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Solidaritätserklärung mit DB-Kollegen in Opladen

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir sind eine Gruppe von Beschäftigten bei den Eisenbahnen, die sich mit Euch solidarisch erklären wollen.

Wir möchten ausdrücklich betonen, dass wir nicht im Namen von irgendeiner Gruppe, Partei, Gewerkschaft oder sonstigen Organisation handeln, sondern als betroffene Beschäftigte, die im Grunde vor der gleichen Lage stehen wie Ihr.

Wir finden es richtig, dass Ihr Euch gegen die geplante Werksschließung zur Wehr setzt und begrüßen die ersten gemeinsamen Proteste der Beschäftigten aller Ausbesserungswerke in Ost- und Westdeutschland.

Die Schmerzgrenze ist erreicht

Wenn immer Stellenabbau und andere Einschränkungen verlangt wurden, versprach man uns, dass es bald wieder "aufwärts‘ gehen werde. Aber was folgte nach jedem Stellenabbau und den bisherigen Einschränkungen? Nichts als weiterer Stellenabbau und zusätzliche Ansprüche an uns. Bislang sind 130.000 Arbeitsplätze ersatzlos wegrationalisiert worden, das Arbeitspensum für die übrig gebliebenen Kolleg/Innen wurde enorm gesteigert, die Löhne gesenkt usw. – und auch jetzt versprechen sie uns wieder Gesundung und Sanierung, wenn die geplanten Werksstilllegungen über die Bühne gebracht worden seien. Aber das sind Lügen.

Wir haben uns abspeisen und einlullen lassen. Keine Besserung ist in Sicht – in Wirklichkeit sollen ja noch weitere 70.000 Stellen gestrichen werden. Das Ganze wurde von den Gewerkschaften mitgetragen.

Die Entwicklung zeigt: Wenn man klein beigibt, wenn man sich verkriecht, dann ziehen sie uns noch mehr über den Tisch und spielen uns noch mehr gegeneinander aus. Und wenn man ständig stillhält, dann wird der Vorstand noch unverfrorener und zügelloser.

Wenn wir uns aber zur Wehr setzen, dann ist die Gegenseite gezwungen, vorsichtiger zu werden, abzuwägen, wie wir reagieren. Wenn wir uns regen, uns zusammenschließen, spüren sie unsere eigentliche Stärke – und wir können das notwendige Selbstvertrauen für unser Handeln gewinnen.

Wir stehen nicht alleine da

Es steht fest, wir sind keineswegs die Einzigen, die vor Stellenabbau und Sparbeschlüssen stehen. Werden wir nicht als "Patienten" immer mehr zur Kasse gebeten? Sollen wir uns nicht als Rentner mit Rentenkürzungen abfinden? Und wie steht es um unsere Kinder, die in den Kindergärten und Schulen Opfer der Sparpolitik sind? Frisst nicht die Inflation die lächerlichen Lohnerhöhungen weg? Sollen die Arbeitslosen sich nicht mit weniger Geld begnügen? Stehen nicht in anderen Industriezweigen überall Entlassungen an? Und das Ganze eingepackt in Sparpakete der von SPD-Grünen geführten Regierung und abgefedert vom ehemaligen zweiten IG-Metall-Vorsitzenden Riester.

Das heißt, nicht nur wir als Eisenbahner bekommen die Auswirkungen der Krise zu spüren, sondern alle Teile der arbeitenden Bevölkerung. Deshalb müssen wir darauf hinarbeiten, dass sich Widerstand auf breiter Front entwickelt.

Jetzt ist Solidarität besonders gefragt

Vor allem aber, wenn wir uns wehren, senden wir damit ein wichtiges Signal an all die anderen Betroffenen. Nur indem wir uns regen, können wir die Isolierung durchbrechen, können darüber beraten, bei wem wir Unterstützung suchen. Nur indem wir selbst handeln, können wir von den anderen Solidarität einfordern und ihnen einen Weg aufzeigen, sich zusammenzuschließen. Wir zeigen der jüngeren Generation, dass wir für uns und unsere gemeinsame Zukunft kämpfen. Kurzum – wir zeigen, dass wir dem Druck der Krise nicht hilflos ausgeliefert sind wie Schafe, die zur Schlachtbank geführt werden.

Schließlich – nur indem wir selbst handeln anstatt auf Gewerkschaften und Parteien oder die "Öffentlichkeit" zu bauen - können wir was bewegen. Wir können uns nur auf uns selbst verlassen. Hat nicht unsere jahrelange Erfahrung gezeigt, dass all diesen Kräften nur daran gelegen ist, uns Fußfesseln anzulegen und uns vom eigenständigen Handeln abzuhalten. Eigeninitiative ist gefordert.

Wir haben nichts zu verlieren, wenn wir uns zur Wehr setzen – auch wenn unsere Lage auf den ersten Blick als aussichtslos erscheint. Wenn wir uns weiter einlullen lassen, wird es uns nur noch schlechter gehen. Auch wenn sie uns die Ohren vollhauen mit "notwendigen Anpassungsmaßnahmen" an die Marktverhältnisse usw., immer wieder von "übergeordneten Kräften" reden, denen wir uns zu beugen hätten, müssen wir unerschütterlich von unseren eigenen Interessen als abhängig Beschäftigte ausgehen und sie verteidigen. Die alte Regel hat auch hier Bestand: Wer kämpft, kann verlieren; wer nicht kämpft, hat schon verloren.

Kein Grund zur Resignation

Auch wenn wir uns heute noch nicht so massiv wehren können wie es diese Sparpläne eigentlich erfordern, ist es wichtig, aus unserer Ecke, aus unserer Isolierung herauszutreten. So wird es möglich, dass diejenigen, die nicht verzagen und sich nicht runterkriegen lassen durch die gegenwärtige schwierige Situation, miteinander Kontakt aufnehmen können und sich vorbereiten für spätere größere Auseinandersetzungen. Denn die gegenwärtige Beschleunigung der Wirtschaftskrise und die damit verbundene Verschlechterung unserer Lage wird die meisten von uns vor die Wahl stellen: entweder die Stirn bieten oder sich einschüchtern, erniedrigen und über den Tisch ziehen lassen. Dann wird es um so wichtiger sein, dass wir gelernt haben, uns gegenseitig zu unterstützen, unsere jeweiligen Erfahrungen auszutauschen und voneinander zu lernen. Allein unsere Selbstachtung fordert das schon.

Deshalb möchten wir Euren Abwehrkampf gegen die Werksstilllegung nicht nur verbal unterstützen und Euch mit diesem Flugblatt Mut machen, sondern auch diejenigen, die meinen, dass man selbst handeln muss, auffordern, mit uns in Kontakt zu treten, um sich gemeinsam vorzubereiten auf die kommenden Auseinandersetzngen.

Ihr erreicht uns unter folgender E-Mail auto_bahn01@hotmail.com

Anfang Juli 2001


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