Home > Internationales > Griechenland > delastik | |
Updated: 18.12.2012 15:51 |
Konservative griechische Tageszeitung entläßt aus politischen Gründen kritischen Redakteur Anfang April wurde Giorgos Delastik, seit zwölf Jahren außenpolitischer Redakteur der wichtigsten konservativen Tageszeitung in Griechenland, aus politischen Gründen entlassen. Die neue Geschäftsführung der "Kathimerini" bestellte Delastik am 2. April zu einem Gespräch und forderte ihn auf, seine Kündigung einzureichen. Als Grund wurde eine Veröffentlichung in der von ihm seit Jahren nebenberuflich geleiteten linken Wochenzeitung "Prin" angegeben. Dort war in der Ausgabe vom 1. April ein nicht gezeichneter Kommentar erschienen, in dem auf die Positionierung von US- und regierungsfreundlichenfreundlichen Journalisten an zentralen Stellen der Medienlandschaft hingewiesen worden war. Insbesondere die Überschuldung von Verlagen werde von international agierenden Unternehmen genutzt, Unternehmensanteile im Printmedienbereich zu erwerben und auf die Personalpolitik Einfluß zu nehmen. Es handele sich "um eine Entwicklung mit schicksalhaften politischen Auswirkungen". Vor dem Hintergrund einer langen Reihe direkter und indirekter Interventionen US-amerikanischer Regierungen in Griechenland seit der Verkündung der Truman-Doktrin während des griechischen Bürgerkrieges ist eine solche Vermutung alles andere als abwegig. Umgekehrt gilt Griechenland, obwohl fest in das westliche Bündnissystem integriert, unter US-Außenpolitikern und Kommentatoren traditionell als unsicherer Kantonist. Die Demonstration von der Polytechnischen Hochschule zur US-Botschaft am Jahrestag des Aufstandes der Studenten gegen die Obristen-Diktatur am 17. November 1973 wurde gelegentlich bereits als "terroristisch" qualifiziert. Einer entsprechende "Pflege" der öffentlichen Meinung in Griechenland wird daher eine besondere Bedeutung beigemessen. Obwohl in dem Kommentar weder die Namen von Personen noch von Zeitungen oder Unternehmen genannt wurden, behauptete die neue Leitung der "Kathimerini", dadurch würden die Interessen der Zeitung berührt, und bestätigte damit indirekt die dort gemachten Aussagen. Die Aufforderung, zu kündigen, kam jedoch kaum überraschend. Schon zuvor war Delastik vergeblich gedrängt worden, seine Beiträge zu internationalen Themen nicht mehr namentlich zu zeichnen. Delastik verweigerte sich der Forderung der Geschäftsführung nach einer Kündigung mit dem Argument, eine solche Aufforderung käme einer Entlassung gleich, und schaltete die Athener Jounalistengewerkschaft ESIEA ein. Diese intervenierte umgehend telefonisch beim neuen Chefredakteur Alexis Papachelas, der daraufhin behauptete, bei der "Kathimerini" gebe es keine Entlassungen. Delastik ist nicht der einzige Fall von unternehmerischer Willkür in Griechenland. Erst vor kurzem wurde die Journalistin Aristea Boujatsou nach 14 Jahren Tätigkeit aus der Redaktion der "Kathimerini" und aus der Mitarbeit beim Radio- und Fernsehsender "SKAI" gedrängt, weil diese sich geweigert hatte, auf Kritik an der regierenden konservativen Nea Dimokratia zu verzichten. Zudem war Dimitris Trimis wegen seiner gewerkschaftlichen Betätigung bei "SKAI" verurteilt worden. Mit Delastik hat es nun einen exponierten Vertreter der sozialistischen Linken getroffen, der für seine kritische Kommentierung der Kriege auf dem Balkan und der Invasion in Afghanistan und im Irak bekannt ist. Aber auch innenpolitisch hat sich Delastik kaum Freunde im Regierungslager gemacht. Die von ihm geleitete "Prin" ist das publizistische Sprachrohr der "Neuen Linken Strömung", der wichtigsten Gruppierung der außerparlamentarischen Opposition in Griechenland. Vor dem Hintergrund des monatelangen, das ganze Land polarisierenden Widerstands gegen die Privatisierung der Universitäten, bei der die mit der NAR assoziierte studentische EAAK erstmalig eine zentrale Rolle spielte, dürfte es der Regierung Karamanlis besonders lästig gewesen sein, daß einer ihrer schärfsten Kritiker ausgerechnet bei dem publizistischen Flagschiff der Konservativen tätig ist. Daß derart unverhohlen gegen unbequeme Journalisten vorgegangen wird, ist allerdings ein Alarmsignal. Die Bewegungsfreiheit von Medienschaffenden droht in zunehmendem Maße, eingeschränkt zu werden. Es kursieren in Athen bereits Gerüchte, wer als nächstes an die Reihe kommen könnte. Quellen: Brief Delastik an ESIEA v. 12.4., Prin, To Pontiki, Indymedia, Naftemboriki online u.a. Artikel von Gregor Kritidis vom 16.04.2007 |