Medien" sich dadurch in ihren Freiheiten eingeschränkt fühlen? Frag' doch mal einen von uns, Dieter, und nicht die Schlipsträger, mit denen Du im Bündnis für Arbeit verhandelst!

Ich bin jung! Und ich arbeite in einem Verlag in Hamburg und kann aus der Redaktion, der Grafik und der Internet-Abteilung nicht berichten, dass sich jemand durch die Tarife, die eh kaum eingehalten werden, eingeschränkt fühlt. Eher dadurch, dass der Arbeitsdruck so groß ist, dass wir Arbeit mit nach Hause nehmen müssen, um sie abends oder am Wochenende zu erledigen. Von Ausgleich dafür - natürlich - keine Spur!

Wer gewinnt dadurch? Wir vielleicht? An Magengeschwüren, Nervosität, Augenschäden gewinnen wir! Arbeitsplätze geschaffen? Im Gegenteil! 50 Stunden sind tatsächlich die Regel, aber das will hier doch kein Mensch unter den Kollegen! Und deswegen brauchen wir Tarifverträge, eine Arbeitszeitverkürzung und eine Gewerkschaft, die uns dabei unterstützt, statt uns in den Rücken zu fallen! Fang' endlich an, Deine Mitglieder zu vertreten!

Gruß oder auch nicht,
Jan Maas

Und an die Presseabteilung des DGB gerichtet:

Lieber Kollege Schulz,

schön, dass sich Dieter Schulte für Arbeitszeitverkürzung einsetzt. Ich verstehe dann aber nicht, wieso er die Arbeitgeber-Parolen von der ach so nötigen Flexibilität aufnimmt. Macht es ihn nicht stutzig, dass er von denen Applaus bekommt? Ich kenne in meinem Kollegenkreis niemandem, dem es an der nötigen Flexibilität mangelt. schon deswegen, weil die meisten die Kohle brauchen. Und genau da hakts. Flexible Arbeitszeiten bedeutet nämlich Streichung der Überstundenzuschläge. Und auf der anderen Seite steht nicht etwa das Modell: Gestern drei Stunden mehr malocht, geh ich heute halt früher, egal, was der Chef meckert, sondern ein Ausgleichszeitraum von teilweise drei (!) Jahren. Das kann doch nicht ernsthaft ein unterstützenswertes Modell sein, oder? Wir brauchen doch Arbeitsplätze statt Überstunden und eine Arbeitszeitverkürzung mit Lohnausgleich und nicht das Gegenteil.

Jan Maas


Hallo MAG,

es sind für mein Gefühl Szenen aus dem Tollhaus. Die meisten bei uns in der Behörde sind so drauf: Sicherlich gibt man auch mal ab und zu, wenn irgendetwas ansteht. Wenn sich aber rausstellt, daß Mehrarbeit zur Dauererscheinung oder nur zum Ruhme eines Projektleiters ist, schalten die KollegInnen auf stur.

Schultes Vorstoß ist eine Katastrophe, der Brandbeschleuniger zum Abfackeln einer Gewerkschaft, die sich selbst für Überflüssig hält.

So gesehen ist Schultes Vorstoß nicht ungewöhnlich, ja er ist sogar logisch. Wenn ein standortfanatisch, korporatives Weltbild Schulte prägt und in seiner Vorstellungswelt keine Kapitalisten mehr existieren und wenn man um die Durchsetzung erkämpfter Rechte nicht mehr kämpfen muß oder will und wenn man allenfalls beim Treffen bei der Bertelsmann-Stiftung mal rummault, dann hat die Begrenzung der Arbeitszeit auch keinen Sinn mehr. Außerdem erscheint dann logischerweise die Mitbestimmungspraxis der BRen bei der Genehmigung von Mehrarbeitsstunden "unmodern".

(Name der Redaktion bekannt)


Hallo Mag

Im besten Falle ist es wohl so, das Schulte und andere Gewerkschafts-Funktionsträger keine Ahnung über das Wesen des Kapitalismus haben. Da könnte ein wenig Marx helfen.

Wahrscheinlicher ist aber, die Gewerkschaften sind bereits korrumpiert, und versuchen zumindest innerhalb der Führungsschichten, durch Zugeständnisse, soviel wie möglich vom zu Kuchen erhalten und unter sich zu verteilen.

Helmut Fiedler


Wir nehmen weitere Stellungnahmen gerne entgegen! Mail an: mag.wompel@labournet.de

 


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