Home > Internationales > Rumänien> constanta2 | |
Updated: 18.12.2012 15:51 |
Der Streik im Hafen von Constanta geht weiter Der am 17. Juli begonnene Streik im Constanta-South-Container-Terminal (CSCT) geht bereits in die zweite Woche. Die Geschäftsführung von DP World scheint ihn ignorieren zu wollen. Im rumänischen Fernsehen und in der internationalen Presse wird er totgeschwiegen. Auch wenn unter den 500 streikenden Hafenarbeitern Besorgnis aufkommt, dass der Kampf länger dauert und sich damit ihr Lohnausfall erhöht, ist die große Mehrheit entschlossen, nicht aufzugeben, bis ihre Forderungen erfüllt sind. Der Druck nimmt mit jedem Streiktag zu Täglich versammeln sich einige Hundert Streikposten halb sieben Uhr morgens vor dem Tor zum Terminal. Täglich wird mehrmals ein großer Topf mit Kaffee aus der Kantine herangeschafft. Täglich warten die Streikenden auf eine Reaktion der Geschäftsführung. Doch das Management von DP World scheint den Streik ignorieren zu wollen. Seit den letzten Verhandlungen am vergangenen Freitag gab es ihrerseits keine weitere Reaktionen. Bis auf einen kleinen Zwischenfall: Montagabend wurde die Polizei gerufen, die die Streikenden wegen öffentlicher Ruhestörung ermahnen sollte. Das Trommeln auf einem rostigen Fass würde zuviel Lärm verursachen. Die Streifenpolizisten sahen jedoch keinen Anlass für eine Anzeige und zogen wieder ab. Am nächsten Tag brachten die Streikenden vier Fässer mit und trommelten ohne Pause in ohrenbetäubender Lautstärke. Bis auf einige wenige Pressemitteiligungen, vor allem in den Regionalzeitungen, wird kaum über den Streik berichtet. Der führende Nachrichten-TV-Sender Realitatea war am Dienstag vor Ort und hat einen Beitrag gedreht, der in den Mittagsnachrichten lief und dann aber wieder aus dem Programm genommen wurde. Die anderen großen Fernsehanstalten, TVR , Antenna1 , ProTV , berichten stattdessen ausführlich vom Wochenendstau entlang der Schwarzmeerküste. Mit jedem Streiktag wächst der Druck auf das Management. Bereits am Montag lagen sechs Schiffe, jedes mit 4000 - 7000 Containern beladen, vor Anker und warteten darauf, dass im Terminal die Arbeit wieder aufgenommen wird. Bis zum 24. Juli soll die Ladung von insgesamt achtzehn Containerschiffen umgeschlagen oder gelöscht werden. Zwei Schiffe wurden zur Löschung in die Türkei geschickt, aber vergeblich. Die itf (International Transport Workers Federation) rief in anderen Häfen dazu auf, die Schiffe aus Constanta nicht anzunehmen. Ein Gewerkschaftssprecher der FNSP zitiert die Antwort von Hafenarbeitern aus Istanbul: "Besser ihr gebt den Hafenarbeitern in Constanta, was sie fordern. Wir machen die Arbeit, die ihr verlangt, auch nicht günstiger." [1] In der Dawoo-Werft in Mangalia, 40 Kilometer südlich von Constanta gelegen, soll ein neues Schiff vom Stapel gehen - es kann aber nicht fertig gestellt werden, da ein wichtiges Bauteil im bestreikten Containerterminal festliegt. Coca Cola wartet auf eine dringende Lieferung PVC-Granulat zur Herstellung von Plastikflaschen. Einem neuen Baumarkt und unzähligen kleinen Händlern in Constanta geht die Ware aus. Und das Stahlwerk in Galati ist auf per Schiff aus China importierte Materialen angewiesen. Die Geschäftsführung von DP World hofft offenbar darauf, dass der Streik vor Gericht für illegal erklärt und suspendiert wird. Die rechtlichen Hürden für einen legalen Streik sind hoch: mehrfach gescheiterte Tarifverhandlungen, Streiklisten mit den Unterschriften der am Streik Teilnehmenden (mindestens 51 Prozent der Belegschaft), ein zweistündiger Warnstreik, danach eine Fünf-Tage-Frist, bevor ein unbefristeter Streik begonnen werden darf; der muss wiederum 48 Stunden vorher der Geschäftsführung mitgeteilt werden. Die Streikenden dürfen, sofern sie nicht ausgesperrt werden, während des Streiks nicht ihren Arbeitsplatz verlassen. - Die Unternehmen hoffen darauf, dass den Gewerkschaften irgendwo ein Fehler unterläuft. Mit einer ähnlichen Taktik hatte die Geschäftsführung von Dacia-Renault im Frühjahr versucht, den Streik im Autowerk von Pitesti zu unterbinden, jedoch ohne Erfolg. Der Streik im Stahlwerk von ArcelorMittal Galati dagegen wurde vom Gericht suspendiert, "da er die Sicherheit von Leben gefährdete." Über den Streik im Containerterminal von DP World will das Gericht am 30. Juli entscheiden. Das Warten auf eine Reaktion und die Ungewissheit über den Ausgang des Streiks sind zermürbend. Doch die Streikenden von DP World wollen sich nicht einschüchtern lassen. Täglich ertönt das ohrenbetäubende Trommeln auf den Fässern. "Weißt du, nach einem Streiktag steht vielleicht noch auf der Kippe, ob alle mitziehen. Aber jetzt ist es schon der siebente Tag, jetzt heißt es für uns nur noch: entweder - oder." Für kommenden Freitag hat der rumänische Gewerkschaftsverband FNSP zu einem zweistündigen Solidaritätsstreik im Hafen von Constanta aufgerufen. Acht Gewerkschaften und etwa 1500 Arbeiter wollen sich dem anschließen. Ana Cosel, 24. Juli 2008 Kontakt: ana.cosel[at]web.de Anmerkungen: DP World (Dubay Port World) ist eine der führenden Hafengesellschaften und betreibt Containerterminals an über 50 Standorten weltweit. Siehe dazu auch bei Wikipedia (engl): http://en.wikipedia.org/wiki/DP_World Entwicklung des Containeraufkommens im Hafen von Constanta: 85 Prozent des gesamten Containeraufkommens im Hafen von Constanta werden im Terminal von DP World umgeschlagen oder gelöscht. Da kein weiterer Hafen im Schwarzen Meer über die erforderliche Wassertiefe verfügt, werden zwei Drittel der Container auf kleinere Schiffe umgeschlagen. Ein Teil davon ist für die Binnenschifffahrt die Donau hinauf bestimmt. Ein Drittel des Containeraufkommens wird per LKW oder Bahn ins Landesinnere transportiert. TEU =Twenty Foot Equivalent Unit (Containereinheit) Quellen: http://www.skyscrapercity.com/showthread.php?t=541613 http://www.ameinfo.com/130417.html http://www.romanialibera.ro/a111113/perspective-europene-pentru-portul-constanta.html (1) Artikel der Tageszeitung "Ziarul Lumina" vom 21.07.08 (Onlineausgabe). |