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B/S/H VKL-Info Februar 2001

Keine Zeit zum Ausruhen

Seit der letzten Betriebsversammlung ist uns allen bekannt, dass wir mit einem erheblichen Arbeitsplatzabbau bedroht sind. In den letzten Tagen mussten leider diejenigen, die seit Jahren bei uns gearbeitet haben, gehen, weil man ihre Befristungen nicht verlängert hat. Wir gehen davon aus (vom heutigen Produktionsplan), dass die Kollegen, die noch bei uns mit befristeten Arbeitsverträgen beschäftigt sind, ab dem 01.06. nicht mehr im Betrieb arbeiten können. Das ist der 1. Schritt des Arbeitsplatzabbaues. In der letzten Betriesversammlung hat der Betriebsrat mit der IG Metall und dem Gesamtbetriebsrat zusammen gegen den Arbeitsplatzabbau protestiert. Wir stellen leider fest, dass der Arbeitgeber seinen Plan - nämlich Arbeitsplatzabbau - aufrechterhält.

Der Betriebsrat hat bereits am 01.12.2000 mit der Geschäftsführung ein ausführliches Gespräch geführt, leider ohne Erfolg. Die Geschäftsführung war nicht bereit, weitere Stückzahlen in Berlin zu fertigen.

Nach diesem erfolglosem Gespräch hat der Betriebsratsvorsitzende Herr Demirci am 05.12.2000 einen Brief an Herrn Facchini geschickt, in dem er von ihm nochmals den Erhalt der Arbeitsplätze forderte sowie die Zusage, mindestens 1 Mio. Geräte in Berlin in zu fertigen, außerdem eine Zusage, das Nachfolgemodell der derzeitigen NFR-Reihe in Berlin zu fertigen und sich für Insourcingsmaßnahmen einzusetzen.

Bis heute warten wir vergeblich auf seine positive Antwort.

Eine Fertigungsplanung von 800.000 Geräten ist für uns eine Zahl, bei der die Existenz dieses Betriebes ernsthaft in Frage gestellt wird. Deshalb müssen wir den jetzigen Zustand sehr ernst nehmen.

Die Betriebsleitung hat im Dezember einen Sozialplanentwurf dem Betriebsrat vorgelegt. Der Betriebsrat führte etl. Gespräche mit der Betriebsleitung, damit der Sozialplan nicht angewendet wird. Weil: Sozialplan bedeutet am Ende für viele von uns den 1. Schritt in die Arbeitslosigkeit. Die Arbeitsplatzsituation in Deutschland ist nach wie vor katastrophal. Zwischen Arbeitslosigkeit und Sozialhilfeempfänger ist es nur ein kurzer Schritt. Deshalb fordern wie nach wie vor, bevor der Sozialplan und der Interessensausgleich angewendet werden, müssen folgende Maßnahmen in den Vordergrund gestellt werden: Absenkung der Arbeitszeit (eine Betriebsvereinbarung von 1996 ermöglicht das) Kurzarbeit, Qualifizierungsmaßnahmen und Insourcingsmaßnahmen.

Wir sind aber der Auffassung, dass der Arbeitgeber nicht bereit sein wird, unsere Forderungen anzunehmen. Deshalb brauchen wir auch eure Unterstützung. Wir haben bereits die IG Metall informiert. In dieser schwierigen Situation haben wir vollkommene Unterstützung. Das Problem, welches wir am Standort Berlin haben, ist, das die Geschäftsführung bzw. Betriebsleitung in den letzten Jahren kaum Investitionen im Bereich der Vorfertigung durchgeführt haben. Der Arbeitgeber hat besonders in den letzten 7 Jahren versucht, die verschiedenen Standorte gegeneinander auszuspielen und interne Konkurrenz für sich auszunutzen. Das beste Beispiel dafür ist, das sie immer wieder den Kostenfaktur in den Vordergrund stellen und die Standorte Nauen, Polen, Spanien und Türkei gegeneinander vergleichen. Wir wollen nicht ein Teil dieses Spielchens sein. Das Hauptproblem ist nicht der Arbeitnehmer in Polen oder in der Türkei, sondern die gezielt geschaffte Konkurrenz.

Deshalb hat die Vertrauenskörperleitung mit der IG Metall zusammen erst mal mit den spanischen Gewerkschaftskollegen der BSH in Berlin ein Seminar durchgeführt. Damit wir aus der Sicht der Arbeitnehmer eine Vernetzung bilden können. Nur solche Versuche können verhindern, dass der Arbeitgeber nicht mehr in der Lage ist, die Belegschaften gegeneinander auszuspielen.

