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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Wider die EU Agenda in Luxemburg "Vereint in Ehrfurcht und Demut lauschten die ehrenwerten Abgeordneten am 12 Oktober den enigmatischen Worten des unendlich weisen Staatsmannes Juncker. Endlich ließ er sich dazu herab, seinem Volk zu verkünden, wie der Weg durch die 7 mageren Jahre aussehen wird" - so beginnt der Artikel "Der sichere Weg" von Guy Schneider und Claude Thümmel (Eisenbahner und Militante des FNCTTFEL/Landesverband) über die Erklräungen des Regierungschefs zur Umsetzung der (EU) Agenda von Lissabonn in Luxemburg. Der sichere Weg Vereint in Ehrfurcht und Demut lauschten die ehrenwerten Abgeordneten am 12 Oktober den enigmatischen Worten des unendlich weisen Staatsmannes Juncker. Endlich ließ er sich dazu herab, seinem Volk zu verkünden, wie der Weg durch die 7 mageren Jahre aussehen wird. Kühl und selbstsicher verkündete der Patriarch die Kunde von der Katharsis, die unsere Gesellschaft durchleben muss, um den Folgen der unabwendbaren liberalen Globalisierung gewachsen zu sein. Und gleich am nächsten Tage machten sich Junckers Bewunderer, Helfer und Minister ans Werk, um die Anweisungen, die in seiner orakelhaften Rede versteckt waren, in den Marmor zu meißeln, auf dass auch hier in Luxemburg die wundersamen Kräfte des freien Marktes ungehindert fließen können, zum Wohle von..... ? Ja wem wohl ? Junckers Rede, ein Wechselbad der Widersprüche, wurde freudig vom freien Unternehmertum als Streicheleinheit aufgefaßt. Gereinigt von semantischer Schönfärberei müssen wir so zum Beispiel schnell feststellen, dass wir bald mit einer schamlosen Manipulation der Indexskala konfrontiert werden. Das was Juncker uns da wieder als eine neue schadstoffarme Variante des Luxemburger Modells auftischen will, ist in Wirklichkeit ein billiger Aufguss einer neo-liberalen Rezeptur, wie sie in ganz Europa bereits ihre Anwendung findet, den sozialen Kahlschlag inklusive ! In Deutschland erlangte sie unter dem Namen Hartz IV eine traurige Berühmtheit. Die Rede geht hier von der Umsetzung der Lissabonner Agenda. Europa soll wirtschaftlich fit gemacht werden, es gilt, optimale Profitmöglichkeiten und Verwertungsbedingungen für das Kapital zu schaffen. Soziale Dienstleistungen sind dabei im Wege, vorbestimmt, auf dem Altar der Wettbewerbsfähigkeit geopfert zu werden. Den Anfang vom Ausverkauf der sozialen Errungenschaften der Lohnabhängigen hat Juncker angekündigt und die Gewerkschaften aufgefordert, auch schön mitzuspielen, damit das ganze reibungslos und in trauter Sozialpartnerschaft abgewickelt werden kann. Was in Deutschland als 1 Euro Job allgemeinen Ekel erregt, verpackt Juncker in Floskeln über Neudefinierung der Zumutbarkeit und winkt den Bossen mit einem neuen, stark gekürzten Mindestlohn während der Ausbildungszeit. Ein gewisser Herr Fontagné stand hier wohl Pate. Indirekt umschrieb Herr Juncker die Bewohner Luxemburgs als Faulpelze, die sich auf eine Neugestaltung der Arbeitsorganisation gefasst machen müssen: etwa längere Anfahrtswege, Leistungsverdichtung und Flexibilisierung der Arbeitszeiten und, wenn schon denn schon, eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit !. Dass das luxemburgische Schulsystem vielleicht Schuld haben könnte an der Tatsache, dass viele der neu geschaffenen Arbeitsplätze durch Grenzgänger besetzt werden müssen, kommt ihm nicht in den Sinn. Ein Schulsystem, das bald Renatbilitätskriterien unterworfen werden soll. Seine Vision von Bildung ist die Schaffung einer kleinen, aber