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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Prekäre Arbeitsbeziehungen im öffentlichen Dienst - kein Minderheitenproblem Im Bereich der öffentlichen Verwaltung Italiens lag der Prozentsatz sogenannter atypischer Beschäftigungsverhältnisse laut der EU Statistikbehörde Eurostat im Jahr 2002 bei 19,9 Prozent - eindeutig höher als in den privaten produktiven und Dienstleistungssektoren. Das ist die Kernerkentniss in dem (italienischen) Artikel "La flessibilità nel pubblico impiego - Pubblico sempre più atipico" von Anna Avitabile in der Ausgabe 45 vom Dezember 2004 der Zeitschrift "Rassegna Sindacale" . Damit steht Italien in der "europäischen Rangliste der Prekarisierung" des ÖD keineswegs an erster Stelle - die hat längst Spanien mit mehr als 50% inne, aber auch die BRD hat einen höheren Prozentsatz, aber die Entwicklung in Italien ist in den letzten Jahren beschleunigt worden. Dass dies auch - neben sogenannten Haushaltszwängen - Ergebnis politischen Willens ist, zeigt der Vergleich zu den Prozentsätzen "atypischer Verhältnisse" in der Industrie (10%), Dienstleistungsbereich (12%) und Agrarwirtschaft (15,7%). Diese Prozentsätze steigen in allen Ländern nochmals deutlich an, wenn der gesamte öffentliche Dienst, insbesondere Erziehungs- und Gesundheitswesen hinzugenommen werden - die normale Laufbahn für eine Festanstellung im Schulwesen ist der Zeitvertrag zuvor, wird in dem Artikel von Avitabile ein Gewerkschaftssekretär zitiert. Aus den statistischen Angaben komponiert Avitabile ein Porträt "des" typisch prekär beschäftigten im ÖD: Frau, jung, mittlere Qualifikation, wohnhaft im Süden, mit Einjahresvertrag. Eine der Hochburgen dieses Prozesses ist nicht zufällig die Hochburg der modernisierten italienischen Rechten: Mailand. Dort wird schon seit langem die Stadt als Holding betrieben, die für die diversen - insbesondere die traditionellen - öffentlichen Dienste jeweils eigene oder kontraktierte Privatunternehmen betreibt. Der Beitrag von Avitabile ist faktisch die Besprechung eines offiziellen Berichts "I rapporti di lavoro flessibili nelle amministrazioni pubbliche” der Fondazione “Istituto Guglielmo Tagliacarne” im Auftrag des "Dipartimento della Funzione pubblica" (früheres Ministerium der öffentlichen Verwaltung). Ausser Mailand (und Rimini) werden in Begleitkommentaren der Gewerkschaft öffentliche Verwaltung (FP) des Gewerkschaftsbundes CGIL auch die Städte Cremona und Brescia ausführlicher analysiert. Für die Region Cremona werden dabei 3858 Beschäftigte gezählt, von denen 1167 - rund 30 Prozent - Zeitarbeitsverträge haben. Wer sich an den 1.Mai 2004 erinnert, als eben gerade in Mailand über 50.000 Menschen an der autonom organisierten Demonstration der "Prekären" dem Euro-Mayday teilnahmen - wesentlich mehr als am Gewerkschaftsmai - der kann sich auch leicht ausmalen, vor welchen Problemen damit einmal mehr tradierte Gewerkschaftsapparate stehen. |