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Updated: 18.12.2012 16:00 |
Der Wahlsieg gehört nicht Tabaré Was alle Umfragen schon gezeigt haben, ist Wirklichkeit geworden: nach über 120 Jahren Wechselspiel der beiden grossen bürgerlichen Parteien hat die Frente Amplio die uruguayischen Wahlen am 31.Oktober 2004 gewonnen: Nicht nur Tabaré Vazquez ist im ersten Wahlgang zum neuen Präsidenten Uruguays gewählt worden, die Frente hat auch in Senat und Parlament jeweils absolute Mehrheiten gewonnen - und die linken Strömungen innerhalb der Frente Amplio sind die stärksten Bestandteile geworden. Das gleichzeitige Referendum über Wassserprivatisierung ist auch bereits Indiz, in welche Richtung die UruguayerInnen gehen wollen: beinahe zwei Drittel lehnten die private Wasserversorgung ab. Ein Sieg, nicht einer Partei oder eines Parteienbündnisses - sondern einer Bewegung. Eine Bewegung, die die Mehrheit der Bevölkerung erfasst hat und deren Orientierung da lautet: Genug! Sowohl, was die ewigen politischen Manöver des bürgerlichen Lagers betrifft, als auch die neoliberalen Versuche, Uruguay als internationales Dienstleistungszentrum umzumodellieren. Eine Bewegung im übrigen, die 1986 anfing, als die beiden grossen Parteien gemeinsam gegen den Willen einer grossen Mehrheit, den kurz zuvor gestürzten Militärdiktatoren eine Amnestie schenkten. Zu verschiedenen Anlässen hatten bedeutende Mehrheiten in Uruguay in Volksabstimmungen diverse Privatisierungen abgelehnt, wofür mehrmals relativ breite Bewegungen entstanden, die meist vom Gewerkschaftsbund PIT-CNT beziehungsweise Teilen der Frente Amplio beeinflusst waren. Die Frente Amplio ihrerseits war 1971 gegründet worden, gerade mit diesem Ziel: die Vorherrschaft des "Zweierspiels" von Blancos und Colorados zu beenden - 1999 war Tabaré Vazquez in der Stichwahl gegen die Allianz der beiden noch knapp gescheitert. Alle Debatten darum, ob für die Frente Amplio gestimmt werden sollte oder nicht, wie sie in kleineren linken Parteien auch in Uruguay geführt wurden, haben sich im Sinne des Wahlsiegs als überflüssig gezeigt: Die Stimmung der breiten Mehrheit der Bevölkerung war eine Aufbruchstimmung. Wie in ganz Südamerika - etwa in Ecuador oder erst recht die PT in Brasilien - wurden auch der Frente neue Wahlprogramme "verpasst", die sich mit der bürgerlichen Gesellschaft decken. Es ist aber auch hier - mehr noch als anderswo - so, dass die Frente-Regierung, die von Beginn an als ein "Mitte-Links-Projekt" in den Wahlkampf eintrat, keineswegs völlig nach Belieben wird agieren können: Der Druck des Erwartungshorizonts ist gross, Gewerkschaften (auch wenn die PIT '"im Boot'" sitzt) und soziale Bewegungen haben auch innerhalb der Frente grossen Einfluss. Nicht umsonst ist etwa jeder 10. Einwohner von Montevideo in einer Frente Organisation (sehr oft aktives) Mitglied. Und, selbstverständlich: Je mehr "linke" Regierungen in Südamerika gewählt werden, desto offensichtlicher wird, dass das Standardargument, man dürfe sich international nicht isolieren, immer weniger wirksam ist: der Block wächst. Zudem gibt es die Grundsatzpositionen wesentlicher Organisationen wie eben des Gewerkschaftsbund PIT-CNT, der, trotz aller berechtigten Kritik an Versuchen, Debatten abzuwürgen, die Erfahrungen der Politik mit Regierungen wie der Lula-Koalition zumindest ein Stück weit verarbeitet und versucht, einigen Entwicklungen - vor allem der Zusammenarbeit mit dem IWF - Riegel vorzuschieben. Ein (ins Deutsche übersetzter) Beitrag von Hector Nunez (PIT Montevideo) |