hochwertigen universitären Kaderschmiede, die dem allmächtigen Finanzsektor die Fachleute liefert. Also nix mit freiem Zugang zu einem Hochschulstudium für jedermann. Die Staatsverschuldung schätzt Juncker als zu hoch ein, er sieht die Einhaltung der Maastrichter Kriterien als gefährdet. Keine Chance also für anti-zyklische Wirtschaftspolitik. Juncker hat auch gleich einen neuen Lösungsansatz parat : Private Public Partnership. Praktische Sache, kann man doch einerseits Kosten sparen und gleichzeitig die Privatisierung und Vermarktung der Gesellschaft bis in den letzten Winkel vorantreiben. Der schlanke Staat, den Juncker da herbeisehnt, beschränkt sich auf die Erfüllung seiner Grundfunktionen : Justiz, Repression, Verteidigung. Gleichzeitig gibt er seine Aufgabe als Anbieter sozialer Dienstleistungen schrittweise auf. Der erste Rückzieher soll laut Junckers Willen im Bereich der Sozialversicherungen geschehen. Der Staat verweigert seine Verantwortung bei der Mitfinanzierung der Krankenkassen zu tragen und überläßt diese ihrem Schicksal. Die provozierten Engpässe öffnen den privaten Versicherungsgesellschaften, die das große Geschäft wittern, Tür und Tor. Sie haben Blut gerochen, besonders jetzt , wo Juncker die angesparten Reserven in den Rentenfonds zum Abschuss freigegeben hat. Wir Eisenbahner sind in einer denkbar schlechten Position. Wir sind die erste Personalkategorie des öffentlichen Dienstes, an der ein Exempel statuiert werden soll. Unser Statut, der unsere Arbeitsbedingungen garantiert, muss geknackt werden. Damit die angeblich viel zu hohen Personalkosten im öffentlichen Sektor eliminiert werden können. Wird unser Statut aufgeweicht, sieht es schlecht aus für den öffentlichen Dienst, dann wird es nicht nur bei dem von Juncker angedrohtem Lohnstop bleiben. In einem rezenten Interview ( Tageblatt vom 4 November 2005) brachte es Nico Wennmacher auf den Punkt : « Was derzeit geplant wird, würde den größten Sozialabbau einleiten, der bei der Bahn je stattfand ». Der Liberalisierungswahn kennt keine Tabus mehr. Ob Schulsystem, Eisenbahn oder Energie-und Wasserversorgung : alles wird zur Disposition gestellt. Nach dem Desaster, das die Regierung im Referendum über die EU Verfassung einstecken musste, hatte der Premier versprochen, den Sorgen der Bevölkerung ein offenes Ohr zu schenken. Viel Bedeutung kann er deren Ängsten nicht beimessen, denn er erdreistet sich ungeniert, die Transposition der ominösen Bolkestein Direktive erneut auf die politische Tagesordnung zu setzen. Die neo-liberale Globalisierung ist im Gegenteil zu dem, was manche Politiker und selbsternannte Wirtschaftsexperten uns weiß machen wollen, keine Naturkatastrophe, keine unabwendbare Gesetzmäßigkeit. Sie ist gewollt, geplant, zurechtgeschnitten auf die finanziellen Interessen einer Elite. Manchmal genügt ein Blick über die engen nationalstaatlichen Grenzen hinaus, um wieder Mut zu schöpfen. Politische Umwälzungen in Deutschland, Generalstreiks in Belgien und in Frankreich gegen den Rentenklau und die Privatisierung des öffentlichen Dienstes verdeutlichen, dass weltweit immer mehr Menschen genug haben von Konkurrenzdenken, gnadenloser Ausbeutung und Verelendung. Der Widerstand gegen diese, auf den ersten Blick, allmächtige Gier der Konzerne ist möglich. Der Sozialkonflikt der sich da am Horizont abzeichnet, haben wir Eisenbahner/innen nicht mutwillig provoziert. Nein, er wird uns aufgezwungen. Aber wir können ihn erfolgreich durchstehen ! Guy Schneider, Claude Thümmel Die Autoren sind Eisenbahner und Militante des FNCTTFEL/Landesverband |