28-Std.-Verträge

Die Betriebsleitung hat damals wegen der angeblichen Flexibilisierung den befristeten Kollegen einen Teilzeitarbeitsvertrag angeboten. Die Kollegen mussten diesen Vertrag annehmen. Der andere Weg wäre die Arbeitslosigkeit gewesen. Uns als Betriebsrat war damals schon klar, dass hier keine Teilzeitarbeit vorlag, weil in einem Produktionsbetrieb wie unserem, keine Teilzeitarbeit am Band möglich ist. Der Betriebsrat war der Auffassung, dass die Kollegen nicht länger als 35 Std. arbeiten dürfen. Falls, wenn sie 37,5 Std. arbeiten, muss die Betriebsleitung für 2,5 Std. einen Mehrarbeitszuschlag zahlen. Uns war deshalb klar, das diese Vorgehensweise der Betriebsleitung nach Auffassung der IG Metall den gültigen Berliner Tarifvertrag verletzt hat. Der Betriebsrat hat in mehreren Gesprächen versucht, dass die Betriebsleitung eine Teilzeitbetriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat zusammen abschließt. Dazu war die Betriebsleitung nie bereit gewesen. Deshalb musste der Betriebsrat ein Einigungsstellenverfahren beantragen. Am 29.01.01 hat das Einigungsstellenverfahren stattgefunden. Weil der Arbeitgeber keine Bereitschaft zur Einigung gezeigt hat, musste das Einigungsstellenverfahren auf Mitte März vertagt werden.

Der Betriebsrat fordert nach wie vor für die Kollegen einen 35 Std.-Vertrag, da sie wie Vollzeitarbeitskräfte arbeiten müssen.

Abfindung

Wir stellen fest, dass Kollegen, die sich mit dem Gedanken eines Abfindungsvertrages beschäftigen, nicht genau informiert sind. Ihnen ist oftmals nicht klar, wenn sie anschließend in die Arbeitslosigkeit gehen, dass sie

Wir empfehlen allen Kollegen, die sich mit dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages beschäftigen, bis zum Abschluss eines Sozialplanes zu warten, weil dann die aufgeführten Punkte wegfallen.

Sozialplan

Der Betriebsrat hat am 07.02.01 in seiner Sitzung einen Gegenentwurf eines Sozialplanes verfasst und dem Arbeitgeber ausgehändigt. Wegen dem Arbeitsplatzabbau ist der Betriebsrat verpflichtet, mit dem Arbeitgeber einen Sozialplan abzuschließen. Neben dem Sozialplan wird der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber noch einen Interessensausgleich abschließen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, uns tut es weh, dass wir in dieser Richtung tätig werden müssen. Unser Wille ist, dass dieser Arbeitsplatzabbau nicht so kommt, wie er jetzt umgesetzt werden soll. Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, die Anzahl so gering wie möglich zu halten.

Unsere Grundhaltung bleibt nach wie vor, wir sind gegen einen Arbeitsplatzabbau. Unsere Forderungen gegenüber dem Arbeitgeber haben sich nicht geändert, wie fordern mehr Stückzahlen in Berlin zu fertigen, Insourcingmaßnahmen und dass das Nachfolgemodell der NFR in Berlin gebaut wird, wie vor Jahren von der Betriebsleitung mit dem Betriebsrat vereinbart. Kein Wortbruch!!!!

Inhalte des Entwurfes des Sozialplanes wird der Betriebsrat auf der Betriebsversammlung bekannt geben.

Gleitzeitverfall

interview: Annelinie Marquardt, Vizepräsidentin LAG Hessen

Alljährlich verfallen tausende Stunden von Gleitzeitüberhängen, weil sie nicht in den nächsten Abrechnungszeitraum übertragen werden dürfen. Sie haben geurteilt, dass der Arbeitgeber Sorge dafür tragen muss, dass Gleitzeitguthaben nicht verfallen. Worin besteht seine Pflicht?

Marquardt: Der Arbeitgeber hat Betriebsvereinbarungen so durchzuführen, wie sie abgeschlossen wurden. Das folgt aus § 77 Abs. 1 BetrVG. Wenn eine Betriebsvereinbarung regelt, dass Zeitdifferenzen von maximal nur einer bestimmten Stundenzahl in den nächsten Erfassungszeitraum übertragen werden dürfen, muss der Arbeitgeber auch verhindern, dass mehr Arbeitsstunden geleistet als übertragen werden können.

