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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Panzerwagen gegen Arbeiter Internationaler Gewerkschaftsbund ruft zur Solidarität mit türkischen Kollegen auf Artikel von Nick Brauns, zuerst erschienen in der jungen Welt vom 31.05.2011 Wegen ihrer Teilnahme an einer Demonstration hat die türkische Regierung eine Massenklage gegen 111 Gewerkschafter initiiert. Die Staatsanwaltschaft fordert in dem am 3. Juni in Ankara beginnenden Prozeß Haftstrafen bis zu fünf Jahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz und Gefährdung der öffentlichen Ordnung. Zu den Angeklagten gehören der Vorsitzende und der Generalsekretär der Lebensmittelarbeitergewerkschaft Tekgida-Is, Mustafa Türkel und Meci Amac, der ehemalige Vorsitzende des Gewerkschaftsdachverbandes DISK Süleyman Celebi, der ehemalige Vorsitzende der Gewerkschaftsföderation des öffentlichen Dienstes KESK Sami Evren, die Vorsitzenden mehrerer Einzelgewerkschaften sowie zahlreiche weitere gewerkschaftliche und soziale Aktivisten. Hintergrund der Anklage war der monatelange Kampf von 12000 Arbeitern des staatlichen Tabak-Monopols Tekel im Winter 2009/2010 gegen ihre drohende Entlassung im Zuge der Privatisierung oder Überführung in den rechtlosen Leiharbeiterstatus 4/C. Nachdem ein Gericht den Tekel-Arbeitern eine mehrmonatige Lohnfortzahlung zugestand, hatte die Gewerkschaft im März 2010 nach 78 Tagen das Streikcamp in der Innenstadt von Ankara als »Zeichen des guten Willens« aufgelöst. Da die Regierung den Tekel-Arbeitern weiterhin kein Angebot über eine gleichwertige Weiterbeschäftigung machte, mobilisierten mehrere Gewerkschaftsverbände am 1. April 2010 zu einer Großdemonstration nach Ankara. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete diesen Protest als »illegal«, der Gouverneur von Ankara verbot die Demonstration als »Sicherheitsrisiko«. In der türkischen Hauptstadt herrschte zwei Tage lang Ausnahmezustand. Mit Panzerwagen und Gasgranaten griff die Polizei Gewerkschafter und Mitglieder sozialistischer Parteien an, die dennoch auf die Straße gingen. Auf Weisung des Innenministeriums wurde zudem der bei einer Bank in Ankara eingerichtete Solidaritätsfonds mit dem Kampf bei Tekel, in dem sich rund 80000 Euro Spenden türkischer und ausländischer Arbeiter und Gewerkschaften befinden, bis heute eingefroren. Nachdem ein mittlerweile mit regierungsnahen Richtern besetztes Gericht ein Jahr nach Ende des Tekel-Streiks die Überführung der Arbeiter in den 4/C-Status für rechtens erklärte, folgt nun die Anklage gegen die Organisatoren der verbotenen Solidaritätsdemonstration. »Mit den Anklagen soll die Arbeiterbewegung in der Türkei gelähmt werden, indem Protestaktionen zur Verteidigung von Beschäftigungs- und Sozialrechten kriminalisiert werden«, heißt es in einem Solidaritätsaufruf des internationale Dachverbandes von Lebensmittelarbeitergewerkschaften IUL. Obwohl die Türkei Abkommen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO über das Recht auf Vereinigung und kollektive Tarifverträge unterzeichnet hat, werden gewerkschaftliche Rechte durch Gesetze, die vielfach noch auf die Militärdiktatur zurückgehen, erheblich eingeschränkt. Siehe dazu: Türkei kriminalisiert Gewerkschaftsaktion durch Massenanklagen von Gewerkschaftsführern -Handelt jetzt ! um die Gewerkschaftsrechte zu verteidigen , bei der IUL
- Die Internationale Union der Lebensmittel-, Landwirtschafts-, Hotel-, Restaurant-, Catering-, Tabak- und anverwandter Arbeitnehmerverbände |