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Das Abkommen mit General Motors und die Niederlage von FIAT Anfang März bei der Wahl des neuen Confindustria-Präsidenten mit ihrem für eine eher moderate Politik stehenden Kandidaten Callieri in einer Kampfabstimmung gegen den wesentlich aggressiveren süditalienischen Verpackungsfabrikanten Antonio D’Amato zeigen Wirkung: Wie der folgende Artikel aus der linken italienischen Tageszeitung "il manifesto" vom 14.6.2000 präzise darstellt, schwenkt die noch immer bedeutendste italienische Unternehmensgruppe nun auf den offenen Konfrontationskurs der italienischen "padroni" ein und kündigt die konzertierte Aktion durch ein massiven qualitativen Angriff auf das ohnehin bescheidene Lohnniveau der FIAT-Arbeiter faktisch auf:

 

Die Tarifverträge auflösen

FIAT gibt bei den padroni den Ton an. Antonio D’Amato bestätigt.

Carla Casalini

"Wir sind bei der Bestandsaufnahme", kommentiert Claudio Stacchini von der 5.FIOM-Liga in Turin-Mirafiori. Das sind die offenen Rechnungen der "Wende" der Confindustria seit deren Entscheidung sich zugunsten der <neoliberalen /d.Ü.> Referenden der Radikalen Partei auszusprechen. Dann folgte, mit dem neuen Präsidenten D’Amato, die offizielle Linie der offenen Auseinandersetzung und nun die, vom FIAT-Vorstandsvorsitzenden Cantarella angefertigten "Rechnungen in Zahlen" über die Arbeitskosten, in die gestern die Confindustria-Führer – angefangen bei ihrem Präsidenten D’Amato – und auch die Confapi für die Kleinunternehmer eingestimmt haben. Sie alle sind damit einverstanden das Tarifsystem aufzulösen. "Die durchschnittlichen Einkommen bei der FIAT-Gruppe", sagt Cantarella, "sind in den letzten 4 Jahren um 22% gestiegen, während die Inflation bei ungefähr 9% gelegen hat. Die Arbeitskosten haben sich also mehr als doppelt so stark erhöht wie die Inflation. Deshalb muß man "das System der doppelten Tarifebene revidieren", denn in der "Welt der Konkurrenz(fähigkeit)" gibt es keinen Raum mehr, um so über den Lohn zu diskutieren. Die Schlußfolgerung: Man beseitigt den nationalen Tarifvertrag oder den betrieblichen. Welchen "ist nicht wichtig", aber einer der beiden ist zuviel. Und man muß "sofort" und "grundlegend" neu darüber diskutieren. Eine mörderische Breitseite am Vorabend der Verhandlungen über den ergänzenden FIAT-Tarifvertrag für die die RSU’en bereits kommende Woche die Forderungsplattform bereithalten werden.

Wie antwortet die Gewerkschaft ? "Bereits am Freitag", kündigt Stacchini an, "wird es – initiiert von der FIOM – eine Demonstration vor dem Auto-Salon in Turin-Lingotto gegen den Rausschmiß der FIAT-Zeitarbeiter geben. Das wird auch die Gelegenheit für eine erste Antwort an Cantarella sein."

Was die "phantasievollen" Zahlen des Vorstandsvorsitzenden anbelangt, ist die Antwort bereits gestern (mit Rechnungen in der Hand) vom piemontesischen Studienbüro der FIOM gekommen, das von Piero Pessa geleitet wird. "Die Bruttolöhne, die auch den Überstundenanteil und den Beitrag zur cassa integrazione [1] enthalten", sind von 95 bis 99 für die Lohngruppen 3, 4 und 5 (das heißt für die übergroße Mehrheit der FIAT-Arbeiter in Italien) um 13%, 9,2% und 12,8% gestiegen – gegenüber einem Anstieg der Inflation um 9,3%. "Dies sind die de facto-Bruttolöhne", schließt die FIOM. "Weshalb die Entwicklung der Nettolöhne der FIAT-Beschäftigten unter der Inflation gelegen hat."

