letzte Änderung am 11. Dez. 2002 | |
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Während die venezolanischen Medien, die mehrheitlich von der rechten Opposition kontrolliert werden, ein Bild eines sich nähernden Kollapses des Landes zeichnen, normalisiert sich die Versorgungs- und Produktionssituation zunehmend. Die Fernsehanstalten schrecken bei ihren Manipulationen vor nichts zurück. Ein Video, dass die privaten TV-Anstalten als Beweis für die Verantwortung der Regierung für die drei Toten eines Schusswaffenanschlags am Samstag zeigten, erwies sich als Fälschung. Die Aufzeichnung sollte den Schützen mit hohen Vertretern des Regierungsbündnis zeigen. Der betreffende Schütze reiste jedoch erst nach dem Aufnahmezeitpunkt nach Venezuela ein.
Derweil ließ der zweifache venezolanische Präsident Carlos Andres Perez, der für die Niederschlagung der Armutsrevolte 1989 mit Tausenden von Toten verantwortlich war und im Hintergrund der Putschisten die Fäden zieht, aus dem Exil wissen es sei "keine friedliche Lösung mehr möglich (...) es wird einen militärischen Ausgang als eizig möglichen geben".
Tatsächlich setzt die Opposition mittlerweile alles auf eine derartige Zuspitzung der Situation, dass die sogenannte "demokratische Charta" der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) in Kraft tritt, gemäß derer eine militärische Intervention zur "Wiederherstellung der Demokratie" gutgeheißen werden kann. Der Präsident der OAS, der ehemalige kolumbianische Präsident Cásar Gaviria, der sich als vermeintlicher Vermittler zwischen Regierung und Opposition seit Ende November in Venezuela aufhält, hat sich am Montag offen auf die Seite der Putschisten geschlagen und in einer von privaten TV-Anstalten ausgesendeten Rede die Polizei zum Einschreiten gegen die bolivarianischen Demonstranten aufgefordert.
In diesem Kontext kündigten die Abgeordneten der Opposition auch an nicht mehr an den Sitzungen der Nationalversammlung teilzunehmen.
Angesichts der medialen Inszenierung eines Notstandes, bis hin zu offenen Aurufen putschistischer Militärs zur Gewalt gegen Chavez und seine Anhänger über die oppositionellen TV-Sender, führen Anhänger der bolivarianischen Revolution seit Montag Kundgebungen vor allen Oppositionsmedien durch und fordern diese auf "die Wahrheit zu erzählen". Von Chavez hingegen wollen sie, dass er diesen Sendern Lizenzen entzieht. Laut der privaten TV-Sender sollen Chavisten auch einen Sender der Opposition verwüstet haben, fraglich ist nur warum es davon keinerlei Fernsehaufnahmen gibt, sondern nur von den bereits verwüsteten Anlagen.
Die Opposition führte hingegen eine Kundgebung vor der staatlichen Fernsehanstalt VTV durch, von der aus mehrere Schüsse auf das Gebäude abgegeben wurden. Anschliessend versammelten sich Tausende von Anhängern der Revolution um den Sender um ihn zu schützen.
Aktiv am Streik beteiligen sich vor allem transnationale Konzerne und Ketten wie McDonald´s und Wendy´s, sowie einige Banken. Die Milchabfüllanlage der italienischen Parmalat wurde von Arbeitern und Chavisten besetzt und wieder in Betrieb genommen, nachdem sie sich geweigert hatten angelieferte Milch aufzukaufen und die Arbeit eingestellt hatten. Ebenso erging es in den vergangenen Tagen zahlreichen anderen Fabriken, darunter auch die Abfüllerei von Pepsi Cola.