Nun behaupten viele Arbeitgeber, Gleitzeitüberhänge gar nicht kontrollieren zu können, weil es sich dabei nicht um angeordnete Mehrarbeit, sondern um von den Arbeitnehmern freiwillig erbrachte Stunden handelt. Entfällt damit ihre Pflicht?

Marquardt: Der Arbeitgeber kontrolliert ja auch die übrige Arbeitszeit. Meistens wird sie elektronisch erfasst. Er hat also durchaus die Möglichkeit, innerhalb eines festgelegten Zeitraums zu prüfen, in welcher Höhe sich Gleitzeitüberhänge angesammelt haben, um dafür zu sorgen, dass sie noch abgebaut werden können.

Unter welchen Voraussetzungen darf die tägliche Rahmenarbeitszeit überhaupt nur überschritten werden?

Marquardt: In der Regel werden diese Zeiten durch Betriebsvereinbarungen festgelegt. Die tägliche Rahmenarbeitszeit kann dann nur verändert werden, wenn das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats eingehalten wird. Das bedeutet, dass der Betriebsrat gebeten werden muss, außerhalb der täglichen Rahmenarbeitszeit anfallenden Zeiten zuzustimmen. Sonst sind sie unzulässig. Auf jeden Fall muss er Regelungen treffen. Er kann nicht einfach ungeregelt so viele Arbeitsstunden oder Gleitzeitüberhänge leisten lassen, wie es ihm oder den Leuten passt.?

Viele Arbeitgeber meinen, wie mit Gleitzeitüberhängen verfahren werde, unterliege nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats, da es sich ja um freiwillig von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitsstunden handele. Trifft das zu?

Marquardt: Ob Überstunden angeordnet, freiwillig geleistet oder nur geduldet werden - darauf kommt es beim Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht an. Denn dieser soll Sorge tragen, dass die Leistungskraft der Mitarbeiter nicht über Gebühr beansprucht wird.

Im Wortlaut: Die Arbeitgeberin ist verpflichtet, eine Gleitzeitvereinbarung, wonach die Sollzeit am Ende des Abrechnungszeitraumes höchstens 10 Stunden über- oder unterschritten werden darf und Zeitguthaben von mehr als 10 Stunden verfallen, soweit sie nicht als Mehrarbeit genehmigt sind, in der Weise durchzuführen, dass sie solche verfallenden Gleitzeitguthaben verhindert oder ihren Anfall mit dem Betriebsrat gemäß § 87 Abs.1 Ziffer 3 BetrVG abstimmt". (Landesarbeitsgericht LArbG - Hessen AZ 5 Ta BV 8/97)

Diesbezüglich hat der Betriebsrat eine Schutzpflicht gegenüber den Mitarbeitern - und dies erst recht, wenn diese unvergütet zusätzliche Arbeit leisten. Hinzu kommt: Durch übermäßige Gleitzeitüberhänge können auch Arbeitsplätze tangiert sein. In einem von uns entschiedenen Fall konnte belegt werden, dass das Unternehmen durch verfallene Gleitzeitüberhänge enorme Personalkosten einsparte, die rund zehn Prozent des Personals einer bestimmten Abteilung entsprachen.?

Welche Möglichkeiten hat der Betriebsrat verfallende Arbeitszeiten zu verhindern?

Marquardt: Der Betriebsrat kann erst einmal darauf dringen, dass die Mitbestimmungsrechte eingehalten werden. Er kann Betriebsvereinbarungen vorschlagen oder anregen, die seine Vorstellungen enthalten. Ein Problem ist allerdings, dass durch eng gefasste Gleitzeitregeln oder größere Kontrollen die Zeitsouveränität der Beschäftigten beschnitten wird. Dies kann zu Konflikten mit den Beschäftigten führen und erfordert viel Aufklärung. Darüber hinaus kann er beim Arbeitsgericht ein Beschlussverfahren anstrengen. Er könnte einen Antrag dahingehend stellen, dass der Arbeitgeber es unterlassen möge, Arbeitsstunden entgegenzunehmen, die über das übertragbare Kontingent hinausgehen. Das Arbeitsgericht wird dann die zugrundeliegende Betriebsvereinbarung auslegen und dem Antrag stattgeben oder nicht.

