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Updated: 18.12.2012 16:00
Aktuelle Meldungen im neuen LabourNet Germany

Zahlreiche Proteste gegen das neue Arbeitsgesetz

Tausende Leute waren in der vergangenen Woche in Rumänien auf der Strasse und forderten den Rücktritt der Regierung sowie einen landesweiten Generalstreik.

Im folgenden eine Zusammenfassung verschiedener Artikel aus der rumänischen Tagespresse (Adevarul-Online und Evenimentul Zilei im Zeitraum zwischen 11.03 und 22.03.).

Am Montag, den 14.03.2005 gab es in allen wichtigen rumänischen Städten - Bukarest, Cluj, Brasov, Arad und Vaslui (siehe Michelin-Streik) - Großdemonstrationen mit jeweils mehreren Tausend Leuten. Alleine in Arad, einer Stadt im westlichen Banat mit 300.000 EinwohnerInnen waren nach Schätzungen der Presse 5.000 Leute auf der Straße. Die Leute waren wütend auf die nichteingehaltenen Wahlversprechen der neuen Regierung und riefen laut und immer wieder "Nieder mit der Regierung!", "Ihr habt uns Milch und Honig versprochen und gebt uns die Kündigung!" - Letzteres bezieht sich auf die erste gesetzliche Neuregelung unter der Regierung
von Basescu, nämlich Änderungen im Arbeitsgesetz (/codul muncii/) vorzunehmen. Unter anderem betrifft das die Regelungen zu Kündigungen, die z.T. ohne Nennung eines Grundes ausgesprochen werden können; außerdem werden befristete Arbeitsverträge gesetzlich möglich, die reguläre Arbeitszeit soll auf 48 Stunden pro Woche ausgeweitet werden und Überstunden ohne Einwilligung der ArbeiterInnen angeordnet werden können. Interessant war auch die Anmerkung in einem Leitartikel des Adevarul, dass Änderungen des Gesetzes schon in den vergangenen Jahren
vorgenommen wurden. Die Regierung unter der PSD hat sich aber immer darum bemüht, sowohl Unternehmer als auch Gewerkschaften zufrieden zu stellen. Zum Beispiel ist es seit zwei Jahren per Gesetz verboten, dass die Zahlung von Nachtarbeitszuschlägen von Unternehmen verweigert wird, anstehender Urlaub nicht genehmigt wird oder Überstunden über die maximale Anzahl hinaus verlangt werden. Genau das ist nämlich weitverbreitete Praxis und würde gerichtlich nicht geahndet werden. Bei Klagen dagegen würden sich die gerichtlichen Prozesse über Jahre
hinziehen und die Kosten der Arbeiter/ die Arbeiterin tragen müssen. "Sie haben den Gewerkschaftern das Gesetz ihres Wunsches geliefert und den Unternehmern freie Hand gelassen, das zu machen, was sie wollen." so der Artikel.

Die Wut war aber nicht nur in Arad zu spüren, sondern auch in allen anderen Städten, in denen Demonstrationen stadtfanden. Vielerorts wurde neben der Forderung "Nieder mit der Regierung" auch der Ruf nach einem sofortigen Generalstreik laut.

Schon am vergangenen Samstag waren landesweit insgesamt 30.000 Leute auf der Straße. Montag etwa noch mal so viele. Organisiert wurden diese Demonstrationen von allen großen Gewerkschaften. Aber in den Zeitungsberichten wird auch gesagt, dass viele Leute aus der "privaten" Wirtschaft dabei waren - diese sind selten Gewerkschaftsmitglieder, denn die etablierten Gewerkschaften haben nur in den (ehemaligen) Staatsbetrieben ihre Basis. Zur Zeit mobilisieren die Gewerkschaften zum Euromeating in Brüssel.

Seit dem Umsturz 1989 gab es keine Demonstrationen mehr in Rumänien, die dieses Ausmaß [und diese Schärfe erreicht] hätten.

Weiter zu den landesweiten Protesten gegen das neue Arbeitsgesetz:

Am Mittwoch, den 16.03.2005 waren nochmal schätzungsweise 7.000 Leute in Contanza auf der Strasse und forderten den Rücktritt der Regierung sowie einen landesweiten Generalstreik.

TransportarbeiterInnen protestieren und fordern sofortigen Generalstreik

Bereits am Donnerstag, den 10.03. waren etwa 5.000 ArbeiterInnen aus dem Transportsektor (von Bahn-, Bus-, Metro-, von Flug- und Schifffahrtsunternehmen) in der rumänischen Hauptstadt Bukarest auf der Strasse. Auch hier richtete sich der Protest schon gegen die anstehende
Änderung des Arbeitsgesetzes, die vor allem für ArbeiterInnen in den staatlichen Betrieben einschneidende Verschlechterungen bringen. Organisiert wurde der Protest auch hier von den wichtigsten Gewerkschaftsverbänden. Für die Eisenbahner der CFR läuft am 31.3. der alte Tarifvetrag aus. Verhandlungen für einen neuen stehen noch nicht an. Mit der Einführung des neuen Arbeitsgesetzes befürchten die Eisenbahner und ihre Kollegen in anderen Transportbereichen die im Tarifvertrag verankerten Rechte, wie z.B. Tariflöhne, Urlaubsgeld u.a.
zu verlieren. "Seit drei Monaten bekommen wir keine Essenmarken mehr ausgezahlt." Sagt ein Gewerkschaftsführer. "Wenn das neue Arbeitsgesetz eingeführt wird, werden wir alle gezwungen sein, schwarz zu arbeiten, um über die Runden zu kommen." Mit den neuen gesetzlichen Regelungen befürchten sie einen massiven Stellenabbau im Transportsektor und gleichzeitig starke Lohneinbußen für diejenigen, die bleiben."

Die Gewerkschaften prüfen dem Presseartikel nach die Möglichkeit, einen Generalstreik im gesamten Transportsektor auszuführen.

(zum Streik der Eisenbahner im März 2004 und zur Rolle der Gewerkschaften darin sowie Bedeutung der Essenmarken als Lohnbestandteil siehe auch "Es rumort in Rumänien" Wildcat #70- Nur in der Printausgabe erhältlich; Anm. der Redaktion)


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