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Menschenwürde und soziale Rechte gelten auch für Arbeitslose - NRW darf kein Pilotprojekt für Pflichtarbeit zu Niedrigstlöhnen werden!

Bundeskanzler Gerhard Schröder und NRW- Arbeitsminister Harald Schartau haben in den vergangenen Wochen die alte Stammtischparole vom 'faulen Arbeitslosen' und Sozialschmarotzer als neue Leitlinie ihrer Sozial- und Arbeitsmarktpolitik wiederentdeckt.

Angesichts von rund 5, 6 Millionen fehlenden Arbeitsplätzen in der Bundesrepublik, von denen nur 3, 8 Millionen statistisch als Arbeitslosigkeit erfasst sind, sind solche Sprüche eine unerträgliche Beleidigung der Menschen, die Opfer eines Wirtschaftssystems sind, in dem die Dominanz der Profitinteressen die Durchsetzung des Rechts auf Arbeit und eine beschäftigungsorientierte soziale und ökologische Erneuerung unseres Landes verhindert.

Die PDS NRW fordert Bundeskanzler Schröder und NRW- Arbeitsminister Schartau auf, sich öffentlich bei den Betroffenen für ihre pauschalen Diskriminierungen zu entschuldigen.

Doch nur vordergründig geht es Schröder und Schartau darum, die Arbeitslosen und Armen zu Sündenböcken für das Versagen ihrer eigenen Politik erklären: Denn die rot-grüne Bundesregierung wird - wie viele andere - auch ihr Wahlversprechen von der Halbierung der Arbeitslosigkeit nicht halten , da sie fast vollständig auf eine aktive Arbeitsmarktpolitik und öffentlich geförderte Beschäftigung verzichtet hat.

Bundesarbeitsminister Riester hat inzwischen mit der Ankündigung der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe bis 2006 Kurs auf einen erneuten tief greifenden Systembruch in den sozialen Sicherungssystemen genommen: Nach der Rentenversicherung soll nun die Arbeitslosen-versicherung als hemmendes Relikt des sog. 'rheinischen Kapitalismus' und seines Sozialstaatskompromisses dem Weg in den 'nationalen Wettbewerbsstaat' geopfert werden.

Systematisch werden mit dem Schlagwort 'Fördern und Fordern' von den Vertretern der neuen Sozialdemokratie in Bund und Land zur Durchsetzung dieser Strategie richtige Forderungen und Vorschläge für verbesserte Beratungs- und Qualifizierungsangebote der Arbeits- und Sozialämter, individuelle Förderpläne und einfachere Verwaltungsabläufe gegen die durch langjährige Beitragszahlungen erworbenen Leistungsansprüche der Versicherten und die ohnehin unzureichende sozialstaatliche Garantie des Existenzminimums durch die Sozialhilfe ausgespielt.

Sanktionen gegen Arbeitslose und SozialhilfeempfängerInnen schaffen jedoch keinen einzigen neuen Arbeitsplatz. Sie zwingen die Betroffenen in Lohndumping und setzen eine Abwärtsspirale in Gang, die auch die Einkommen der Beschäftigten trifft.

Bundes- und Landesregierung bewegen sich mit ihrer Politik verschärfter Sanktionen auf der Linie von BDI - Präsident Rogowski, der bei seinem Amtantritt 'mehr Druck' auf Arbeitslose gefordert hatte, um endlich auch in der Bundesrepublik einen Niedriglohnsektor arbeitender Armer flächendeckend durchzusetzen.

Besonders in NRW wird diese infame Stimmungsmache jedoch schon heute von rot-grün in eine Landespolitik umgesetzt, die nicht die Arbeitslosigkeit bekämpft, sondern die Arbeitslosen.

