letzte Änderung am 5. Juli 2002 | |
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Die Story ging durch die Medien: Am 17.09.2001, wenige Tage nach dem die Welt erschütternden Anschlag auf die Hochhäuser in New York, demonstrieren in Siegen Schüler. Sie wollen ihrer Betroffenheit Luft machen. Auf der Abschlusskundgebung spricht Bernhard Nolz, 57-jähriger Lehrer für Deutsch und Gesellschaftslehre der Bertha-von-Suttner-Gesamtschule. Er folgt nicht der von Bush und Schröder vorgebenen Linie des "Krieges gegen Terror" bzw. der "Uneingeschränkten Solidarität", sondern spricht über die Toleranz, Nächstenliebe und Menschenrechte. Nach dieser Ansprache wird er vom Dienst suspendiert. Eine Hetz- und Diffamierungskampagne gegen ihn setzt in den Medien und den politischen Instanzen ein.
Bernhard Nolz ist ein unbequemer Mensch mit aufrechtem Gang. Er hat sich dem Frieden und den Menschenrechten verpflichtet. Er übt einen schönen Beruf aus, den des Lehrers. Bereits in früheren Jahren geriet er immer wieder in Konflikt mit der Staatsmacht. Zu Zeiten der RAF-Hysterie wurde er gar des "Terrorismus" verdächtigt, nur weil mit seinen Schülern eine Demonstration für den Bau eines Schwimmbades organisierte. Er protestierte als junger stv. SPD-Bürgermeister während eines Empfangs des ehemaligen Bundespräsidenten Kiesinger, indem er diesen während dessen Ansprache immer wieder in Zwischenrufen als "Nazi" titulierte. Er gründete und betreibt in ehrenamtlicher Tätigkeit neben seiner Tätigkeit als Lehrer das Siegener Zentrum für Friedenskultur. Er ist Sprecher der bundesweiten Initiative "Pädagoginnen und Pädagogen für den Frieden" und beim Bund für Soziale Verteidigung (BSV) aktiv.
In seiner Ansprache am 17.09.2001 spricht Bernhard Nolz von den übrigens bis heute nicht geklärten Ungereimtheiten im Zusammenhang mit dem Anschlag, von dem Gebot aller Religionen "Du sollst nicht töten!", von der Verpflichtung zur Wahrung der Menschenrechte. Er fordert ganz in der Traditoon von Bertha von Suttner, auf die er sich ausdrücklich bezieht - die anwesenden SchülerInnen auf, den Prinzipien der Nächstenliebe und der Toleranz zu folgen, sich gegen Krieg, Terror und Gewalt zu engagieren, von dem Grundrecht auf Verweigerung des Kriegsdienstes Gebrauch zu machen. Er spricht über Machtmissbrauch durch die Herrschenden, über Ausbeutung und Unterdrückung durch die reichen Nationen und fordert, dass die Ausgaben für Waffen und Kriege eingestellt werden, um stattdessen Hilfsorganisationen und Friedensdienste zu finanzieren.
Die BILD-Zeitung titelt "Lehrer greift Amerika an!" und Paul Breuer, Mitglied des Bundestages für die CDU, fordert öffentlich, dass Bernhard Nolz "aus dem Verkehr gezogen werden muss. Nolz betreibt geistige Umweltvergiftung." Der Staatsschutz nimmt Ermittlungen wegen "Unterstützung von Terroristen" auf. Im Ergebnis wird ihm von seiner Schulleitung die Solidarität verweigert, die Schulbehörde stellt sich gegen ihn. Er wird vom Dienst suspendiert, GRÜNEN-Umweltministerin Höhn streicht die Zuschüsse für das Zentrum für Friedenskultur.
