letzte Änderung am 05. Dez 2002 | |
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Die Regierung der Arena-Partei in El Salvador, die durch ihre engen Verknüpfungen mit der Armee und den paramilitärischen Massenmördern der 80er Jahre einige Erfahrungen mit staatlichem Terror hat, setzt zunehmend auf Repression gegen Streiks und Protestbewegungen: Am Mittwoch und Donnerstag, 27./28.11.2002, wurden TeilnehmerInnen von Demonstrationen und Besetzungen von der Polizei massiv mit Tränengas und Knüppeln angegriffen - mehr als 35 Menschen wurden dabei schwer verletzt und 14 Menschen wurden verhaftet.
In El Salvador gehen seit Monaten Hunderttausende Menschen auf die Strasse, um gegen die vom IMF verordneten und von der rechtsextremen Arena-Regierung bereitwillig durchgezogenen Privatisierungen und die begleitende Repression - Entlassungen von GewerkschafterInnen und Angriffe auf politische AktivistInnen - zu protestieren.
Dommino-Effekt: Begonnen hat die aktuelle Welle des Widerstandes im September dieses Jahres mit vereinzelten Streiks in Krankenhäusern und Kliniken - nach und nach breiteten sich diese im gesamten öffentlichen Gesundheitsbereich El Salvadors aus. Sowohl Pflegebedienstete als auch die ÄrztInnen des staatlichen Sozialversicherungsinstituts ISS beteiligten sich an den ersten Warnstreiks, bei denen verbesserte Arbeitsbedingungen und ein Ende der Kündigungen infolge von Privatisierungen gefordert wurde. (Lateinamerika Nachrichten 341, Nov.02)
Nachdem 30 Mitglieder der ÄrztInnen-Gewerkschaft STISSS gefeuert wurden, rief die Gewerkschaft am 18.9. den unbefristeten Streik aus - zahlreiche AktivistInnen von STISS und einer weiteren ÄrztInnen-Gewerkschaft, SIMETRISS, waren in der Folge massiver Repression durch Angriffe der Polizei auf Spitäler und weiteren Entlassungen ausgesetzt - mehrfach wurde das Innere von Spitälern mit Tränengas eingenebelt, so auch bei den Übergriffen von letzter Woche, bei denen dadurch zahlreiche Menschen Vergiftungen davontrugen. 35 streikende ÄrztInnen und ihre Familien erhielten bereits Todesdrohungen. (http://www.cispes.org/english/Updates_and_Analysis/chronology.html)
Am 9.10. legte Präsident Flores (Arena) sein Veto gegen ein im Parlament auf Initiative der FMLN (Frente Farabundo Marti de Liberacion Nacional) und der Gewerkschaften eingebrachtes Gesetz ein, das die Privatisierung von öffentlichen Diensten nur nach Zustimmung durch das Parlament erlaubt ˆ
Mitte Oktober verkündete Flores seinen Plan zur Privatisierung der ISSS, den er bis dahin immer geleugnet hatte. Der Plan von Flores ist eng an das `Modell Chile´ angelehnt, also die unter dem Pinochet-Faschismus unter Anleitung von US-Ökonomen (`Chicago Boys´) weitgehend durchgesetzte Zerschlagung des öffentlichen Gesundheitswesens, nach dem Motto `Zahl oder stirb´. (eine Analyse des `Modells Chile´ findet sich in der ila 253 - http://www.ila-web.de/artikel/253chile.htm )
Es folgten zahlreiche Massendemos, an denen sich ÄrztInnen, PflegerInnen, PatientInnen und SympathisantInnen beteiligten. Die Proteste wurden von AktivistInnen der sozialen Bewegungen, Frauenorganisationen, Gewerkschaften und StudentInnen und auch von der FMLN mehrheitlich unterstützt - so gingen am 16.10. in San Salvador 50.000 Menschen, am 23.10. bereits mehr als 200.000 Menschen gegen Privatisierungen und gegen die repressive Politik der Regierung auf die Strasse. (http://www.cispes.org/english/Updates_and_Analysis/updates.html - cispes-updates 21.10. & 24.10.02)
Die Proteste richten sich ebenso gegen die zahlreichen Projekte der kapitalistischen Zentren, den gesamten Kontinent zur weltweit grössten Freihandelszone zu machen - gegen die vor allem von der US-Regierung gepushte ALCA, CAFTA (zentralamerikanische Freihandelszone) und den Plan Puebla Panama. Am 12.10, einem landesweiten Widerstandstag, beteiligten sich 13.000 Menschen in ganz El Salvador an den dezentralen Mobilisierungen gegen diese Freihandelsprojekte, dabei wurden zahlreiche Strassen, Brücken