Das Beschwerderecht

Stimmt das Gehalt nicht, fühlt man sich von Kollegen gemobt, werden Arbeitsvorschriften im Betrieb nicht eingehalten, verursacht der Auftrag, den man erledigen soll, Gewissenskonflikte, das alles kann Grund für eine Beschwerde sein. Arbeitnehmer haben das Recht, sich zu beschweren, wenn sie sich ungerecht behandelt oder sonst wie beeinträchtigt fühlen. Dieses Recht ist im Betriebsverfassungsgesetz in den Paragrafen 84, 85 und 86 geregelt.

Nach § 84 können sich Arbeitnehmer einzeln oder als Gruppe direkt an die zuständigen Stellen" wenden, z.B. den direkten Vorgesetzten, Abteilungs-, Personalleiter oder Geschäftsführer. Das Gesetz ist nicht an bestimmte Formen, etwa schriftliche, oder Fristen gebunden. Jeder kann sich beschweren, wann und wie er will, bei wem er will und über was er will – es muss nur mit seiner Arbeit im Betrieb zu tun haben. Voraussetzung ist auch, dass der Arbeitgeber Abhilfe schaffen kann.

Beschwerden über den Betriebsrat sind z.B. ausgenommen, weil der Arbeitgeber dessen Verhalten nicht beeinflussen kann.

Nach § 85 muss der Arbeitnehmer seine Beschwerde nicht selbst vorbringen, sondern kann sich an den Betriebsrat wenden. Dieser muss sie annehmen und – wenn er sie für berechtigt hält – beim Arbeitgeber auf Abhilfe drängen. Sind sich Betriebsrat und Arbeitgeber nicht einig, ob die Beschwerde berechtigt ist, kann der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. (Deren Spruch gilt aber nicht, wenn es in der Beschwerde um einen Rechtsanspruch gilt.) Wird der Arbeitgeber durch Spruch der Einigungsstelle gezwungen, tätig zu werden, bleibt es ihm überlassen, was er unternimmt. Der Arbeitgeber muss den Sachverhalt der Beschwerde auf jeden Fall überprüfen. Außerdem muss er den Beschäftigten (und Betriebsrat, wenn der Arbeitnehmer ihn eingeschaltet hat) darüber informieren, ob er die Beschwerde für berechtigt hält und wie er das Problem beseitigen will. Nach zwei Wochen sollte mindestens eine Zwischeninformation vorliegen. Andernfalls kann sich der Arbeitnehmer an andere Stellen (zum Beispiel das Gewerbeaufsichtsamt) wenden. Der Arbeitnehmer kann den Arbeitgeber mit Hilfe des Arbeitsgerichts zwingen, seine Beschwerde anzunehmen.

Nach § 86 können Arbeitgber und Betriebsrat das Beschwerdeverfahren in einer freiwilligen Betriesvereinbarung regeln. Darin könnten sie festlegen, wie mit Beschwerden umgegangen werden soll und bis wann der Betroffene informiert werden muss. Oder die Einigungsstelle durch eine (paritätische) betriebliche Beschwerdestelle ersetzen.

Leserbrief

Leserbrief

An meiner Linie, Linie 1, Schicht A, gibt es Probleme mit den Wartezeiten. Es kommt oft vor, dass die Wartezeiten nicht korrekt abgerechnet werden. Außerdem läuft das Band oft zu schnell. Der Betriebsrat war schon öfters da und hat die Geschwindigkeit kontrolliert. Es wurde festgestellt, dass das Band zu schnell war. Das Band wurde daraufhin langsamer gestellt. Am nächsten Tag lief das Band aber wieder schneller.

Wir wollen, dass unsere Leistungen korrekt bezahlt und berechnet werden.

Wir wollen, dass der Betriebsrat, wenn Wartezeiten anfallen oder es Probleme mit der Geschwindigkeit gibt sofort zu uns runterkommt und sich darum kümmert.

Ein Kollege aus der Abteilung 081

Wir Kollegen aus der Abteilung 031 werden ungerecht behandelt wenn es um Lohngruppen geht. Ein Teil von uns hat die Lohngruppe 3, ein anderer Teil hat die Lohngruppe 2. Da wir alle die gleichen Arbeitsbedingungen und die gleichen Arbeitsplätze haben und auch die gleiche Qualität bringen müssen, fordern wir den Arbeitgeber und den Betriebsrat auf, dass sie diese Ungerechtigkeit beseitigen, in dem sie für allen die Lohngruppe 3 geben.

Kollegen aus der Abt 031

B/S/H/ Fabrik Berlin
Verantwortlich für den Inhalt:
VKL-IG-Metall : Hakan Doganay


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