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Nahostkonflikt: LabourNet Germany zwischen den Fronten - der deutschen Linken

Nicht ganz unerwartet steht die Redaktion des LabourNet Germany im Kreuzfeuer der Kritik durch die Berichterstattung über den Nahostkonflikt sowie durch die Veröffentlichung eines Offenen Briefs an die IG Metall (unterschrieben von einem Redaktionsmitglied).

Einerseits wirft uns Andreas Kuckartz vor, mit dem Link auf eine Dokumentation eines Beitrags der Antisemitismus-AG der Gruppe subcutan vom 8. April 2002 auf Linke Seite, ein "zionistisches Dokument" für einen lesenswerten Diskussionsbeitrag zu halten. (siehe hierfür Nahostkonflikt: sonstige Stellungnahmen)

Andererseits behauptet Sebastian Wertmüller - beide mit e-mails vom 16.4.02), der Offene Brief an die IG Metall sei ein "antiisraelischer und antisemitischer Schrieb" und nicht der erste "antizionistische "Ausrutscher" bei Labournet".

Seine Kritik wird nachfolgend dokumentiert und von uns beantwortet.


From: Sebastian Wertmüller <sebastian.wertmueller@dgb.de>
To: <redaktion@labournet.de>
Subject: "Solidarität mit den Opfern der israelischen Aggression"
Date: Tue, 16 Apr 2002 17:24:44 +0200

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

einen derartig offenen antiisraelischen und antisemitischen Schrieb wie den "Offenen Brief an den Vorstand der IG Metall" zum Thema "israelische Aggression" auf eine Seite der "Gewerkschaftslinken" zu stellen, ist schon ein starkes Stück.

Es gab ja schon einige antizionistische "Ausrutscher" bei Labournet, aber dieser Brief setzt allem die Krönung auf. Er bedient jedes aktuelle israelfeindliche Vorurteil, er verzichtet auf den auch nur leisesten Hinweis auf israelische Opfer, auf Selbstmordattentate, auf Raketenüberfälle. Es erfolgt - natürlich - kein Hinweis auf den ungebrochenen Vernichtungswillen der palästinensischen Kämpfer gegenüber dem Staat Israel.

Natürlich ist auch Antisemitismus kein Thema, Brandanschläge auf Synagogen, geschändete Friedhöfe, gewalttätige Angriffe auf Juden und so titulierte "Judenfreunde" usw. usw.

Der schüchterne Hinweis auf eine Distanzierung von einem antisemitischen Mißbrauch (oder eher Gebrauch) der Unterschriftensammlung hat seine volle Berechtigung: Die Solidarisierung mit dem palästinensischen Volk heutzutage in Deutschland kann nur antisemitisch ausfallen. Wers nicht glaubt, lese die Berichte über die Anti-Israel-Demonstrationen vom letzten Wochenende....

Habt Ihr den Text überhaupt gelesen?
Oder findet Ihr derartige Positionen in Ordnung?
Wenn, ja so kann ich mir einen weitere Bezug Eures Newsletter zukünftig sparen.

In der Hoffnung auf eine (selbst) kritische Antwort.
Sebastian Wertmüller


Lieber Kollege Wertmueller,

völlig unabhängig von irgendwelchen Schlussfolgerungen Deinerseits - Bestellung und Abbestellung des Newsletters sind automatisiert und das Procedere am Ende je dargestellt - möchten wir gerne auf Deine Kritik in ein paar Punkten antworten. Nicht, weil wir der Oberlehrer irgendwelcher Kollegen und Kolleginnen wären oder sein wollen - weshalb wir Deinen Brief auch veröffentlichen.

Sondern weil es einfach eine vorhandene Auseinandersetzung ist, die entsprechend auch LabourNet Germany erreicht.

1. LabourNet Germany ist nicht nur, aber u.a. ein Portal, das Zugang veröffentlicht zu allem, was sich selbst in Betrieb oder Gewerkschaft oder darauf bezogen als Links sieht. Dem entspricht, dass wir uns nicht anmassen, das eine oder andere als Nicht-Links auszugrenzen. Was nicht ausschliesst, auch eigene Meinungen zu publizieren.

2. In der Tat meinen wir und haben das auch gerade in jüngerer Zeit durch die Publikationspolitik deutlich gemacht, dass die Selbstmordattentäter eben nicht blosse verzweifelte Individuen sind, sondern Bestandteil einer reaktionären Strategie. Das sollte mensch unserer Meinung nach als einen zentralen Punkt in die politische Analyse einbeziehen. Deshalb sind wir zurückhaltend was Boykottaufrufe betrifft. Deswegen haben wir eine Politik verfolgt und werden dies von uns aus weiter tun, auf beiden Seiten die Kräfte des Ausgleichs und des Friedens, so klein sie auch sein mögen, zu unterstützen. Die Postings der letzten Tage unterstreichen dies, was andererseits nicht heissen kann, dass wir nur publizieren, was uns passt. Schon immer hat sich die Publikationspolitik des LabourNet Germany dadurch ausgezeichnet, dass wir unsere LeserInnen für mündig genug halten, eine eigene Meinung zu bilden.

3. Wir haben keine antizionistischen Ausrutscher. Können wir gar nicht haben, weil wir in der Tat, wie eben die israelische Linke und gute Teile der Friedensbewegung Israels, gegen den Zionismus sind. Hier sind deutsche Linke, die in uralter schlechter Tradition sich ein zentrales Kettenglied zusammenfaseln, von dem aus sie ganze Weltläfe beurteilen, für unsere eigene Haltung kein Masstab.

4. Und mensch muss kein Fan der Arafat-Riege in der PLO sein, um auch keinen Ausrutscher gegenüber den Hamas und anderen begehen zu können, aber das ist ein anderes Lager.
Unsere Sympathie gehört da eher jenen, die sowohl vor Ort als auch in der jeweiligen Diaspora zu den Konvergenz-Aktivisten gehören und versuchen, Zusammenarbeit zu entwickeln. Eine Position im übrigen, die wir auch schon während der verschiedenen Kriege auf dem Balkan vertreten haben. Und wenn ein guter Teil der palästinensischen Linken findet, sie müsse sich als konsequente nationalistische Kraft profilieren, ist das ein Drama - ihres. Was solche Realpolitik anbetrifft hat sogar die DDR in der Tat im Grenzvertrag mit der VR Polen ein nützliches Muster geliefert: Keinerlei historische Debatte, Anerkennung der gewordenen Realität.

5. Das mag kein so einfaches Weltbild sein, was aber auch daran liegen kann, dass die Welt nicht so einfach ist.

Daher als Fazit:

Antiisraelisch: Ja, was die aktuelle agressive und menschenverachtende Politik der Regierung gegenüber den Palästinensern angeht. Deshalb propalästinensisch: Nein. Wir werden uns immer weigern, uns blind und pauschal mit welchem "Volk" auch immer zu solidarisieren.

Mit kollegialem Gruss
Redaktion des LabourNet Germany


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