letzte Änderung am 11. Sept. 2003 | |
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Weil es für ArbeiterInnen im Niedriglohnbereich wahrscheinlicher ist, vom Blitz getroffen als aufgefordert zu werden, einer Gewerkschaft beizutreten, konzentrieren sich inzwischen viele community-basierte Aktivitäten im Bereich Arbeit und Entlohnung auf die Organisierung von Beschäftigten außerhalb der Gewerkschaften. Zwar gibt es einige gewerkschaftliche Kampagnen, die auf ArbeiterInnen aus dem Niedriglohnsektor zugeschnitten sind, z.B. Justice for Janitors und das Gesundheitsprogramm der Service Employees Union, aber sie bilden immer noch die Ausnahme. Die Mehrzahl der legalen und illegalen ImmigrantInnen in den USA arbeiten heute in Niedriglohnjobs. Der Großteil schuftet im privaten Sektor: In Unternehmen, die seit ihren frühesten Anfängen gewerkschaftsfrei sind; in Industrien, die der gewerkschaftlichen Organisierung massive Barrieren in den Weg stellen.
Workers Centers als neuartige community-basierte Beschäftigtenorganisationen wollen die existierende Lücke schließen, indem sie versuchen, die Entlohnungsstandards zu heben und den Beschäftigten gleichzeitig eine Stimme in der Gesellschaft zu verleihen. Die meisten Zentren sind in Communities von Neueinwanderern entstanden, die im Niedriglohnsektor arbeiten. Einige wenige der neuen Organisationen sind Gewerkschaften bzw. mit einer lokalen oder internationalen Gewerkschaft assoziiert. Die Mehrheit jedoch hat mit Gewerkschaften nichts zu tun. Workers Centers sind meist von bescheidener Größe und konzentrieren sich mit ihren Aktivitäten auf die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in der eigenen Community.
Die Workers Centers für ImmigrantInnen verfolgen ihre Ziele anhand mehrerer Strategien:
Die Zentren entstehen in »Generationenwellen«, da sie immer dann am meisten gebraucht werden, wenn neu eingewanderte Gruppen eine Möglichkeit finden müssen, mit der US-Gesellschaft zu verhandeln.
In den späten siebziger und frühen achtziger Jahren haben AktivistInnen in älteren Einwanderer-Communi-ties die ersten Workers Centers im heutigen Sinne organisiert, so in New Yorks Chinatown, entlang der texanischen Grenze zu Mexiko und bei den chinesischen ImmigrantInnen in Oakland. Hierzu gehören unter anderen die Chinese Staff and Workers Association, La Mujer Obrera sowie die Asian Immigrant Workers Advocates (AIWA).
Neue Einwanderung aus bestimmten Regionen Mexikos und El Salvadors, aus anderen Ländern Zentral- und Südamerikas sowie aus Südostasien stieß in den späten achtziger und frühen neunziger Jahren eine zweite Welle der Entstehung neuer Workers Centers für ImmigrantInnen an; hier sind z.B. die Coalition for Humane Immigrant Rights und die Korean Immigrant Workers Advocats in Los Angeles, das Workplace Project in Long Island und das Tenants and Workers Support Committee in Virginia zu nennen.
Eine weitere Welle der Etablierung neuer Workers Centers begann in den letzten drei, vier Jahren zu rollen. Einige von ihnen sind mit dem National Interfaith Committee on Worker Justice verbunden. Außerdem arbeitet eine größere Anzahl dieser Zentren mit Gewerkschaften zusammen, als das bei den im Laufe der vorhergehenden Wellen entstandenen Zentren der Fall war. Beispiele sind das Restaurant Opportunities Center in New York, das Interfaith Worker Rights Center in Chicago, die Taxi Workers Alliance in New York, das Resource Center of the Americas in Minneapolis sowie die Casa Mexico in New York.
Die Workers Centers für ImmigrantInnen haben dynamische Organisationen geschaffen, die in vielen Fällen von den ArbeiterInnen selbst geführt werden. Für die Leute, die diese Zentren nun in Anspruch nehmen, hatte es vor deren Entstehung keine Anlaufstelle gegeben, an die sie sich mit Fragen oder Problemen im Zusammenhang mit ihrer Beschäftigung hätten wenden können. Die Workers Centers haben eine demokratische und partizipative Kultur begründet. Sie haben aus den eigenen Reihen starke AktivistInnen hervorgebracht und Bündnisstrukturen in der breiteren Community entwickelt. Sie haben konkreten Einfluss darauf genommen, wie die Presse über ImmigrantInnen berichtet und wie die breitere Öffentlichkeit die Probleme der Niedriglohnbeschäftigten wahrnimmt. Damit haben sie die Atmosphäre zum Besseren gewendet und die Debatte auf neue Füße gestellt. Die Workers Centers haben für tausende ArbeiterInnen die Zahlung ausstehender Löhne erreicht. Sie haben neue politische Leitlinien entworfen und mit Kampagnen für deren Durchsetzung gesorgt. Sie haben politische Projekte, deren Umsetzung die Probleme der ArbeiterInnen verschärft hätten, erfolgreich blockiert.
Dennoch gibt es leider noch immer zu wenige Workers Centers. Außerdem ist es den existierenden nicht gelungen, Mitgliedschaftsregularien zu entwickeln, die ihnen regelmäßige Beitragseinnahmen garantieren, so dass sie stets auf Finanzierungsquellen von außen angewiesen bleiben. Und nur sehr wenige Organisationen haben es bisher geschafft, die Beschäftigten so systematisch zu organisieren, dass umfassender ökonomischer Einfluss auf die Arbeitsmärkte möglich ist. Die größte Stärke der Workers Centers und ihrer Strategien der community-basierten Organisierung liegt momentan in der Fähigkeit, auf politischem Wege Einfluss in Beschäftigungsfragen zu erlangen; ihre größte Schwäche besteht allerdings gleichzeitig in der Unfähigkeit, dieses Ziel auf ökonomischem Wege zu erreichen.
Wer aber den mangelnden Einfluss der Workers Centers auf die Arbeitsmärkte beklagt, muss andererseits auch ihre Erfolge würdigen, die angesichts der Tatsache, dass sie über nur spärliche Ressourcen verfügen und ihnen eine regionale oder landesweite Infrastruktur fast völlig fehlt, dennoch beachtlich sind. Man könnte zwar einwenden, die Organisierung von ArbeiterInnen sei eher Aufgabe der Gewerkschaften, aber traurige Realität ist, dass diese sich kaum um die Organisierung eingewanderter Beschäftigter im Niedriglohnsektor kümmern. Und die wenigen, die es dennoch tun, verfügen angesichts des enormen ungedeckten Organisierungsbedarfs nicht einmal annähernd über genügende Ressourcen.
* Janice Fine arbeitet am Economic Policy Institute und organisiert Migranten seit über 20 Jahren.
Übersetzung: Anne Scheidhauer
(Quelle: Labor Notes, August 2003)
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