Im selben Zeitraum haben sich die Bruttoerträge von FIAT um 25,4% erhöht – "das Doppelte der Lohnentwicklung der meisten Berufsgruppen bei FIAT" – gegenüber einer Gesamtzunahme der Arbeitskosten um nur 3,5%. "Dies ist ein Zeichen für die außergewöhnliche Erhöhung der Arbeitsproduktivität. Der Einfluß der Arbeitskosten auf die Gesamterträge hat sich in den letzten drei Jahren sogar "um 3,9%" verringert. Der trockene Kommentar des piemontesischen FIOM-Sekretärs Cremaschi: "Es wäre schön, wenn die Einkünfte der FIAT-Arbeiter wirklich um 22 % gestiegen wären. Das wäre sogar noch unter dem Umsatzwachstum gewesen und daher völlig vereinbar mit dem Betrieb." Leider ist es nicht so gelaufen und die jetzigen "instrumentellen" Erklärungen Cantarellas lassen "eine substanzielle Weigerung gegenüber der Forderung nach Erhöhung der Umsatzprämie" erwarten. Deshalb warnt Cremaschi: "Es ist gut, wenn FIAT weiß, daß phantasievolle mathematische Tricks sicher nicht ausreichen werden, um die Forderung nach wenig mehr als 2 Millionen <Lire = gut 2000 DM Prämie /d.Ü.> zurückzuweisen."

Der Ausfall bezüglich der betrieblichen Tarifverträge ebenso wie dem nationalen ist gestern bei allen angekommen. Der Generaldirektor der Confindustria Cipolletta hat sofort seine Übereinstimmung mit Cantarella zum Ausdruck gebracht: Schaffen wir die beiden Tarifebenen ab. Man soll eine davon wählen und basta ! Er zielt direkt auf eine "einjährige Laufzeit" ab. Der Herbst wird nicht einfach für den Tarifvertrag der Metallarbeiter, fügen die Spitzen von Aissistal-Confindustria, die die 1 800 Unternehmen des Anlagenbaus vereint und die gestern zu einer Generalversammlung zusammentrafen, hinzu. Das Problem sind "die Gewerkschaftsorganisationen, die kulturell noch nicht dazu bereit sind die Flexibilität in Angriff zu nehmen".

Was die kleinen und mittleren Unternehmen anbelangt, so stimmt der Präsident ihrer Vereinigung innerhalb der Confindustria, Bellotti, mit der Mutterorganisation überein: Jede Lösung ist genehm, wenn dadurch nur die tariflichen Lohnniveaus "und die Beiträge" reduziert werden. Während die Confapi, wie es Luciano Bolzoni vorschlägt, einen nur "normativen" Einheitsvertrag für die kleinen und mittleren Betriebe wählen und die "Lohntarifverträge" den "Sektoren und Landesteilen" entsprechend unterschiedlich gestalten würde.

Wie man sieht ist der Angriff grundlegend. Die Gewerkschaftsführer haben reagiert – für CGIL, CISL und UIL Epifani, Guerisoli und Pirani mit unterschiedlichen Abstufungen. Für die FIOM äußerte sich der Generalsekretär Claudio Sabattini, der die Eröffnung einer schwerwiegenden Auseinandersetzung unterstreicht. Aber entweder man verändert die Gewerkschafts-"Linie" um 180 Grad oder es sind immer mehr substanzielle Niederlagen möglich, die vielleicht von tarifvertraglichen "Formen" bemäntelt werden, die es dann zwar noch gibt, die aber völlig entleert sind.

Der Präsident der Confindustria, Antonio D’Amato, hat sich an seinen Stil des Auf-jedem-Tisch-Mitmischens gehalten: Ja, "die Arbeitskosten sind unerträglich", folglich muß die Gliederung der tariflichen Lohnniveaus "so bald wie möglich mit der gewerkschaftlichen Gegenseite in Angriff genommen werden". Aber die Gewerkschaften müssen auch akzeptieren, daß über "Renten und Sozialausgaben" verhandelt wird.

Übersetzung und erläuternde Fußnote: Antifa-AG der Uni Hannover und Gewerkschaftsforum Hannover

1) Aus den Sozialbeiträgen und staatlichen Zuschüssen bezahlte maximal 3 Jahre dauernde Kurzarbeit Null, die meist die dann auch formale Arbeitslosigkeit ohne jede finanzielle Unterstützung zur Folge hat


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