Rap und TEKEL KAMPF

Interview von Suphi Toprak mit Lea Won vom 12.03.2010

1. Wer sind die Künstler, die diesen Song gemacht haben?

Topfchopf kenne ich seit dem 1. mai 2004, als ich in zürich, wo er lebt, ein konzert im rahmen der proteste spielen sollte. er rappt auf schweizer-deutsch und macht zu unterschiedlichen Ereignissen aufklärerische, politische Songs, z. B. im Hinblick auf die Islam-Debatte in der Schweiz, den Krieg in Afghanistan oder die Wirtschaftskrise. Ansonsten behandelt er aber auch andere soziale Themen und persönliche Stimmungen in seinen Liedern. EXXIL kenne ich aus München von den Auftritten, die er dort mit seiner Band GUERILLA SYSTEM hat, und über einen gemeinsamen Freund. GUERILLA SYSTEM rappen auf ihren eigenen Songs auf Deutsch und thematisieren ihr Leben, ihre Gefühle und Fragen, die sie sich in Bezug auf die Weltpolitik stellen oder von denen sie den Eindruck haben, dass diese in den bürgerlichen Medien zu wenig widergespiegelt werden.

2. Rap ist eine sich noch entwickelnde Musikrichtung in der Türkei? Viele jugendlichen interessieren sich aber für Rap. Was ist aber eigentlich Rap?

Rap entstand ursprünglich in New York Ende der 1970er Jahre, nachdem die DJ-Kultur von Reggae-Soundsystems aus Jamaika importiert wurde. Das Konzept war, Parties öffentlich und unkommerziell in den Ghettos New Yorks auf der Straße zu feiern, spontan und direkt. DJs reihten Liedstellen aneinander, die musikalisch sehr reduziert waren, um die Spannung aufzubauen, und diese ruhigeren Liedstellen benutzten Moderatoren dazu, die Menge anzuheizen. Diese Moderatoren wurden zu MCs/Rappern, die später immer mehr eigene Texte rappten und nicht mehr nur unterhielten, sondern auch über ihr Leben und die Missstände in ihren Gegenden berichteten. Aus der Geschichte heraus kann Rap-Musik also jede Musik sein, die sich zu eigen gemacht wird, um sie zu benutzen, in rhythmischer Art Reime über die Musik zu sprechen. Damals waren Funk- und Disko-Musik die Unterlage. Heute kann das ganz verschiedene Formen annehmen, egal ob mit modernen Computertechniken, Live-Musiker(inne)n oder mit dem Benutzen und Entfremden von Original-Musik anderer Musiker/innen, die man zu eigenen Werken zusammenbastelt, so wie ich es mit den Liedern gemacht habe, die wir für den TEKEL-Soli-Song benutzten.

3. Rap wird von junge Arbeiter und Arbeiterinnen, Migranten und Migrantinnen gesungen. Was ist hier die Beziehung?

Wie schon weiter oben beschrieben ist Rap eine sehr direkte Art und Weise, sich auszudrücken. Der Vorteil ist, dass man rappen kann, ohne eine musikalische Ausbildung zu brauchen, die oft nur mit reichen Eltern möglich ist, die sich Musikunterricht für ihre Kinder leisten können. Jeder und jede kann sich einen eigenen Text ausdenken und diesen über fremde Musik sprechen. Zu sprechen anstatt zu singen ist kompromissloser. Man gibt sich keine Musik, "schön" und harmonisch zu klingen, sondern jeder und jede spricht, wie er oder sie will, mit den eigenen Worten, mit dem eigenen Akzent und aus der eigenen Perspektive. Das birgt eben für Menschen, die sich in sozialen Situationen empfinden, in denen viel Druck auf ihnen lastet, eine gute Möglichkeit, diesem Druck Luft zu machen, sich von den Gedanken und Sorgen zu befreien oder diese anderen mitzuteilen.

Für Deutschland gilt vielleicht auch, dass sich junge Migranten und Migrantinnen mit den Ghettobewohnern und -bewohnerinnen in den USA identifizieren können, weil sie auf ähnliche Art und Weise Ausgrenzung erfahren.

4. Du hast öfter auch Songs gegen Faschismus, Krieg, Arbeitslosigkeit geschrieben. Was ist die Brücke zwischen Rappen und TEKEL Kampf.

Musik spiegelt Emotionen wider. Auch mit wenigen Worten kann jemand, der/die singt, schon viel sagen, auf poetische Weise. Trotzdem können wir, wenn wir rappen, natürlich noch mehr einzelne Informationen verpacken und loswerden, als wenn wir langsam singen würden und weniger Worte benutzen. Außerdem ist Rap ein gutes Mittel, um Agressionen, Wut und Hunger spürbar zu machen, weil wir eben direkt sprechen, ohne Umwege. Die rhythmische Geschwindigkeit kann vielleicht auch den Stress und Druck widerspiegeln oder die Hektik. Ansonsten könnten natürlich auch Menschen über den TEKEL-Kampf ein normales, gesungenes Lied machen. Nur, dann bräuchte man wieder mehr Zeit und mehr Leute, die sich zusammenfinden, ein Lied mit vielen Instrumenten aufzunehmen. So konnten wir als Rapper aber spontan reagieren, mussten nicht erst andere Leute zusammenholen, sondern selbst etwas schreiben und durch die Übernahme der türkischen/kurdischen Musik auch eine Verbindung zu den Menschen in der Türkei verdeutlichen und die Tradition anderer Protestlieder in unsere aktuelle Version mit integrieren.

Links:

www.myspace.com/kramatik84

www.Lea-Won.net

www.myspace.com/exxil

www.myspace.com/topfchopf