Der Streik konzentriert sich ohnehin nahezu vollständig auf die Hauptstadt und ist eindeutig vom ersten Tag an eklatant fehlgeschlagen. Flughäfen, Häfen, kleine und mittlere Betriebe sowie Geschäfte haben bis auf einige große Einkaufszentren und Läden in reichen Stadtteilen regulär geöffnet. Die oberen Klassen bestreiken sich also nur selbst. Ebenso arbeiteten auch der Nahverkehr und die Überlandbusse reibungslos. Die U-Bahn in Caracas funktioniert weiterhin regulär. Francisco Torrealba, Vorsitzender der Metroarbeiter-Gewerkschaft von Caracas (Sitramenca) kündigte an es habe nur zwei kurzzeitige Unterbrechungen bei zwei Linien aufgrund von Sabotageakten gegeben, versicherte jedoch die U-Bahn würde weierhin normal funktionieren.
Ebenso ist die Lebensmittelversorgung entgegen der Meldungen der Presse, die versuchen durch Meldungen über Versorgungsengpässe Panikstimmung zu erzeugen, vollständig sicher gestellt. Selbst der Großmarkt von Caracas funktioniert und hat sich nie dem Streik angeschlossen.
Auch die Universitäten in den verschiedenen Provinzstädten Venezuelas funktionieren normal. In der Universität von Caracas (UCV), wo in den vergangenen Tagen immer wieder linke Studenten und Professoren von oppositionellen Organisationen bedroht wurden, beschloss der Universitätsrat ebenfalls weiterhin normal zu öffnen und es gelang die oppositionellen Provokateure vom Universitätsgelände zu werfen.
Der Orinoco, die wichtigste Wasserstrasse des Landes ist ohne Probleme navigierbar, da die Wasserpolizei und dortigen Marineeinheiten loyal zur Verfassung stehen.
In verschiedenen Regionen und Städten versuchen oppositionelle Bürgermeister und Gouverneure mit bisher wenig erfolg Geschäfte und Unternehmen zum Streik zu zwingen und seten Polizeieinheiten gegen die Regierungstreue Bevölkerung ein.
Die Blockade innerhalb der Erdölgesellschaft PDVSA ist ebenfalls kein Arbeiterausstand, sondern eine Arbeitsverweigerung der Unternehmenseliten, die das Unternehmen durch ihre enormen Gehälter und die maßlose Korruption zum inproduktivsten Erdölunternehmen der Welt gemacht haben. Im Ausstand befinden sich die Unternehmensleitung, einige Kapitäne der Öltanker, einige Ingenieure und Teile des oberen Verwaltungsapparats, da diese auch aktive Sabotage der computergesteuerten Anlagen betreiben, sind die Folgen teilweise beträchtlich.
Die Treibstoffversorgung im Land ist sicher gestellt. Während die transnationalen Erdölkonzerne Mobil Oil, Shell und BP ihr Tankstellennetz geschlossen haben, funktionieren alle Tankstellen der staatlichen PDV, die den Großteil der Tankstellen betreiben.. In Caracas, wo sich das Zentrum der oppositionellen Proteste befindet, werden die Tankstellen von der Nationalgarde bewacht, während sie außerhalb der Hauptstadt ohnehin in Betrieb sind.
Seit die Armee am Wochenende die Kontrolle über die Erdölraffininerien und Exportzentren übernommen hat, unterstützt von Tausenden von Menschen, normalisiert sich auch dort wieder langsam die Situation. Dies entgegen den Pressemeldungen, die einen Kollaps in Kürze vorhersagen. Gesucht wird aber vor allem hochqualifiziertes Personal, das für die Saboteure einspringen kann. Die Raffinerie in Yagua wird z.B., wie viele andere, von 6.000 Menschen geschützt, während die Tanklaster der PDVSA für die Benzinversorgung im Land abgefüllt werden und ausfahren. Andere Subunternehmen, die mit der gleichen Aufgabe betraut sind, verboten ihren Fahrern zur Arbeit zu gehen und stellen ihre Tanklaster nicht zur Verfügung. Bei Zuwiderhandlung droht Entlassung. Die Gewerkschaft der Tanklasterfahrer kündigte an die Versorgung der Hauptstadt sei zu 100% sicher gestellt, da 120 Fahrer regulär ihren Dienst leisten würden.