und Grenzübergänge blockiert. (http://www.cispes.org/english/Communiques_-_Action_Alerts/oct12.html)
Die Regierung Flores zeigte sich lange unnachgiebig und stellt die Protestbewegung als Teil einer politischen Kampagne der oppositionellen FMLN dar. Gleichzeitig versucht die rechtsextreme Arena-Regierung sowohl die FMLN als auch die Protestbewegung zu kriminalisieren und schmeisst mit Terrorismus-´Vorwürfen nur so um sich. (cispes-update 6.11.02) Apropos Terror: Neben der Androhung von Verhaftungen gegen GewerkschaftsaktivistInnen, Todesdrohungen von paramilitärischen Gruppen und Polizeiangriffen auf Demos liess die Regierung auch Truppen in den bestreikten Krankenhäusern aufstellen, was Erinnerungen an die blutige
Aufstandsbekämpfung der 70er und 80er Jahre wieder wach werden lässt. Selbst die regierungsnahe Staatsanwältin zur Verteidigung der Menschenrechte kommentierte, dass `jeder Todesfall infolge des Streiks in der Verantwortung des Staates´ liege. (cispes-updates 27.9. & 1.10.02)
Erst Anfang November gab Präsident Flores dem Druck der Protestbewegung zumindest scheinbar nach und traf sich zu direkten Gesprächen mit AktivistInnen der Gewerkschaften - ohne Ergebnis. Stattdessen präsentierte Flores daraufhin dem Parlament eine abgeänderte Version des von FMLN und Gewerkschaften vorgelegten Gesetzesentwurfes zum Verbot von Privatisierungen von Diensten im Gesundheitswesen - ein solches Privatisierungsverbot sollte damit faktisch umgangen werden. Als Reaktion darauf gingen am 8.11. wieder Hundertausende Menschen in der Hauptstadt auf die Strasse. Schliesslich scheiterte Flores mit seinem Gesetzesvorschlag: Am 14.11. stimmte im Parlament eine Mehrheit für die von FMLN und Gewerkschaften eingebrachte Originalfassung des Dekrets - womit in El Salvador die Privatisierung von Diensten im Gesundheitswesen gesetzlich nicht zulässig ist und sich der Staat zu einer Gesundheitsversorgung für alle verpflichtet. (cispes-update 15.11.02)
Auf einer Versammlung vor mehreren Tausend Menschen, die diesen Gesetzesbeschluss feierten, erklärte Ricardo Monge, der Generalsekretär von STISS, dass der Kampf trotz dieses `historischen Sieges´ lange nicht vorbei sei und forderte die Wiedereinstellung aller gefeuerten GewerkschafterInnen und die Fortsetzung der Proteste gegen CAFTA. Gleichzeitig rief er zur Solidarität mit den ebenfalls seit längerem streikenden ArbeiterInnen in der Elektrizitätswirtschaft auf. Deren Gewerkschaft STSEL rief am 12.11. den Streik gegen die Privatisierung der Energiewirtschaft und die illegalen Entlassungen von GewerkschafterInnen aus. Drei gefeuerte AktivistInnen von STSEL waren aus diesem Grund für mehrere Wochen in den Hungerstreik getreten. (cispes-update 12.11.02)
Im Zusammenhang mit dem breiten Widerstand in El Salvador steht auch die staatliche Repression der letzten Wochen. Am 14.11., also dem Tag, an dem das Gesetz im Parlament beschlossen wurde, eröffnete eine `unbekannte Person´ das Feuer auf das Haus von Gisela Cáceres, eine Aktivistin der FMLN-Jugendorganisation, die sich an den Mobilisierungen der Proteste beteiligt hatte. (cispes-update 14.11.02) Einen Tag später stürmten 5 vermummte und bewaffnete Männer das Haus des STISS-Generalsekretärs Ricardo Monge, bedrohten seine Familie und nahmen zahlreiche interne Dokumente mit sich. (cispes-action alert 19.11.02)
CISPES ˆ committee in solidarity with the people of el salvador
http://www.cispes.org
Von: "piquetero luchamos" <piquetero_resistencia@hotmail.com>
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