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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Barten gewinnt Revision vor dem BAG gegen Bankgesellschaft Berlin AG Der 2. Senat des BAG unter dem Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Rost hat am 24.11.2005 beiden Revisionen ( 2 AZR 584/04 und 2 AZR 120/05) von Heiko Barten vollumfänglich stattgegeben. Die Urteile des LAG Berlin (Az. 4 Sa 961/04 und 4 Sa 962/04) vom 11.08.2004 wurden aufgehoben und die Berufung der Bankgesellschaft gegen die erstinstanzlichen Urteile zurückgewiesen. Das Teilurteil vom 13.02.2004 und das Schlussurteil vom 26.03.2004 des ArbG Berlin (Az.: 28 Ca 32904/03), mit denen den Kündigungsschutzklagen des Heiko Barten stattgegeben wurde, sind damit nun rechtskräftig. In der zusammenfassenden, kurzen mündlichen Urteilsbegründung im Anschluss an die Verkündung des Urteils machte der Vorsitzende deutlich, dass ein Grund für eine außerordentliche, also fristlose Kündigung zweifelsfrei besteht, wenn ein Arbeitnehmer andere Mitarbeiter seines Arbeitgebers mit NS-Tätern vergleicht. Eine solche ungerechtfertigte Diffamierung seiner Mitarbeiter, die in einem solchen Vergleich zu sehen wäre, müsse ein Arbeitgeber nicht hinnehmen. Der Vorsitzende betonte in diesem Zusammenhang zwar, die Animation sei "ungut" gewesen und hätte nicht sein müssen. Der Senat folge aber der Ansicht der I. Instanz, dass die beanstandete Internet-Animation des Heiko Barten einen solchen Vergleich ganz und gar nicht hergebe. Der von der Beklagten behauptete Vergleich, den Heiko Barten angeblich gemeint habe, könne der Animation objektiv nicht entnommen werden. Die Grenzen des Art. 5 Abs. 1 GG (Meinungsfreiheit) seien daher von der Animation nicht überschritten worden, weshalb eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung nicht angenommen werden könne. Deshalb waren die beiden fristlosen Kündigungen der Bankgesellschaft unwirksam. Der Senat sah erst nach längerer Beratung im Richterzimmer keine Bedenken, dass Bartens Berliner Anwalt Roland Kuckhoff die Animation auf seinem Notebook den Richtern vorspielt. Bis dahin hatte sich der Senat offenbar die Animation in ihrer Originalfassung, also auf einem Computer, noch nicht angeschaut. Ob das Vorspielen der Animation die Entscheidung des Senats beeinflusst hat, wird man wohl nicht erfahren. Geschadet hat dies jedenfalls nicht, wie die Urteile des BAG belegen. Heiko Barten war sichtlich erleichtert über das Urteil und bedankte sich bei den zahlreich erschienenen Zuhörern, von denen ein Großteil bis zur Urteilsverkündung ausharrte und die sich dann mit ihm freuen und ihm gratulierten konnten. Seit dem 25.11.2005 ist Heiko Barten somit wieder ein aktiver Mitarbeiter der Bankgesellschaft. Stellungnahme des Vereins FrischerWind! Deutschland Rechtsanwalt Roland Kuckhoff (Berlin) nach der Verhandlung: "Ich war ehrlich gesagt etwas überrascht, dass der Senat die Animation in Originalfassung noch nicht betrachtet hatte. Offenbar hatte der Senat Bedenken, dies könne eine Beweiserhebung darstellen, die allein den Vorinstanzen vorbehalten, im Revisionsverfahren aber unzulässig ist. Dies hat mich verwundert, denn auch in der Revisionsinstanz muss doch der Gegenstand der Beurteilung das "corpus delicti" in seinem Original sein. Ausdrucke der in der Animation verwendeten Einzelbilder, die die Beklagte ja zur Untermauerung der gegen Heiko Barten erhobenen Vorwürfe reichlich ihren vorinstanzlichen Schriftsätzen als Anlage beigefügt hatte, sind doch etwas komplett anderes als die beanstandete Original-Animation. Auf den Betrachter machte es doch wohl eine unterschiedliche Wirkung, ob er sich die kritisierten Einzelbilder stundenlang im Ausdruck anschauen kann, oder ob dieses Bild - wie auch die anderen - für lediglich eine Zehntelsekunde im Gesamtablauf der Animation an seinen Augen vorbeihuscht, also kaum wahrnehmbar ist. Die Betrachtung der Originalanimation ist daher meiner Meinung nach in prozessualrechtlicher Hinsicht nichts anderes als die Überprüfung eines Vertragsdokuments durch die Revisionsrichter. Ein solches Dokument, um dessen Wortlaut und Inhalt es gehen mag, lesen sich die Richter auch im Original durch und legen den Inhalt ggf. selber aus. Warum sollen sich Revisionsrichter dann nicht die Animation im Original anschauen? Dass es sich dabei um eine Computerdatei handelt und nicht um etwas Schriftliches wie bei einem Vertrag, kann in prozessualer Hinsicht doch keinen Unterschied machen. Es war also gut, dass ich vorsorglich mein Notebook mitgebracht hatte, auch wenn ich nicht ernsthaft damit gerechnet hatte, dass ich es sein würde, der dem Senat die Animation erstmals im Original vorspielt." "Das Urteil des BAG empfinde ich nicht nur als rechtens, sondern auch als gerecht. Und dies sage ich nicht, weil ich in der Revision Herrn Barten vertreten habe. Dies ist vielmehr auch meine tiefe Überzeugung. Bei näherer Betrachtung musste jedem klar werden, dass die Animation den von der Beklagtenseite behaupteten unsäglichen Vergleich nicht im Geringsten hergab. Das war alles konstruiert. Problematisch für Herrn Barten war meines Erachtens ein ganz anderer Umstand, der neben der rein rechtlichen Bewertung lag. Da Herr Barten in seiner Animation Bilder mit NS-Bezug verwendet hatte, löste er nach meiner Überzeugung damit auch bei den Richtern des 2. Senats größtes Unbehagen aus. Letztendlich vermochten die Richter aber doch zwischen den schriftsätzlich von der Beklagtenseite vorgetragenen - sehr konstuierten - Vorwürfen und dem objektiven Erscheinungsbild der Animation zu trennen. Die Mahnung in der mündlichen Urteilsbegründung an die Adresse Bartens, trotz seines vollumfänglichen Obsiegens, war meines Erachtens ein Reflex des großen Unbehagens, das die Richter verspürt haben mögen. Ich hätte mir an dieser Stelle auch ein paar kritische Worte in Richtung Beklagtenseite gewünscht. Denn das, was die Beklagte in den letzten beiden Jahren mit Herrn Barten veranstaltet hatte, war zum Teil sehr unfair und ging deutlich über eine bloße Rechtsverteidigung gegen die Kündigungsschutzklagen des Herrn Barten hinaus. Jedenfalls bin ich auf die Details der schriftlichen Urteilsbegründung sehr gespannt." |