letzte Änderung am 27. Juni 2003 | |
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Suedkorea steht moeglicherweise am Beginn einer massiven Welle von Arbeitskaempfen. Den Anfang machten letzte Woche die Beschaeftigten der Choheung Bank. Kurz vorher war diese von der Shinhan Gruppe aufgekauft worden. Die Choheung-Angstellten befuerchteten - wohl zu recht, wie erfahrene Gewerkschafter hier vermuten - einen massiven Stellenabbau. Nachdem die Bankangestellten in den Streik getreten waren mussten die meisten Filialen der ohnehin schon angeschlagenen Choheung Bank schliessen. Am fruehen Sonntagmorgen konnten beide Seiten eine fuer die Angestellten befriedigende Uebereinkunft, in Form einer Weiterbe-schaeftigungsgarantie, erreichen.
Am letzten Samstag traten die Lehrer in den Ausstand. Ihre Forderung ist eher politischer Natur: Sie verlangen die Zuruecknahme der Regierungsplaene ein zentrales Computersystem, welches die persoenlichen Daten, aber auch die Krankengeschichten aller Schueler, derer Eltern und aller Lehrer speichern soll, zu installieren. 80 % der Lehrer, aber auch eine ueberwiegende Mehrheit der Eltern lehnen dies als unzulaessigen Eingriff in die Persoenlichkeitsrechte ab. So demonstrierten am Samstag tausende gewerkschaftlich organisierte Lehrer und deren Unterstuetzer gegen NEIS (National Education Information System, naeheres dazu unter: www.kctu.org und www.base21.org und brachten damit fuer Stunden den Verkehr im Zentrum Seouls zum erliegen.
Am Montag folgten massive Streiks der U-Bahn-Beschaeftigten der Millionenstaedte Busan, Incheon und Daegu, die Lohnerhoehungen und signifikante Verbesserungen in der Sicherheit fuer die Fahrgaeste und das Personal forderten. Letztere Forderung ist der Tatsache geschuldet, dass es immer wieder zu tragischen Unfaellen kommt, wie zuletzt im Februar in Daegu, als bei einem Brand in der dortigen U-Bahn 192 Menschen sterben mussten. Die in der KCTU (Korean Confederation of Trade Unions) organisierten U-Bahnangestellten sehen den Mangel an Sicherheit als ein Ausdruck der "maximalen Profitorientierung, die sich auch in unserem oeffentlichen Dienst breit macht", so Kim Myeong-hwan von der Transportarbeitergewerkschaft. Schon nach wenigen Stunden Streik konnten Busan und Daegu fuer die Beschaeftigten positive Ergebnisse erziehlt werden. In Busan beispielsweise konnte eine 5%ige Lohnerhoehung, die Bildung einer Sicherheitskommission und die Einstellung von zusaetzlichem Personal erzwungen werden.
Inzwischen fuehlt sich die suedkoreanische Regierung mit dieser Situation total ueberfoerdert und reagiert zunehmend hilflos. Zwischen allen Stuehlen sitzend - hatte der jetztige Praesident Roh Moo-hyon doch vor der Wahl eine arbeitnehmerfreundliche Politik versprochen, aber andererseits auch wirtschaftliche Bluete prophezeit - bekommt er jetzt den Druck der Gewerkschaften und der Unternehmerverbaende zu spueren. So klassifiziert jetzt Premierminister Goh Kun kurzerhand alle Arbeitskaempfe als politisch und somit illegal und fuehlt sich mit dieser "Erkenntnis" berufen schon mal nach Polizei und Staatsanwaltschaft schreien zu koennen. In der Vergangenheit haben solche Situationen haeufig dazu gefuehrt, dass die Regierung - im Auftrag der Unternehmer - die Anti-Aufruhreinheiten losschickte, um die Streiks zu brechen und deren Fuehrer zu inhaftieren.
Davon unbeeindruckt organisieren die Gewerkschaften munter weitere Kampfmassnahmen. Am Mittwoch kam es in 20 Staedten Suedkoreas zu Massenkundgebungen und -demonstrationen der KCTU. Allein in Seoul legten tausende Gewerkschafter und Studenten den Verkehr lahm, um auf ihre Forderungen nach gewerkschaftlichen Freiheiten, bessere Entlohnung und sozialer Absicherung der befristet Beschaeftigten Nachdruck zu verleihen. In den Reden wurde aber auch die Politik der Regierung generell angegriffen: Lee Byeong-ju von der Lehrergewerkschaft sprach ueber das Demokratiedefizit, die Unterstuetzung der Irakaggression und den permanenten Ruf nach administrativen Mitteln zur Loesung gesellschaftlicher Konflikte. Parallel dazu hat sich am Mittwoch Abend ein Streikkommittee gebildet, welches die generelle Erhoehung der Mindestloehne von derzeit 510.000 Won (ca. 375 Euro) auf 700.000 Won (ca. 515 Euro) fordert. Und in der naechsten Wochen beginnen die Metaller mit ihren Arbeitskaempfen, das Gesundheitswesen und die Bahn wegen wohl folgen, so Park Jong-mo vom Internetmagazin Stimme des Volkes.
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