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Updated: 18.12.2012 15:51
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Gewerkschaften haben keine befreundete Regierungen...

"Die Hoffnung auf eine „befreundete Regierung“ bzw. die Suche nach „Freunden“ in der jeweils amtierenden bürgerlichen Regierung steht seit jeher im Zentrum der politischen „Strategie“ der Gewerkschaftsbürokratie und ist fester Bestandteil der von ihr angestrebten „Sozialpartnerschaft“. Während in der BRD die „befreundete Regierung“ gerade ihrem wohlverdienten Abgang entgegen eilt (nachdem sie in Sachen Sozialabbau, Prekarisierung, Massenverarmung, Kriegsbeteiligung und neuen Kolonialtruppeneinsätzen im Kosovo und in Afghanistan wahrhaft Bahnbrechendes geleistet hat) steht Italien eine solche ab dem Frühjahr 2006 ins Haus. Grund genug für das Führungsmitglied der Metallergewerkschaft FIOM und Kopf der Gewerkschaftslinken in der CGIL, Giorgio Cremaschi (der politisch Mitglied bei Rifondazione Comunista ist), sich in einem Editorial für die linke Tageszeitung „Liberazione“ vom 23. Juni 2005 mit dem Thema „Befreundete Regierung“ auseinander zu setzen und dabei zu einem sehr eindeutigen Urteil gelangt - "Erinnert Euch, die Gewerkschaft hat niemals befreundete Regierungen" - so beginnt die deutsche Übersetzung des Beitrag von Cremaschi durch die Antifa-AG der Uni Hannover & Gewerkschaftsforum Hannover vom 17. Juli 2005.

Die Hoffnung auf eine „befreundete Regierung“ bzw. die Suche nach „Freunden“ in der jeweils amtierenden bürgerlichen Regierung steht seit jeher im Zentrum der politischen „Strategie“ der Gewerkschaftsbürokratie und ist fester Bestandteil der von ihr angestrebten „Sozialpartnerschaft“. Während in der BRD die „befreundete Regierung“ gerade ihrem wohlverdienten Abgang entgegen eilt (nachdem sie in Sachen Sozialabbau, Prekarisierung, Massenverarmung, Kriegsbeteiligung und neuen Kolonialtruppeneinsätzen im Kosovo und in Afghanistan wahrhaft Bahnbrechendes geleistet hat) steht Italien eine solche ab dem Frühjahr 2006 ins Haus. Grund genug für das Führungsmitglied der Metallergewerkschaft FIOM und Kopf der Gewerkschaftslinken in der CGIL, Giorgio Cremaschi (der politisch Mitglied bei Rifondazione Comunista ist), sich in einem Editorial für die linke Tageszeitung „Liberazione“ vom 23.6.2005 mit dem Thema „Befreundete Regierung“ auseinander zu setzen und dabei zu einem sehr eindeutigen Urteil gelangt:

Erinnert Euch, die Gewerkschaft hat niemals befreundete Regierungen

Giorgio Cremaschi

Heute trifft sich Romano Prodi mit dem Generalsekretär der CGIL <Guglielmo Epifani> auf dem Fest von Serravalle Pistoiese. Die Voraussetzungen dafür sind nicht gut.

Vor einem Jahr erhielt der neu gewählte Präsident der <Industriellenvereinigung> Confindustria an derselben Stelle Beifall und verteilte Autogramme unter jenen Arbeitern / Werktätigen (lavoratori), die gegen den, von seinem Vorgänger geführten brachialen Angriff auf die <sozialen> Rechte und die CGIL gekämpft hatten. Erleuchtet durch die Erfolge von Ferrari nährte der neue <Unternehmer-> Präsident eine Hoffnung auf wirkliche Veränderung. Nach einem Jahr kann man sagen, dass diese im Nichts geendet ist.

Während die großen Familien akkumulieren, die Unternehmen verlagern und entlassen, hat die Confindustria keines ihrer grundlegenden Ziele geändert. Sie ist immer zur Stelle, um zu fordern, dass die Krise dadurch überwunden wird, dass die öffentlichen Ausgaben und die Löhne gesenkt werden und dass man die Leute länger und schlechter arbeiten lässt. Heute gäbe es jenen Beifall nicht mehr.