Doch Bernhard Nolz erfährt auch Solidarität. Das Vorgehen gegen ihn (und übrigens noch andere LehrerInnen in Deutschland) läßt die Praxis der Berufsverbote wieder aufleben, mit denen in den 70er und 80er Jahren Tausende demokratisch gesinnte LehrerInnen und andere Staatsbeschäftigte belegt wurden, wenn sie sich in der DKP und anderen demokratischen Organisationen betätigten. Für Bernhard Nolz wurden Tausende von Unterschriften gesammelt, der Vertreter der Gewerkschaft Erziehung-Wissenschaft (GEW), Jürgen Schmitter, spricht von einer "Einschüchterungsmaßnahme zur Tabuisierung der NATO und der Politik der USA". Schließlich wird Nolz im Mai 2002 für den Aachener Friedenspreis nominiert und erhält in einem Festakt am 22. Juni 2002 in Bodenwerder den Preis für Zivilcourage.
Es war die 7. Verleihung des jährlichen Preises für Zivilcourage der Anne Solbach-Freise-Stiftung. Die Stifterin, Frau Anne Solbach-Freise, erinnerte daran, dass auch Berta von Suttner Zeit ihres Leben unter Verhöhnungen und Beschimpfungen zu leiden hatte. Trotzdem erhielt sie für ihre Forderung "Die Waffen nieder!" als erste Frau und erste Preisträgerin überhaupt den Friedennobelpreis. Frau Solbach-Freise betonte, dass es mit der Verleihung des mit 3.000 Euro dotierten Preises an Bernhard Nolz darum ginge, Zivilcourage zu ermutigen. Nolz stehe in der Tradition der vorhergehenden PreisträgerInnen, die stets unter hohem persönlichem Einsatz für ihre Meinung eingetreten seien, ohne vor daraus resultierenden Nachteilen zurückzuschrecken. So etwa Axel Köhler-Schnura aus Düsseldorf oder Gregor Bökermann aus Frankfurt - die Preisträger 2000 und 2001. Getreu dem Motto der Solbach-Freise Stiftung für Zivilcourage "Demokratie wagen Zivilcourage zeigen!" Entsprechend auch das Rahmenprogramm des Festaktes mit hervorragenden Beiträgen des Polit-Kabaretts "Die Pawlowskis" und musikalischen Darbietungen wie dem Lied des Antifaschistischen und demokratischen Widerstands "Die Gedanken sind frei".
In seiner Dankesrede betonte Bernhard Nolz, dass in seinem Fall ganz klar ein Maulkorb verhängt werden solle; dass es den Herrschenden darum gehe, die Geschichte um den 11. September zu verfälschen. Diesen überall vorhandenen Versuchen von Unterdrückung der Meinungsfreiheit und undemokratischer Repression müsse engagiert entgegengetreten werden. Der beste Schutz vor Verfolgung und Benachteiligung sei die Herstellung von Öffentlichkeit. Das wäre in seinem Fall ebenso. Stets habe er sich nicht einschüchtern lassen, sondern stattdessen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln die Öffentlichkeit mobilisiert. Dadurch sei es gelungen, die Suspendierung vom Schuldienst nach drei Monaten aufzuheben. Doch sei er nun strafversetzt, die Schulbehörde ermittle seit fast einem Jahr gegen ihn wegen "Störung des Schulfriedens". Es gehe jetzt darum, den Druck auf die Landesregierung und die Schulbehörde in Arnsberg durch weitere Unterschriftensammlung und Protestbriefe zu erhöhen.
Wir gratulieren Bernhard Nolz zu seinem Preis. Er benötigt weiterhin jede Unterstützung. Die Fordungen im Fall Nolz müssen lauten: Vollständige Rehabilitierung, Wiedereinsetzung in seiner alten Schule, vollständige Auszahlung der gestrichenen Mittel für das Friedenbszentrum Siegen.
Zentrum für Friedenskultur
Kölner Str. 11
57072 Siegen
0271 23 82 521
Fax 23 82 474
eMail info@zfk-siegen.de
Axel Köhler-Schnura
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