letzte Änderung am 03. Feb 2003

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Proteste gegen den deutschen Protektoratsleiter Steiner !

Am 22. Januar sprach der deutsche Leiter der UNMIK Mission im kosovarischen Fernsehen zu den Bewohnern Kosovas. Der deutsche Kaviardiplomat ermahnte in der Rede die Kosovaren. Streng verwahrte sich Steiner gegen den Vorwurf, er sei Schuld an der sozialen Katastrophe in Kosova. Er behauptete:" Die Realität ist, dass Ihre Führer nicht mehr in der Opposition sind, Sie sind an der Macht und Sie haben echte Macht". Damit reagierte Steiner auf den zunehmenden Unmut gegenüber der UNMIK Administration. In Kosova wird die UNMIK zunehmend Armik genannt, zu deutsch heißt das Feind. In der Fernsehrede verteidigte Steiner die von Ihm verfügte Besteuerung der Einkommen in Kosova. Er will die Einkommen mit 20 Prozent besteuern. Dagegen gab es im Januar eine von den örtlichen Gewerkschaften getragene Protestwelle mit Streiks und Hungerstreiks.

Die Fernsehrede von Steiner löste in Kosova neue Proteste aus.

"Regierungsbeschluß"

Kosova hat eine "Regierung" mit sehr beschränkten Kompetenzen. Dennoch beschloß die "Regierung" unter Bajram Rexhepi bereits am 23 Januar einen Vorschlag für ein neues Einkommenssteuergesetz, dieser Vorschlag ignorierte vollständig die Anordnungen des Herrn Steiner. Nach der nun vorgeschlagenen Struktur, wird es bei 98 Prozent der Beschäftigten zu einer steuerlichen Entlastung kommen. Es stellt sich nur die Frage, ob der Protektoratsleiter die Empfehlung akzeptiert. Denn er hat bei jeder Entscheidung das letzte Wort. Nun aber zur vorgeschlagenen Einkommenssteuer.

Diese Regelung fand keinen Widerspruch, durch den Vertreter des IWF, der auf der Sitzung zugegen war. Offensichtlich beeindruckten den IWF Vertreter die Protestaktionen in Kosova. Der IWF Vertreter nickte dieses soziale Zugeständnis ab, da er die Lage in Kosova als hochexplosiv betrachtet. Ob es Michael Steiner genauso sieht, bleibt abzuwarten.

Sozialer und ökonomischer Hintergrund

In Kosova liegt der Durchschnittsverdienst eines Arbeiters und einer Arbeiterin bei 135 Euro im Monat. Die Preise lassen sich zu 80 Prozent mit den Preisen in Deutschland vergleichen. Das Einkommen der Rentner und der Arbeitslosen liegt weit unter dem Durchschnittsverdienst. Die Masse der Arbeitslosen verfügt über keinerlei regelmäßige Zuwendungen. Einzig die Spenden aus der albanischen Diaspora, an bestimmte Familien halten jene über Wasser. Arbeitsangebote bekommen jugendliche Arbeitslose nur von organisierten kriminellen Banden. Das Institut Riinvest zu deutsch "Institut für Entwicklungsforschung" gab am 28 Januar in Prishtina bekannt: " In Kosova leben 2,5 Millionen Menschen". Nach den Angaben des Instituts beträgt die Arbeitslosenquote in Kosova 83 Prozent. Riinvest gab bekannt, dass der Anteil der arbeitsfähigen Menschen 59 Prozent der Bevölkerung ausmacht. Die höchste Arbeitslosenquote herrscht unter Frauen. Der Vertreter von Riinvest Avdulla Hoti betonte, der Bericht werde der UNMIK und der „Regierung“ übergeben. Deren Antwort dürfte darin bestehen eine fortgesetzte Privatisierung zu versprechen. Jene würde angeblich, Arbeitsplätze schaffen. An dieser Perspektive sowie an der Art und Weise wie die UNMIK zu privatisieren gedenkt, zweifelt sogar Bajram Rexhepi. Das belegt sein Besuch in Deutschland vom 25 bis 28 Januar.

Deutsche Regierung an Investitionen im Kosovo nicht sehr interessiert.

Das meldete die "Deutsche Welle" am 28 Januar. Vorausgegangen war ein Treffen des Kosova "Premierministers" Rexhepi mit Vertretern der deutschen Industrie in Berlin. Sein Berater Safet Merovci erklärte, die potentiellen Investoren wüßten sehr wenig und gingen davon aus, das die Regierung Kosovas keinerlei Kompetenzen habe. Weiter erklärte Merovci: "Das Haupthindernis für Investitionen sind die Aussagen der offiziellen Vertreter, denen zufolge die Eigentumsfragen in Kosova ungeklärt sind".  Damit meinte er die Aussagen der UNMIK und der Bundesregierung.  Scharf ging Merovci mit der in Kosova tätigen Treuhandagentur ins Gericht, er erklärte: "Die KTA die den Privatisierungsprozess durchführe, arbeite nicht für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes". Nach den Worten Merovcis ist die Regierung nicht über die Arbeit der KTA informiert, obwohl drei Minister in dessen Vorstand säßen. Bajram Rexhepi fügte hinzu, die deutsche Regierung, ist selbst nicht sehr daran interessiert in Kosova zu investieren. Diesen Eindruck habe er nach seinen Gesprächen mit Regierungsvertretern gewonnen.

