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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Generalstreik erfolgreich. Und nun? Wie immer sind die Angaben über Beteiligung und Wirkung des eintägigen (Warn) Generalstreiks vom Dienstag unterschiedlich, je nachdem, ob die Regierung oder die Gewerkschaften davon sprechen. Einhellig aber ist, auch in neutralen Quellen, die Resonanz: Es war der Generalstreik mit der grössten Beteiligung von allen, derer man sich erinnert. Der Protest ist also stark - der Tobak auch, den die Regierung androht: Kaum sind die Milliarden für (keineswegs irische) die irischen Banken verplant, schon rückt Portugal in den Fokus der nächsten Pleitechancen. Unsere kleine Materialsammlung "Generalstreik 2010 und die Perspektiven" vom 25. November 2010. Der Generalstreik im November 2010 und Portugals Perspektiven Als ein Beispiel von vielen möglichen: In "Três milhões de portugueses em greve - CGTP e UGT" schreibt am 24. November 2010 Andreia Félix Coelho über die abschliessende Pressekonferenz der Vorsitzenden beider Gewerkschaftsverbände CGTP und UGT, und die dort ausgegebene Zahl von drei Millionen Beteiligten. Die Regierung bestreitet dies, wie auch schon üblich - aber auch zahlreiche Zeitungen, die keineswegs gewerkschaftsfreundlich zu nennen sind, bestätigen in jedem Fall eine massive Beteiligung an diesem zweiten Generalstreik im nachdiktatorischen Portugal nach 1988 (die beiden einzigen, die von den grossen Verbänden gemeinsam ausgerufen wurden). Ob jetzt zwei oder drei Millionen Menschen sich aktiv beteiligt haben, sei dahingestellt - in jedem Falle ist dies, bei einer Gesamtbevölkerung von knapp über 10 Millionen Menschen und geschätzten etwa 5 Millionen Arbeitenden eine gewaltige Beteiligung. Bei der sehr umfassenden chronologischen Blog-Dokumentation des Generalstreiks "#GreveGeral Minuto a minuto" muss man kein portugiesisch können, um massive Beteiligung ebenso nachvollziehen zu können, wie etwa massive Polizeieinsätze inklusive Tränengas. Und bei der Twitter-Seite "#grevegeral" werden Einträge von Hunderten von PortugiesInnen gespeichert, die in ihrer ganz übergrossen Mehrheit den Streik unterstützen, mit teilweise ziemlich eigenen Begründungen. Auf der offiziellen gemeinsamen Streikseite beider Verbände "Greve Geral" werden die Beteiligungszahlen regional und lokal aufgeschlüsselt. unter dem Titel "Portugal steht still" berichten Peter Steiniger und Martin Lejeune in der jungen welt vom 25. November 2010 über den Streik. Viele Fotos von Streikaktionen sind in dem spanischen Bericht "Huelga General en Portugal: Participaron más de tres millones de trabajador@s" am 24. November 2010 bei LaHaine zu sehen. Einen der wesentlichsten Punkte dieses Streiks heben die Berichte auf der Seite der "Unflexiblen Prekären" (eine Webseite, die bereits einen wichtigen Beitrag zur Organisierung der Prekären geleistet hat) etwa in dem Bericht "O Público acompanhou a manhã dos Precários Inflexíveis" vom 24. November 2010: Darin wird deutlich, dass sich nur eine Minderheit prekär Beschäftigter an dem Streik beteiligt hat - direkte Drohungen werden dabei ebenso als Argument gegen eine Teilnahme angeführt, wie Arbeitsverträge, die die "Minderleistung" mit Abzügen von ca 25% des Einkommens bestrafen; das entscheidende für die Autoren der Seite aber ist, dass überhaupt erstmals prekär Beschäftigte sich am Streik beteiligt haben, und dies in einem Umfang, dass es eben öffentlich bemerkbar war, ein Novum in Portugal. Dazu hatte mit dem Aufruf "HOJE FAZEMOS GREVE E VAMOS PARA A RUA" auch der Ferve-Aktionsblog gegen die grünen Quittungen (die die selbstständig beschäftigten Kellner, Postboten usw usf erhalten) aufgerufen. Was die Grundlage dieser breiten Beteiligung war, eine breite Empörung nämlich, wird in dem Beitrag "Poverty Fuels Anger During General Strike in Portugal" von Emilio Rappold in Monsters and Critics am 24. November 2010 deutlich: Zahlreiche Fakten - und Lebensgeschichten - der Verarmung werden da berichtet, zusammenfassen etwa die Zahl von 600.000 RentnerInnen, die offiziell als "unterernährt" gelten... Schon im Februar hatte es breite Proteste gegen Rentenkürzungen gegeben, wie beispielsweise in dem Bericht "Public sector unions demonstrate against wage freeze and reduced pensions" vom 08. März 2010 bei eiro-online deutlich wird. In vielen dieser Berichte über die soziale Lage immer breiterer Teile der Bevölkerung, die gegenwärtig besonders für Junge und Alte schwierig ist, wird deutlich, dass eine wachsende Distanz der Menschen zu den diversen politischen Kräften sich auftut - und angesichts der Reaktionen der Regierung, wie auch des nach Irland sofort erhöhten Drucks auf Portugal lassen da Entwicklungen erwarten, die nicht viele auf der Rechnung haben... Im britischen Guardian werden die Perspektiven bei der Berichterstattung schon in der Überschrift einbezogen: "Unions bring Portugal to a grinding halt as Irish-style bailout looms" schreibt Giles Tremlett am 24. November 2010. "Irish style" soll dabei sagen: besonders krass, besonders heftig, besonders antisozial...Dass Portugal der Schauplatz der nächsten Bankenrettung sein wird, wird in verschiedensten Medien bereits als nachgeradezu sicher gehandelt... Im Spiegel-Online heisst das dann in typischer Manier plötzlicher Erkentniss "Größter Wackelkandidat" - darin werden am 25. November 2010 die 9,4 % Neuverschuldung aus dem Jahr 2009 als Basisfakt gehandelt. Zusammengestellt von hrw |