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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Landesweiter Solidaritätsprotest darf nicht Streik heissen... In der bisher größten gewerkschaftlichen Aktion in der jüngeren Geschichte der Türkei beteiligten sich quer durchs Land unzählige Menschen an den Solidaritätsaktionen mit den seit beinahe zwei Monaten kämpfenden Tekel-Belegschaften. Während die Bewegung zum Fokus für alle von der Privatisierungspolitik getroffenen Menschen wird, geht die Regierung zu offenen Drohungen über. Unsere aktuelle Materialsammlung "Landesweiter Solidaritätsprotest mit Tekel-Belegschaft" vom 05. Februar 2010. Landesweiter Solidaritätsprotest mit Tekel-Belegschaft Unter dem Titel "Turkey - GENERAL STRIKE!" gibt es am 04. Februar 2010 eine knappe, kontinuierlich fortgeschriebene Chronologie der Ereignisse beim türkischen LabourNet sendika.org. "Generalwiderstand gegen Erdogan - Türkeiweiter Solidaritätsstreik mit entlassenen Tabakarbeitern" heisst der Bericht von Nick Brauns vom 05. Februar 2010, hier wegen der Aktualität in voller Länge: Keiner oder alle. Alles oder nichts! Diese bei Arbeiterprotesten in der Türkei oft skandierte Zeile eines Bert Brecht-Gedichts wurde am Donnerstag zur materiellen Realität. Landesweit traten Werktätige in einen Solidaritätsstreik mit den seit 52 Tagen um ihre Arbeitsplätze kämpfenden Angestellten des staatlichen türkischen Tabakmonopols Tekel. Wir haben von unserem verfassungsmäßigem Recht Gebrauch gemacht, nicht zu arbeiten, erklärte Mustafa Kumlu. Der Vorsitzende der größten Gewerkschaftskonföderation der Türkei Türk-Is nannte den Streik eine ernste Warnung an die Regierung. Nach dem Verkauf der staatlichen Tabakfabriken an British American Tobacco hatte die islamisch-konservative AKP-Regierung die Schließung der landesweiten Tekel-Lager verfügt und den 12.000 Beschäftigten die Überführung in den sogenannten 4/C-Status aus zehnmonatlicher Kurzarbeit mit drastischen Gehaltseinbußen und dem Verlust sozialer Rechte angeboten. Die Tekel-Arbeiter nennen 4/C ein Versklavungsgesetz, und fordern stattdessen ihre Übernahme in andere staatliche Betriebe ohne Lohnverlust. Nachdem Verhandlungen mit Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan gescheitert waren, hatte Türk-Is am Dienstag gemeinsam mit den Gewerkschaftsföderationen DISK, KESK, Hak-Is und Kamu-Sen zu der gestrigen Arbeitsniederlegung aufgerufen, die von zahlreichen Berufsverbänden, Parteien und zivilgesellschaftlichen Organisationen unterstützt wurde. Da Arbeiter nach türkischen Gesetzen die Teilnahme an Solidaritätsstreiks verboten ist, sprechen die Gewerkschaften statt von einem Generalstreik von einer Generalaktion. Zehntausende Gewerkschafter demonstrierten in Städten wie Istanbul, Ankara, Izmir, Adana und Diyarbakir. Während in Izmir an der Ägäisküste das öffentliche Leben durch den Streik zu Erliegen kam, Bergleute in der Schwarzmeerprovinz Zonguldak die Arbeit ruhen ließen und im kurdischen Batman die Ölraffinerien stillstanden, blieb die Streikbeteiligung in Istanbul und Ankara gering. Die Bedeutung des in nur zwei Tagen vorbereiteten Streiks lag damit weniger in der Gesamtzahl der Streikenden als in seiner Landes- und Branchenweiten Ausdehnung. Selbst auf dem 5165 Meter hohen Berg Ararat hisste eine 20-köpfige Bergsteigergruppe ein Solidaritätstransparent. Wenn die Tekel-Arbeiter in der Kälte stehen müssen, gehen auch wir in die Kälte, erklärten die Sportler auf dem eisbedeckten Gipfel. Längst ist der beharrliche Kampf der Tekel-Arbeiter zu einem Fokus für alle Opfer der im Zuge der EU-Anpassung erfolgten neoliberalen Regierungspolitik geworden. Die Errungenschaften der Tekel-Arbeiter sind in Wirklichkeit eine Errungenschaft für das türkische Volk, erklärte der Präsident des sozialdemokratischen Gewerkschaftsdachverbandes DISK, Süleyman Celebi und nannte die Tekel-Arbeiter das Gewissen der Türkei. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan beschuldigte unterdessen die Tekel-Arbeiter, sich von extremistischen Kräften zum Kampf gegen die Regierung missbrauchen zu lassen. Sollten die illegalen? Proteste bis Monatsende nicht beendet, werde der Staat dagegen vorgehen. Vor Ort habe ich erfahren, wie wichtig gerade auch die internationale Solidarität für den Kampf der Tekel-Beschäftigten ist, erklärte die Sprecherin für Internationale Beziehungen der Fraktion DIE LINKE, Sevim Dagdelen in Ankara und forderte die türkische Regierung auf, die Forderungen der Streikenden zu erfüllen. ." "Thursday's strike ineffective, gov't stands firm on Tekel issue" heisst im krassen Gegensatz dazu der Bericht der konservativen Zeitung, die vor dem Streik vor allem Unternehmer zu Wort kommen liess und danach die Interpretation der Regierung verbreitet. "Millions of People Stop Work for Tekel Workers" berichten dagegen Tolga Korkut und Bawer Çakir im englischen bianet am 04. Februar 2010 und lassen die Vertreter verschiedener Gewerkschaftsföderationen zu Wort kommen. In dem Bericht "Workers go on one-day strike as government reacts" bei Hürriyet vom 04. Februar 2010 wird neben der harschen Reaktion der Regierung vor allem darüber berichtet, dass im Gegensatz zu vielen bisherigen Aktionen und zu den aktuellen Erwartungen nicht der öffentliche Dienst - obwohl dort auch massive Aktionen stattfanden - sondern die Industrie am meisten bestreikt wurde, von Antalya bis Zonguldak. Ebenfalls bei Hürriyet der Bericht "Thousands in Istanbul rally in support of Tekel workers" in dem neben der Solidemonstration auch über die Tatsache berichtet wird, dass am Flughafen Istanbul nicht gestreikt wurde, weil die Betriebsleitung eine massive Einschüchterungskampagne organisierte. Solidarität in der BRD "Solidarität mit Tekel wächst" heisst der Bericht von Peter Nowak im Neuen Deutschland vom 05. Februar 2010, der über die Soliaktion in Berlin berichtet. Ihre "Solidarität mit Generalstreik in der Türkei" erklärte die Bochumer Bundestagsabgeordnete der Linksfraktion Sevim Dagdelen am 04. Februar 2010 u.a. bei Bochum Alternativ. "Am 52. Streiktag der Tekel-Arbeiter haben sich mehrere hunderttausend Arbeiter aus verschieden Bereichen mit einem eintägigen Generalstreik ihre Solidaritat mit den Tekel-Arbeitern bekundet. Der Generalstreik, zu dem mehrere gewerkschaftliche Dachverbände aufgerufen hatten, zeigte ihre Wirkung in der ganzen Türkei. Besonders stark war die Teilnahme in den Städten Izmir, Istanbul und Ankara. Auch im Osten des Landes, wie z.B. in Diyarbakir, Gaziantep, Adana und Mersin wurden größere Aktionen gemeldet. Der Ministerpräsident Tayyip Erdogan erklärte den Generalstreik zu einer illegalen Aktion und drohte den Demonstranten mit gesetzlichen Konsequenzen, darüber hinaus rief er die Tekel-Arbeiter zur Aufgabe auf. Falls das bis Ende diesen Monats nicht geschehen sollte, würden die Polizeieinheiten den Platz vor dem Türk-Is-Zentrale mit Gewalt räumen" - heisst es in der Solidaritätserklärung der DIDF vom 04. Februar 2010. Zusammengestellt von hrw |