Home > Internationales > Paraguay > putschreload | |
Updated: 18.12.2012 15:51 |
Ein legaler Putsch - triumphiert der Mummenschanz? Die beiden Kammern des paraguayischen Parlaments haben Präsident Lugo abgesetzt - ein Putsch im Stile jenes von Honduras 2009, mit legalem Anstrich. Gründe, Hintergründe und Reaktionen der Volksbewegungen versuchen wir in der kommentierten Materialsammlung "Putschzeitalter reloaded?" vom 26. Juni 2012 zusammen zu fassen. Partner oder Putschisten? Unter der Überschrift "Tragische Woche in Paraguay" gibt es bei Correos de las Americas am 22. Juni 2012, am Tag der Absetzung also, eine Übersetzung eines Artikels von Javiera Rulli und Reto Sonderegger, der die Ereignisse von der Konfrontation zwischen Landlosen und Polizei bis zur Absetzung Lugos überblickartig zusammenfasst. Der vorgang der Absetzung selbst wird in dem Beitrag "Linker Präsident in Paraguay abgesetzt" von Andreas Knobloch am 24. Juni 2012 bei telepolis beschrieben. Internationale Reaktionen: Südamerika gegen Europa Die Reaktionen in anderen südamerikanischen Ländern waren eindeutig - in Europa auch. "Was sich Dirk Niebel in Asunción erlaubt hat, ist ein Skandal. Obwohl am Freitag der Parlamentsputsch gegen Präsident Fernando Lugo in vollem Gang war, hielt der Entwicklungsminister an seiner geplanten Reise nach Paraguay fest und ließ sich von Lugos illegitimem Nachfolger Federico Franco empfangen. Was von den Regierungen Südamerikas als klarer Verstoß gegen die demokratische Ordnung verurteilt wurde, bekam Niebels Segen. Dass er damit in einer Reihe mit Spaniens rechter Regierung und dem Vatikan steht, macht es nicht besser" - heisst es einleitend in dem Artikel "Unsere Freunde, die Putschisten" von Gerhard Dilger am 25. Juni 2012 in der taz. für Südamerika gilt "Südamerika kritisiert kalten Putsch in Paraguay" von Harald Neuber am 23. Juni 2012 bei amerika21.de. Dem entspricht auch die Haltung bezüglich des kommenden Mercosur-Gipfels, wie es in dem Beitrag "Lage in Paraguay spitzt sich zu" von Irina Poprawa am 26. Juni 2012 bei amerika21.de beschrieben wird: "In Paraguay hat der De-facto-Präsident Federico Franco am Montag sein neugebildetes Kabinett vorgestellt. Indes traf der Ende vergangener Woche abgesetzte Staatschef Fernando Lugo mit den ihm verbliebenen Ministern in der Parteizentrale seiner Partei Frente Guasu zusammen, um ein "Kabinett zur Wiederherstellung der Demokratie" zu bilden. Bei dem Treffen bekräftigte er nochmals, dass er am kommenden Donnerstag am halbjährlich stattfindenden Gipfel des regionalen Wirtschaftsverbandes Mercosur in Mendoza, Argentinien, teilnehmen werde, nachdem Franco am Sonntag offiziell ausgeladen worden war". Als Beispiel der zahlreichen Solidaritätsadressen und Aktionen hier die Stellungnahme "A NUESTROS HERMANOS DEL PARAGUAY" der CAT Chile vom 24. Juni 2012 an der besonders wichtig ist die Selbstverpflichtung, gegen eine Anerkennung der Putschregierung durch Chile (ein heisser Kandidat dafür) zu kämpfen. Relativ wenige Proteste im Land - warum? Zwar gibt es zahlreiche Berichte über Proteste, nicht nur in Asuncion, wie etwa "Miles de personas en las calles protestan por golpe contra Lugo en Paraguay" am 25. Juni 2012 bei Clajadep-LaHaine - und auch in dem Artikel "Paraguay’s Nascent Occupy Movement Cut Short by Political Crisis" von Gustavo Setrini am 25. Juni 2012 beim CETRI berichtet ausführlich von den ersten Mobilisierungsversuchen der Landorganisationen, aber insgesamt ist die unmittelbare Reaktion geringer als etwa vor einigen Jahren bei ähnlichen Ereignissen in Honduras, als ebenfalls der gewählte Präsident "legal" abgesetzt wurde. Was einerseits mit der bisherigen Bilanz der Regierung Lugo zu tun hat: Sie ist eben, etwa im Vergleich zur venezuelanischen Regierung bei allem, was diskutiert werden kann und muss, nicht so, dass sie Grundlage dafür wäre, gegen einen Putsch breite Teile der Bevölkerung zu mobilisieren, wie es in Venezuela 2002 der Fall war. Der AP-Bericht "Errores de Lugo minaron frágil respaldo que tenía en Paraguay" am 25. Juni 2012 in El Financero gibt diese Tendenz durchaus an: in der schwachen Position in der er war (seine Partei war, im Gegensatz zu ihm, bei den Wahlen als kleine Minderheit in beiden Kammern hervorgegangen) war er auf Verbündete angewiesen, die er bei der liberalen Partei suchte. In dem Interview "No hay fuerza social suficiente como para frenar a la derecha" am 26. Juni 2012 bei Clajadep - LaHaine unterstreicht der bekannte linke Publizist Raul Zibechi die relative Schwäche der sozialen Bewegunge in Paraguay. Auf der anderen Seite wird die Stärke der Rechten deutlich, die etwa im internationalen Interesse des mit der Agrarwirtschaft beschäftigten Kapitals liegt, wie in dem redaktionellen Beitrag "Monsanto y las semillas del golpe" am 25. Juni 2012 bei der CMM deutlich wird. Dieselbe Analyse vertritt in "Por qué cayó Lugo? La conexión del agronegocios" am 25. Juni 2012 beim CETRI der Autor Atilio A. Boron, der eine weitergehende Einmischung als eines großen Unternehmens skizziert. Auf der anderen Seite wird eben der geringe Fortschritt bei der zentralen Frage der Landreform deutlich, etwa in dem Artikel "Paraguays Boden muss wieder den Kleinbauern gehören!" von Steffi Holz am 24. Mai 2012 im Neuen Deutschland, hier gespiegelt bei der AG Friedensforschung. ausführlich und systematisch wird dieses Problem behandelt in "La révolte des sans-terre" von José Antonio Vera am 22. Juni 2012 beim CETRI. In dem weiter vorne bereits verlinkten Artikel der AP bei El Financero wird dementsprechend auch Luis Aguayo, der Vorsitzende der Koordination der Landorganisationen zitiert, sie hätten stets eine sehr kritische Haltung zu Lugo gehabt, weil weder Agrarreform noch andere politische Reformen in Gang gebracht worden seien. Die beiden Gewerkschaftsverbände CNT und CUT-Autentica unterstreichen in ihrem "Comunicado" vom 25. Juni 2012, sie befänden sich beide im Zustand der permanenten Vollversammlung gegen die Putschisten und unterstreichen, es gehe nicht um die Verteidigung von Personen, sondern der Verfassung... hrw |