Das Ergebnis einer solchen Politik, die wie Schartau ausdrücklich betont, "die Sozialausgaben durch einen veränderten Umgang mit dem Thema Sozialhilfe senken" will, ist die Verschärfung sozialer Ausgrenzung. Dies zeigen die Ergebnisse der als 'Kölner Modell' bekannt gewordenen JobBörse Junges Köln, für deren landesweite Ausweitung sich Minister Schartau einsetzt: Im Zeitraum von August 1999 bis Ende 2.000 verschwanden von den insgesamt rund 3.000 dort beratenen Jugendlichen 1.139 in der statistischen Kategorie 'Unabhängigkeit von der Sozialhilfe durch Aktivierung von Selbsthilfepotentialen'. Besser hieße diese Kategorie jedoch 'Aus den Augen, aus dem Sinn' , denn auf Nachfrage der PDS-Gruppe im Rat gab die Verwaltung zu, dass sie nicht weiß, was aus diesen Jugendlichen geworden ist, außer, dass sie mit dem Angebot eines Praktikums mit einem Stunden'lohn' von 7,50 brutto von der weiteren Verfolgung ihres Rechtsanspruchs auf Sozialhilfe haben abschrecken lassen.

Nach dem gleichen Prinzip, die Stellung bzw. Bearbeitung von Sozialhilfeanträgen überhaupt durch unzumutbare Arbeitsangebote gleich ganz zu verhindern, funktionieren die im Rahmen des bundesweiten 'Mozart-Programms geförderte Modellversuche 'JobCenter' in Köln und die sog. Vermittlungsagentur in Essen.

'Passgenau' auf die Schaffung von sanktionsbegründenden Tatbeständen zugeschnittene Angebote dieser Art stellen die Betroffenen in ihrer Lebensplanung unter behördliche Vormundschaft, statt Ihnen neue Perspektiven zu eröffnen.

Mit dem landesweiten Modellprojekt sogenannter 'Sozialagenturen' wird in NRW schon jetzt der Prototyp einer kommunalen Arbeits- und Sozialverwaltung geschaffen, die nach erfolgter Abschaffung der Arbeitslosenhilfe die Zuständigkeit für die aus der Arbeitslosenversicherung ausgesteuerten Arbeitslosen übernehmen kann und führt mit der Kategorie "Erwerbsfähigkeit" ein statistisches Instrument zur zielgenauen Erfassung der Betroffenen in die Sozialhilfestatistik ein.

Während Schartau laut darüber nachdenkt, die Abfindungen von Beschäftigten zur Finanzierung dieses 'aktivierenden Sozialstaates' heranzuziehen, werden gleichzeitig die mit der Zahlung von Lohnkostenzuschüssen verbundenen Bedingungen für Arbeitgeber gelockert.

Statt den Arbeitslosen in die Tasche zu greifen, sollte Schröder als sozialdemokratischer Bundeskanzler die Konzerne an ihre soziale Verantwortung erinnern, die trotz steigender Gewinne Arbeitsplätze abbauen und Menschen in die Arbeitslosigkeit entlassen.

Die PDS NRW stellt dazu fest:

Statt eine neue Welle der Diffamierung von Arbeitslosen zu fördern und neue Zwangsmittel gegenüber Arbeitslosen und Sozialhilfeempfängern zu erproben, ist es an der Zeit, die soziale Verpflichtung von Politik, Wirtschaft und Unternehmen für die Schaffung eines ausreichenden Angebots von existenzsichernden, sozial und tariflich geschützten Arbeitsplätzen durchzusetzen.

Die PDS NRW fordert:

Die PDS NRW unterstützt den Aufruf der Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitsloseninitiativen zu Protestaktionen am 7. Juni.

Im Land und in den Kommunen werden wir uns der Umwandlung sozialstaatlicher Leistungen und hart erarbeiteter Versicherungsansprüche der Beschäftigten in Instrumente zur Durchsetzung von Pflichtarbeit zu Niedrigstlöhnen widersetzen.

Beschluss des Landesparteitags der PDS NRW am 5./6. Mai in Bochum


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