Home > Internationales > Panama > polizeimord
Updated: 18.12.2012 15:51
Aktuelle Meldungen im neuen LabourNet Germany

Wieder ein SUNTRACS-Aktivist erschossen - Land weitgehend lahmgelegt - Proteste gehen weiter

Die Polizei in Panama ist auch nicht anders als etwa in Europa: sie schiesst ausschliesslich in akuter Notwehr. Unpassend, wenn das Opfer dann in den Rücken geschossen wurde. Airomi Smith, Funktionär der Gewerkschaft der Bauarbeiter wurde am 12. Februar bei einer Demonstration erschossen, die Protest und Widerstand gegen die beiden aktuellen zentralen Probleme der panamesischen Normalbevölkerung ausdrücken sollte: die rasante Teuerung und die nichtvorhandene Arbeitssicherheit in der zentralen Wirtschaftsbranche, der boomenden Bauindustrie. Nach diesem Polizeimord explodierte der Protest - während die Regierung und die Medienwirtschaftler des Landes sich sorgen um das "Recht auf Verkehrsfreiheit" machten. Die kurze aktuelle Materialsammlung "Neuer Polizeimord - ein Wendepunkt?" vom 15. Februar 2008.

Neuer Polizeimord - ein Wendepunkt?

In einem Mailbericht an LabourNet Germany werden die Ereignisse und Hintergründe so zusammengefasst:

Erneut SUNTRACS-Bauarbeiter bei Demonstration erschossen

Panama, 12. Februar

Bei einer Demonstration der Bauarbeitergewerkschaft SUNTRACS für bessere Sicherheitsvorkehrungen und Gesundheitsbestimmungen auf dem Bau wurde in Colón das Gewerkschaftsmitglied Airomi Smith durch einen Schuss in den Rücken von einem Bundespolizisten getötet.

Nach Polizeiangaben handelte es sich um Notwehr.

Zwei weitere Bauarbeiter erlitten Schussverletzungen, 47 Personen wurden verhaftet. Die Polizei erliess darüber hinaus Haftbefehl gegen Eustaquio Méndez, den SUNTRACS-Verantwortlichen vor Ort. Dieser hält sich seitdem versteckt.

Einen Tag zuvor hatte SUNTRACS verlauten lassen, dass es in Regierungskreisen Pläne für selektive Attentate auf führende Gewerkschaftsmitglieder gibt.

Im August letzten Jahres waren bereits zwei SUNTRACS-Mitglieder bei Demonstrationen erschossen worden. Und auch damals erliess man Haftbefehl gegen SUNTRACS-Führungsmitglied Saúl Méndez, der die Morde angeblich in Auftrag gab.

Präsident Torrijos rief zu Toleranz und Besonnenheit auf und mahnte an, dass "Gewalt kein Mittel sei, um Forderungen voranzutreiben". Für SUNTRACS ist dieser neuerliche Todesfall die Fortsetzung einer "schmutzigen Kampagne" der Regierung, die sich seit August letzten Jahres intensiviert hat und nun auch die Ermordung führender Gewerkschaftsmitglieder bzw. deren juristische Belangung mittels fingierter Anklagen einschliesst.

Am 13. Februar fanden in Reaktion auf die Ereignisse landesweite Proteste sowie Blockaden von Straßen, Brücken und weiteren strategischen Punkten statt. Viele soziale Gruppen Panamas solidarisierten sich mit SUNTRACS.

---

Am Freitag, den 15. Februar 2008 erhielten wir einen weiteren Bericht (von der mittelamerikanischen Regionalen Kampagne gegen Arbeitsflexibilität, der auch die Suntracs angehört):

Die Campaña contra Flexibilidad laboral ruft zu internatialer Solidaritaet im Zusammenhang mit der Ermordung des Gewerkschaftsfuehrers Al Irmoi Smith und der Repressalien der Polizei gegen Gewerkschaften in Panama auf!

SUNTRACS, die  vereinigte Bauarbeitergewerkschaft in Panamà und  Mitglied der Campaña contra Flexibilidad laboral, kaempft seit einigen Monaten fuer die Verbesserung der Sicherheitsbestimmungen auf Baustellen, nachdem es in den letzten Jahren zu zahlreichen Todesfaellen und schweren Verletzungen auf Baustellen kam. Die Proteste gegen fehlende Sicherheitsbestimmungen und Kontrollen seitens der Regierung sowie gegen die Repressalien der Polizei und der Unternehmen hatten gestern neuerlich Verletzte und ein Todesopfer zufolge, nachdem bereits vor einem halben Jahr zwei Gewerkschaftsfuehrer in diesem Zusammenhang von Auftragskillern brutal ermordet worden waren.

