letzte Änderung am 30. Juli 2003

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Veränderte Fassung

Aussperren statt verhandeln - Repressionsmassnahmen gegen die suedkoreanischen Gewerkschaften fuehrten zum gegenteiligen Effekt

Vorletzten Samstag versammelten sich mehrere hundert Mitglieder der KCTU (Korean Confederation of Trade Unions) in der westlich von Seoul gelegenen suedkoreanischen Stadt Bucheon um gegen die "Willkuerpraktiken der Kapitalisten”, so Ming Yong-soon, zu protestieren. Frau Ming ist eine von 60 streikenden Angestellten der franzoesischen Supermarktkette Carrefour, die hier seit 1966 mehr als 20 Filialen betreibt. Auf grund der miserablen Entlohnung ­ weit unter dem landesueblichen Durchschnitt ­ und der extrem schlechten Arbeitsbedingungen, hatte am 27. Juni die Gewerkschaftsleitung von Carrefour zum Ausstand aufgerufen.

Die wichtigsten Forderungen: Anhebung der Gehaelter um 9,1 Prozent, Verbesserung der Arbeitsdingungen, wie zum Beispiel Bereitstellung von Transportmoeglichkeiten und Betriebsessen. Die Reaktion der Geschaeftsleitung auf die recht einfachen Forderungen war reichlich ungewoehnlich: "Um einem Flaechenbrand vorzubeugen”, so Chung Ui-hon, Chefmanager von Carrefour Korea, sperrte die Geschaeftsleitung drei tage spaeter landesweit einfach alle gewerkschaftlich organisierten Mitarbeiter aus. "Ein einmahliger Vorgang in der Geschichte der suedkoreanischen Arbeiterbewegung”, meinte Kim Kyong-wook der Vorsitzende der Carrefour-Gewerkschaft, Mitglied im Gewerkschaftsdachverband der KCTU.

Er sah die Assperrung auch als Strafmassnahme gegen den Entschluss der Mitglieder der Carrefour-Gewerkschaft sich in der KCTU und nicht in der reformistischen KFTU (Korean Federation of Trade Unions) zu organisieren. "Mit dieser absurden Massnahme”, so fuhr Kim fort "hat die Geschaeftsleitung nur das Gegenteil erreicht. Der Streik hatte massiv an Publizitaet gewonnen und die Solidaritaetsaktionen von Kollegen anderer Bereiche hatten sich massiv verschaerft.”. So kam es nun fast taeglich zu Demonstrationen vor der Geschaeftszentrale von Carrefour Korea, Studenten sammelten Unterschriften und organisierten Kulturprogramme fuer die Streikenden und deren von der Aussperrung betroffenen Kollegen. Obwohl das Management mit dieser Massnahme eher ein Eigentor geschossen hatte war sie ueber Wochen zu keinerlei Einlenken bereit, was die Lage weiter verschaerfte. Schon kurz nach Beginn der Aussperrungen war die Entruestung unter den nicht gewerkschaftlich organisierten Kollegen unuebersehbar. Taeglich brachten sie Protestlosungen an den verschiedenen Filialen von Carrefour an, was immer wieder dazu fuehrte, dass die Geschaeftsleitung einen Wachschutz oder manchmal auch gleich die Anti-Aufruhreinheiten der Polizei zu Hilfe rief, die sich dann ihrerseits Auseinandersetzungen mit den Kollegen lieferten. "Vor der Aussperrung der Kollegen hat sich fast niemand um die Gewerkschaft gekuemmert, manche haben noch nicht einmal von ihrer Existenz gewusst. Jetzt sind wir solidarisch mit den Kollegen und viele haben sich zum Eintritt in die KCTU entschlossen. Das Management hat also genau das Gegenteil erreicht”, Park Yung-chan der nach eigenem Bekunden Gewerkschaften bisher eher fuer ueberfluessig gehalten hatte. Unterdessen bemuehte sich ein Solidaritaetskomitee um internationale Unterstuetzung. So kam man beispielsweise mit franzoesischen unabhaengigen Gewerkschaftern in Kontakt, die CGT versicherte ihre Unterstuetzung. "Die dreiste Dummheit der Geschaeftsleitung koennte einen positiven Effekt fuer unsere Gewerkschaftsbewegung haben”, meinte Lee Eun-yoo von der Migrantengewerkschaft ETU-MB (Equality Trade Union ­ Migrant’s Branch) und fuhr fort, dass sich sogar die internationalen Kontakte der KCTU dadurch berbessern koennten.

Der Widerstand gegen die Aussperrungsmassnahmen bekamen eine derartige Publizitaet, dass die fuer das letzte Wochenende angekuendigten landesweiten Solidaritaetsaktionen die Geschaeftsleitung von Carrefour Korea in eine derartige Alarmbereitschaft versetzten, dass sie schlussendlich zu einer sofortigen "Loesung der Krise”, so Chung Ui-hon, gegenueber der suedkoreanischen Tageszeitung "Hankook Ilbo”, bereit waren. Alle Forderungen der Streikenden wurden bedingungslos erfuellt, die ausgesperrten Kollegen wurden wieder eingestellt und materiell entschaedigt. Park Sang-yoon, Sekretaer der Seouler KCTU-Bezirksleitung: "Besonders wichtig fuer unsere Gewerkschaftsbewegung: Den Plaenen der Konzerne, ueber Massenaussperrungen unsere Kaempfe zu sabotieren wurde ein herber Schlag versetzt, konnten die Bosse doch mit eigenen Augen sehen, dass solche Massnahmen nur zum Flaechenbrand fuehren werden.”

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