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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Putschversuch? - "Alles im Griff" - aber den nationalen Notstand ausgerufen Am 25. Februar jährte sich zum zwanzigsten Mal der Tag, an dem eine breite Massenbewegung die lange prowestliche Diktatur, das "Marcos - Regime" stürzte. Aus diesem Anlass hatten zahlreiche Organisationen quer durchs Land zu Kundgebungen aufgerufen, die den Rücktritt der Präsidentin Arroyo fordern sollten. Einen Tag zuvor, am Freitag, den 24. Februar erklärte diese den nationalen Notstand (unter anderem ergänzt durch ein allgemeines Demonstrationsverbot) - wegen eines angeblich entdeckten militärischen Putschversuchs. Zwar betonte die Präsidentin in ihrem Dekret, ihre Regierung habe "alles im Griff", den Notstand aber rief sie trotzdem aus. Neben einigen Offizieren, denen vorgeworfen wird, sie hätten an den Rücktrittsdemonstrationen des Jahrestags teilnehmen wollen, waren die ersten verhafteten Prominenten aber ein führender Gewerkschaftsfunktionär des KMU-Verbandes, ein Rechtsanwalt, der Vorsitzende einer Oppositionspartei und ein Universitätsprofessor - wie viele nicht "Prominente" verhaftet wurden, weiss augenblicklich niemand. Die aktuelle Materialsammlung samt Solidaritätsaufruf "Weg mit Arroyos Notstand" vom 27. Februar 2006 Weg mit Arroyos Notstand Trotz Verbots fand noch am Freitag, dem Tag der Ausrufung des Notstands, in Manila eine grössere Demonstration statt, an der sich etwa 5.000 Menschen beteiligten, die das Ende des Notstandsregimes forderten. An dieser Demonstration beteiligte sich auch die ehemalige Präsidentin Aquino, die ebenfalls den Rücktritt von Arroyo forderte, wie - nicht ganz zufällig - amerikanische Zeitungen berichten. Einige dieser (englischen) Berichte sind dokumentiert in "Tension prevails in Filipinas" , einer Mail der "Marxism" Liste aus den USA vom 25. Februar 2006. Laufende Updates über Festnahmen, Polizeieinsätze gegen Demonstrationen, Überfälle auf Zeitungsredaktionen usw sind bei "Indymedia Manila" nachzulesen: Zwei Zeitungen, die englischsprachige "Daily Tribune" und "Abante" (in Tagalog) wurden von der Polizei überfallen. Die Nationale Journalistenunion der Philippinen (und mit ihr die südasiatische Journalistenvereinigung) haben in der Erklärung "UNSPEAKABLE DANGER FOR PRESS FREEDOM" nicht nur die Verurteilung dieser Polizeiüberfälle ausgesprochen, sondern generell davor gewarnt, dass der Notstand eine "unaussprechliche gefahr für die Pressefreiheit" sei. Solidarität mit dem KMU Gründungsvorsitzenden Der 73 jährige Crispin "Ka Bel" Beltran, Parlamentsabgeordneter und bei der Gründung - 1980 - des Gewerkschaftsbundes KMU, dessen stellvertrender Vorsitzender, wurde am 25. Februar verhaftet - wie schon bei der Diktatur Quirinos 1956 und vom Marcos-Regime 1982 (wegen "kommunistischer Umtriebe"). Seine Partei, Anakpawis (Arbeitende Massen), organisiert eine internationale Solidaritätskampagne unter der Forderung "Free Crispin Beltran" . Der Staatsanwalt Emmanuel Velasco gab der Presse gegenüber bekannt, Beltran und 14 weitere Personen seien unter dem Verdacht der "Verschwörung" zur Fahndung ausgeschrieben worden - dass Verschwörer eher selten lange vorher öffentlich zu Demonstrationen aufrufen - auf diese Frage gab er keine Antwort. Der Gewerkschaftsbund 1.Mai - KMU - hat in seiner (englischen) Presseerklärung "PD 1017: a state of Gloria’s desperation" vom 25. Februar 2006 einerseits vor allem hervorgehoben, dass die Ausrufung des Notstandes ein Akt der Verzweiflung der Regierung sei und andrerseits die Forderung nach sofortiger Freilassung Beltrans und aller anderen festgenommen erhoben. Am 27. Februar wurden bei dem Versuch Beltran im Gefängnis zu besuchen Dennis Maga und Marcial Dabela verhaftet, beides Funktionäre der KMU, berichtet die Zeitschrift "Bulatlat" aktuell: "KMU Leaders Arrested in Attempted Visit to Jailed Solon" . Ebenfalls am 27. Februar haben vier progressive Abgeordnete, nach denen per Haftbefehl gesucht wird, begleitet von etwa 300 AktivistInnen das Parlament betreten, "um deutlich zu machen, dass wir nicht eingeschüchtert sind": Satur Ocampo und Teddy Casiño von Bayan Muna (People First), Rafael Mariano von Anakpawis (Toiling Masses), und Liza Maza von der Gabriela Women’s Party (GWP). Der Mehrheitsführer des Parlaments, Prospero Nograles gab ihnen ebenfalls "Geleitschutz". Der Bishof von Caloocan, Deogracias Iñiguez erklärte, mit der Ausrufung des Notstandes begebe sich die Regierung genau in diesen hinein, vor allem wenn eine "vernünftige Begründung fehlt" (offiziell wird im Notstands - Dekret von einer Zusammenarbeit von links- und rechtsextremen Kräften gesprochen...). Der Artikel "Arroyo Opponents Hit State of Emergency Declaration" in der Zeitschrift "Bulatlat" versucht, die bisherigen Statements politischer Organisationen und gesellschaftlicher Kräfte zusammenzufassen. Währenddessen bleibt der Gewerkschaftsbund TUCP - wie schon zu Zeiten der Marcos-Diktatur, kritisiert die KMU - weiterhin keineswegs stumm, sondern unterstützt die Ausrufung des Notstandes: neben einer kurzen Erklärung, dass jede Destabilisierung der Arroyo-Regierung den Arbeitern schade, dokumentiert die philippinische Mitgliedsföderation des IBFG in vollem Wortlaut das Dekret 1017 "PROCLAMATION DECLARING A STATE OF NATIONAL EMERGENCY" - wobei der TUCP jede Erklärung, warum dieser Notstand für die arbeiterInnen "gut" sein soll, schuldig bleibt... (Zusammengestellt von hrw am 27. Februar 2006) |