Seit Dienstag dieser Woche organisiert SUNTRACS Demonstrationen in der panamesischen Hafenstadt Colon, um gegen die hohe Zahl der Todesopfer auf Baustellen zu protestieren und bessere Sicherheitsbedingungen fuer Bauarbeiter zu fordern. Die Antwort der Regierung war der umgehende Einsatz der nationalen Polizei, um die Demonstrationen aufzuloesen. 30 DemonstrantInnen wurden verhaftet und zwei verletzt. Als einer der verletzten Demonstranten von dem Gewerkschaftsfuehrer Al Iromi Smith in die Policlinica Hugo Spadafora begleitet wurde, verschafte sich die Polizei zutritt zur Klinik, wobei Al Iromi Smith durch einen Schuss eines Polizisten  toedlich verletzt wurde.

In den letzten zwei Tagen haben sich die Proteste auf das ganze Land ausgeweitet und richten sich nun verstaerkt gegen die Brutalitaet und Gewalt, welche die Polizei gegenueber Gewerkschaftsmitglieder anwendet. Die Ereignisse machen deutlich dass die Regierung von Martín Torrijos entschlossen ist, mit aeusserster Gewalt die seit Monaten andauernden Kampagnen der Bauarbeitergewerkschaft fuer grundlegende Arbeiterrechte und Proteste gegen Represalien gegen die Gewerkschaften nieder zu schlagen.

Wir rufen zur internationalen Solidaritaet mit den KollegInnen von SUNTRACS und zu deren Unterstuetzung durch Bekanntmachen der tragischen Vorfaelle in Panamá auf!

Erheben wir unsere Stimmen zum Protest:
Keine Gewalt gegen Gewerkschafter!
Keine Represalien gegen Menschen, die fuer ihre grundlegenden Rechte kaempfen!
Aufklaerung der Morde und Konsequenzen fuer die Verantwortlichen!

Mit solidarischen Gruessen

Campaña Regional  contra Flexibilidad laboral


----

Der Aufruf der Suntracs zu landesweiten Protesten am 14. Februar 2008 "Hoy Convocamos al Pueblo a Marchar" externer Link meldet 400 Verletzte bei den Demonstrationen des Vortags und fordert den Rücktritt von Innenminister und Polizeichef.

Bereits auf einer Delegiertenkonferenz am 11. Februar hatte der Gewerkschaftsdachverband CONUSI auf die Gefahr für das Leben von Gewerkschaftsaktivisten hingewiesen "CONUSI celebra Encuentro de Dirigentes y llama a marcha para el 13 de marzo" externer Link wurde am 12. Februar bei Kaosenlared berichtet.

Schon im letzten Jahr hatte der Internationale Gewerkschaftsbund auf zahlreiche und systematische Verstöße gegen Gewerkschaftsrechte in Panama aufmerksam gemacht - wie dem Bericht "Labour Deregulation and union rights violations in Panama" externer Link vom 17. September 2007 zu entnehmen ist.

Ein aktueller Bericht mit einigen Hintergrundinformationen "Schüsse in den Rücken" externer Link von Timo Berger ist in der "Jungen Welt" vom 15. Februar 2008 publiziert.

Kaosenlared hat schon seit längerem eine eigene Ländersektion "Panama" externer Link - dort gibt es zahlreiche Berichte und Stellungnahmen, und auch viel Material zu den sozialen Auseinandersetzungen der letzten Zeit. Dort gibt es auch "Vídeos sobre el asesinato del obrero de SUNTRACS" externer Link über den Polizeimord.

Die Meldung dass Präsident Torrijos eine "rückhaltlose Untersuchung" durch eine von ihm eingesetzte Komission ankündigt, die Suntracs aber verständlicherweise Wert darauf legt, dass es eine unabhängige Untersuchungskomission externer Link geben muss, ist beim Portal "The Panama Sphere" am 13. Februar 2008 veröffentlicht worden.

Ja und die gibt es selbstverständlich auch in Panama: Journalisten werden sie genannt. Etwa ein Werbeträger namens "La Prensa", der das Chaos anprangert, das Suntracs anrichte und die Nöte der Tourismusindustrie sowie die demokratischen Instanzen wie Handelskammer schildert. Nachzulesen in dem Machwerk "SUNTRACS Causes Chaos" externer Link vom 14. Februar 2008, gespiegelt beim Panama-Guide

(Zusammengestellt von hrw)


Home | Impressum | Über uns | Kontakt | Fördermitgliedschaft | Newsletter | Volltextsuche
Branchennachrichten | Diskussion | Internationales | Solidarität gefragt!
Termine und Veranstaltungen | Kriege | Galerie | Kooperationspartner
AK Internationalismus IG Metall Berlin | express | Initiative zur Vernetzung der Gewerkschaftslinken
zum Seitenanfang