Jetzt ist Romano Prodi an der Reihe. Apropos, die Fairness würde es erfordern, dass sich die CGIL in derselben Weise mit den anderen Kandidaten bei den Vorwahlen der Linken <u.a. dem in den Umfragen Zweitplatzierten, Rifondazione Comunista-Sekretär Bertinotti> auseinandersetzte. Es wäre sinnvoll, dass das Treffen kein Laufsteg ist. Und ebenso wenig die Besiegelung einer neuen innigen Übereinkunft. Ähnlich derer, die die CGIL-Führung mit den Regierungen des <mitte-linken> Olivenbaum-Bündnisses verband und an die man sich in den Betrieben noch heute als Quelle großen Ärgers erinnert, vom Treu-Paket über die Privatisierungen bis hin zur Stagnation der Löhne.

Nun stehen die CGIL und der Kandidat für den Posten des Ministerpräsidenten vor der von der Regierung Berlusconi verursachten Katastrophe. Das Land und vor allem die Arbeiter brauchen grundlegende Veränderungen. Was aber bedeutet ‚verändern’? Auch wenn sie unabdingbar ist, wird die Beseitigung jenes Konzentrates aus Dummheit, Arroganz und Missachtung der Verfassung, das die Politik der Regierung der Rechten ausgezeichnet hat, mit Sicherheit nicht ausreichen.

Die italienische Krise erfordert sehr viel mehr: Zuallererst soziale Sicherheit und Gerechtigkeit, Erhöhung der Löhne und der guten Beschäftigung. Von hier aus muss man beginnen, mit wirklichen Reformen zugunsten der Arbeit und jener drei Viertel der Gesellschaft, die in den letzten Jahren erlebt haben, wie ihnen Reichtum entzogen wurde. Das sind die Prioritäten und die stehen im Gegensatz zu den vom Präsidenten der Confindustria in einer Rede geforderten unpopulären Maßnahmen, die von Romano Prodi hingegen sehr geschätzt wurde. Von dem die Führung der Gewerkschaft, die Berlusconis Politik (oftmals allein) mit Zähigkeit entgegengetreten ist, vor allem verlangen muss, anzuerkennen, dass die italienische Krise eine lange Vorgeschichte hat. Die mit der Unterordnung unter den Markt und die wirtschaftsliberale Konkurrenzfähigkeit zu tun hat, die in Italien auch die wirtschaftspolitischen Entscheidungen der Mitte-Links-Regierungen kennzeichneten. Und mit einem Aufbauprozess der Europäischen Union, der sich auf den Monetarismus, das Maastricht-Abkommen und den Stabilitätspakt sowie auf die kontinuierliche Erosion der sozialen Errungenschaften gründet.

Es ist eine wirkliche Wende und nicht die Rückkehr zu jener Politik der Sozialpartnerschaft und des Sozialpaktes notwendig, die den Arbeitern / Werktätigen keine Ergebnisse gebracht hat und für die Entwicklung des Landes kein Stimulus war. Heute scheint ein breites Spektrum politischer Kräfte und ökonomischer Machtzentren der Neuen Mitte jene Politik erneut vorzuschlagen. Vielleicht sogar mit der Rechtfertigung, dass die von Berlusconi hinterlassene Rechnung zu hoch ist, dass es neuer Opfer und einer neuen Strenge für Alle bedarf. Das heißt für dieselben wie immer. Man muss stattdessen Nein sagen und zäh eine andere Wirtschafts- und Sozialpolitik einfordern, ohne den Einflussnahmen und Schmeicheleien des politisch näher stehenden Lagers zu erliegen.

Es ist der Moment gekommen, dem Spitzenkandidaten <der Mitte-Linken, Romano Prodi> zu erklären, dass die Gewerkschaft Regierungen gegenüber gestanden hat, die ihr feindlich gesinnt waren, aber keine befreundeten Regierungen haben kann. Von einer Regierung, die sich auf die Werte der Arbeit und der Demokratie beruft, wird viel mehr erwartet als von einer Regierung, die auf die Prekarität und die Schattenwirtschaft vertraut. Gerade deshalb sollte man Prodi gegenüber ankündigen, dass einer Mitte-Links-Regierung kein Rabatt gewährt wird und mit ihr keine Tauschgeschäfte gemacht werden, sondern dass man von ihr – wo notwendig mittels Kampf – grundlegende Veränderung gegenüber der Vergangenheit fordern wird. Gegenüber der jüngeren Vergangenheit und der etwas länger zurückliegenden.

Die Unabhängigkeit der Gewerkschaft dient der Transparenz und der Rigorosität derjenigen, die regieren wollen und vor allem tut sie den Arbeitern gut und denjenigen, die sie repräsentieren sollen.

(Vorbemerkung, Übersetzung und Einfügungen in eckigen Klammern: Antifa-AG der Uni Hannover und Gewerkschaftsforum Hannover)


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