Die Vereinigung Seeleute der kolumbianischen Handelsmarine und Fischereiflotte Unimpescol bot mittlerweile der Regierung Chavez ihre Unterstützung an, um die sich verweigernden Kapitäne und Offiziere der Tanker und Handelsschiffe zu ersetzen. Bisher haben auch schon drei Kapitäne aus dem Ausland ihren Dienst auf venezolanischen Tankern angetreten. Bis auf die Kapitäne der Öltanker streikt allerdings niemand auf den Schiffen, in einigen Fällen "meuterte" sogar die Besatzung gegen den eigenen, die Arbeit verweigernden Kapitän.
Indes nehmen terroristische Aktionen der vermeintlich demokratischen Opposition stetig zu. Anwohner meldeten, dass oppositionelle Miltärs von der Plaza Altamira auf ein vorbeifahrendes Auto geschossen hätten. Oppositionelle haben einen Milchtransporter verbrannt. Andere wurden angehalten und die Milch abgelassen. Auf das Auto des Ministers für Land und Landwirtschaft wurde mehrmals geschossen, die Karosserie an der Stelle, an der er normalerweise sitzt, durchsiebt. Doch er hatte den Wagen wenige Minuten vorher verlassen. Ebenso wurden auf sein Büro im Ministerium mehrere Salven abgegeben. Dabei wurden zwei Personen verletzt. Im Nationalen Institut für Fluss- und Kanalschiffahrt brach wahrscheinlich durch Brandstiftung - ein Feuer aus. Und als am Dienstag morgen Unbekannte das Feuer auf den Personaleingang des Erziehungsministerium eröffneten, kam ein Angehöriger der Nationalgarde ums Leben, der sich in einem Auto davor befand.
Die Plaza Altamira, auf der sich seit Wochen die am Putsch beteiligten Militärs, unterstützt von einigen Hundert Anhängern, sammeln, war am Montag Abend leer. Die Galionsfiguren der Ultrarechten, vom Gewerkschafter Carlos Ortega bis zu den ptuschistischen Generälen, haben seit einigen Tagen keine öffentlichen Auftritte mehr gehabt. So wird bereits spekuliert sie würden versuchen das Land zu verlassen. Allein das Gerücht führte dazu, dass sich hunderte Anhänger der "bolivarianischen Revolution" zum Flughafen von Caracas begaben um dies zu verhindern.
Nach einer Woche tätlichen Angriffen und und Einschüchterungen gegen Anhänger der Revolution in den besser gestellten Stadtvierteln, scheint sich das Blatt so weit gewendet zu haben, dass es heute auch z.B. in San Antonio de Los Altos zu Kundegebungen für die Regierung kam.
Die Reaktion der Bevölkerung ist diesmal wesentlicher stärker und organisierter, als sie es noch beim vergangenen Putsch im April gewesen war. Zugleich hat die Kampagne der Opposition stets offenere rechtsradikale und rassistische Ausprägungen.
Doch die Armen, die am Dienstag, nach tagelangen bewaffneten Angriffen der Opposition auf ihre Wohngebiete, wieder begannen zu Zehntausenden von den Slums auf den Hängen rund um Caracas in die Hauptstadt zu kommen, um "ihre Regierung" zu verteidigen, sind diesmal zu allem entschlossen. "Wir wollten sehen wie weit sie gehen", so ein Demonstrant, "aber wenn sie Chavez stürzen, entfesseln sie einen Bürgerkrieg".
Präsident Hugo Chavez hat indes zur allgemeinen Mobilisierung der Bevölkerung gegen den erneuten Putschversuch aufgerufen. Im ganzen Land sind Millionen von Menschen unterwegs, demonstrieren ihre Unterstützung für die Regierung, besetzen Fabriken, schützen Institutionen und versuchen eine Eskalation zu verhindern.
Dennoch ist keine Entspannung angesagt, denn es ist unklar welchen Trumpf die Opposition noch aus dem Ärmel zieht. Sie haben alles auf eine Karte gesetzt und scheinbar verloren, das kann auch zu extremen Verzweiflungstaten führen.
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