Nach einem umstrittenen Abkommen kurz zuvor: Streiks, Demonstrationen und Proteste ...statt Generalstreik?

Die Organisatoren zeigten sich zufrieden, die Aktionen am vergangenen Dienstag hätten die Breite des Widerstandes gezeigt. Über die Bedeutung des Abkommens, das am Sonntag zwischen Regierung und Gewerkschaften ausgehandelt worden war, gibt es noch viele Diskussionen - dass die Regierung einen Rückzieher gemacht hat, ist unbestritten - wie weit dieser geht, allerdings sehr. Unser kleine aktuelle Materialsammlung "Statt Generalstreik?" vom 16. Juli 2010

...Statt Generalstreik?

Das "Abkommen von Changuinola" steht im Zentrum des eigentlich als Tag des Generalstreiks ausgerufenen Dienstags, 13. Juli 2010. Am Sonntag hatte eine Gewerkschaftsdelegation in der Provinzhauptstadt von Boca de Toro dieses Abkommen unterzeichnet, das unter anderem die Einrichtung einer Komission von "Regierung und Sozialpartnern" vorsieht, um die Gewerkschaften betreffenden Paragraphen des "Gesetzes 30" zu überarbeiten, bis dahin soll ihre Gültigkeit ausgesetzt werden. Eine Gewerkschaftsdelegation aber, die - ohne vorherige Debatten - aus Panama Stadt angereist war und offensichtlich auch vor Ort, unter der Bananenpflückergewerkschaft, erhebliche Widerstände zu überwinden hatte - wie auch etwa den Widerstand der Bauarbeitergewerkschaft SUNTRACS.

Der Leiter dieser Delegation, Rafael Chavarría vom Gewerkschaftsbund CTRP sagte hernach im Radio, die Kritik von SUNTRACS und anderen sei ihm egal - alle diese Kritiken hatten zum Kern, dass der ganze Widerstand sich keinesfalls nur gegen einzelne Paragraphen des Gesetzes gerichtet habe, sondern gegen das Gesetzespaket als ganzes. Der Leiter der Regierungsdelagation bei diesem Abkommen schlug sich auf die mitarbeitende CTRP-Seite und nannte SUNTRACS "stur und aufsässig". Ausser dieser Komission, deren Ergebnisse in den Sternen stehen, gab es noch das Versprechen auf Freilassung der Festgenommenen und Beendigung der Fahndung nach Gewerkschaftsfunktionären - was offenbar erfüllt wurde.

Der Bericht des Menschenrechtsbeauftragten und seiner Delegation über ihre Reise in die Provinz Boca del Toro "Informe sobre la Visita del Defensor del Pueblo y de Miembros de la Sociedad Civil a Bocas del Toro" am 14. Juli 2010 beim spanischen Kaosenlared veröffentlicht und gibt noch einmal einen Gesamtüberblick über die Streiktage in der Bananenprovinz, sowie über die Gründe für die Breite des Protestes. Eine ausführliche, stündliche "Chronologie des 13. Juli 2010" (in spanisch) hat am selben Tag die Frenadeso Noticias publiziert. Ebenso die Bilanz der Organisatoren "Balance de la Huelga Nacional" vom 14. Juli 2010 (hier bei kaosenlared).

Einen allgemeinen Überblick über die Situation geben die Beiträge "Aufbegehren in Panama" von Benjamin Beutler in der jungen welt vom 16. Juli 2010 und "Kampf auf brennenden Barrikaden" von Toni Keppeler in der taz vom 13. Juli 2010.

Zu der Debatte um Inhalt und Bedeutung des Abkommens vom vergangenen Sonntag versucht der Bericht "Acuerdo firmado en Bocas habla de revisar TODA la Ley 30" von Anibal Culiolis am 15. Juli 2010 bei kaosenlared beizutragen - unter anderem, indem das Abkommen dokumentiert wird. Wobei sich der Autor auf den Standpunkt stellt, das Abkommen sehe sehr wohl den Wegfall des gesamten "Gesetzes 30" vor.

Die Diskussion um die Bedeutung des Abkommens dahingestellt - und die Freilassung vieler Festgenommener ebenfalls: Die Verfolgung der offensichtlich radikaleren Teile des Widerstands geht weiter. So befindet sich der leitende Funktionär der Bauarbeitergewerkschaft SUNTRACS, Jaime Caballero seit dem 10. Juli in Haft - und im Hungerstreik, weswegen etwa am 14. Juli 2010 die Amerikanische Föderation der Bau- und Holzgewerkschaften einen Brief "ICM pide liberación de preso político en huelga de hambre, Jaime Caballero" an die Regierung Panamas verfasste und veröffentlichte. Und in "Panama: Anti-union repression and arrest of SUNTRACS leaders" - dem Solidaritätsaufruf der Internationalen Baugewerkschaftsföderation mit den verfolgten Funktionären von SUNTRACS vom 13. Juli 2010 wird zu einer Solidaritätskampagne aufgerufen.

Zusammengestellt von hrw am 16. Juli 2010