Herr Voss in Kosova

Die Kosova Treuhandagentur steht unter der Leitung des deutschen "Wirtschaftsexperten" Voss. Jener Voss beriet Anfang der neunziger Jahre im Auftrag des BDI, die russische Regierung unter Jelzin. Seitdem gilt er als radikaler sozialer Kahlschlag-Experte. Seit mehr als einem Jahr, leitet er autoritär die Kosova-Treuhandagentur. Nach seiner Auffassung sind die Betriebe in Kosova im Wesentlichen unrentabel und daher stillzulegen. Er betrachtet nur 7 bis 8 Prozent der Betriebe als rentable Anlageobjekte. Gegen diesen Voss rebellieren die Gewerkschaften in Kosova. Die Gewerkschaften haben trotz hoher Arbeitslosigkeit einen hohen Organisationsgrad. Beinahe täglich führen sie Protestaktionen und Streiks durch. Obwohl auch sie offiziell für die Privatisierung sind bestehen sie auf die Schaffung von Arbeitsplätzen. Eine stärker werdende Richtung innerhalb der Gewerkschaften fordert: "Die wichtigsten Betriebe in staatliche Hand zu geben, einen anderen Teil in Arbeitergruppeneigentum fortzuführen und den Rest unter Wahrung gewerkschaftlicher Rechte zu privatisieren". Die radikalste Form von Arbeiterwiderstand formiert sich gegenwärtig unter den Bergarbeitern in Mitrovica.

Bergarbeiter kündigen gewaltsamen Widerstand an

In einer öffentlichen Erklärung vom 27. Januar heißt es : "Wenn die Situation eskaliert tragen Sie die Verantwortung". Der  Brief richtet sich an den von der UNMIK eingesetzten kommunalen Administrator von Mitrovica John Roggers. Sowie an den Vertreter des internationalen Kapitalkonsortiums, welches die Rechte zur Ausbeutung der Rohstoffvorkommen des Kombinats Trepca erwarb. In dem Schreiben heiß es: "Wenn Sie unsere gewerkschaftlichen Kompetenzen weiter ignorieren, werden wir gewaltsam die Mine Stanterg besetzen oder die für Sie wichtigen Straßen blockieren."

Zur Geschichte

Das Kombinat Trepca mit Schwerpunkt in Mitrovica, hatte einst die zweithöchste Zink und Bleiförderkapazität in Europa. Außerdem befinden sich hohe Silber und Goldvorkommen in den Gruben von Stanterg. Im alten Jugoslawien war Trepca einer der wichtigsten Devisenbringer. Im Oktober 1988 demonstrierten die Bergarbeiter aus Mitrovica mit albanischen und jugoslawischen Fahnen, gegen die Absetzung des Parteichefs von Kosova Azem Vllasi. Der Protest wurde gewaltsam niedergeschlagen. Im Februar 1989 führten die Bergarbeiter in ihren Gruben einen Hungerstreik, gegen die Aufhebung der Autonomie Kosovas durch. Daraufhin wurden viele verhaftet und im Herbst 1990  verlor in Mitrovica der letzte albanische Bergarbeiter seinen Arbeitsplatz. Dennoch existierte die im Januar 1990 gegründete Bergarbeitergewerkschaft weiter. Nach dem Einmarsch der NATO-Truppen wollten die Bergarbeiter an ihre Arbeitsplätze zurückkehren, dies wurde ihnen von Seiten der UNMIK jedoch verwehrt. Erst Ende November 1999, nach mehreren Großdemonstrationen wurde einer Notbesatzung der Zutritt zur Mine gewährt. Jene hat seitdem die Funktion, die Mine vor dem Absaufen zu bewahren. Allen anderen wurde das Recht nach Stanterg zurückzukehren verweigert. Die Bergarbeiter betrachten sich als Eigentümer der Mine Stanterg. Dieser Eigentumsanspruch wurde von der UNMIK abgelehnt. Begründet wurde das mit dem Erwerb von Optionen durch griechische und französische Kapitalgesellschaften in der Periode Milosevic. Anschließend verkaufte  die UNMIK Optionen an ein amerikanisch-französisch-schwedisches Kapitalkonsortium, mit der Firmenbezeichnung ITT. Bis heute findet keine Produktion in Trepca statt. Internationale Kapitalgesellschaften streiten vor europäischen Gerichten  um das Recht Trepca auszubeuten.

Neue Gewerkschaft

Am 8 Januar wurde eine neue Bergarbeitergewerkschaft in Mitrovica gegründet.  Der alten wurde in der Gründungserklärung vorgeworfen: "Die Interessen verraten zu haben".  Die alte "Unabhängige Bergarbeitergewerkschaft" ist nach den Worten des neugewählten Vorsitzenden Hasan Zhinipotoku "viel zu zaghaft gewesen und hätte sich auf nutzlose Verhandlungen mit der UNMIK und mit bestimmten potentiellen Investoren eingelassen. Unsere Leute blieben jedoch ohne Arbeit und Brot".  In der Erklärung der neuen Gewerkschaft ( Sie vertritt die Mehrheit der Bergarbeiter) vom 27 Januar  ist zu lesen : "Wir werden radikale Kampfaktionen durchführen wenn nicht alle unsere Forderungen erfüllt werden sollten". Darunter ist die Rückkehr sämtlicher Bergarbeiter in die Mine zu verstehen. In ihrem Programm erklärt die Gewerkschaft ausdrücklich, ihre Bereitschaft, zur Zusammenarbeit mit serbischen Arbeitern.

Max Brym
Freier Journalist

 

Quellen: UNMIK- Webseite 22-Januar o3 Kosova Info Line 31.Januar 03

Koha Ditore 28 Januar 03 Zeri 29 Januar Epoka E Re 30 Januar.

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