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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Die Griechen wollen das Geld der BILD Zeitung! Zumindest war es die Schlagzeile am Dienstag, 27. April 2010: "Die Griechen wollen unser Geld!" Und da beim LabourNet bisher kein Grieche aufgetaucht ist, der unsere Millionen haben wollte, kann es ja nur das des Zentralorkans der Neidgesellschaft sein. Aber wie heisst "Enteignet Springer!" auf griechisch? Und ist nach unten treten wirklich deutscher Volkssport? Warum wird eine Ratingagentur als seriös zitiert und nicht die Ndhrangeta? Ein "Griechenland-April-Update" aus einer Zeit wogenden Nationalismus, vom 30. April 2010. . . Griechenland im April 2010 a) Wie die Griechen leben... Liest, hört und sieht man deutsche Medienprodukte, geht es nur um eines: Die Griechen - alle natürlich, jede und jeder Einzelne, "der Grieche" als solcher - haben über ihre Verhältnisse gelebt. Sucht man nach einem Einblick in die Lebenslage der Menschen in Griechenland muss schon genau hingesehen werden. In dem Beitrag "Government grants social solidarity aid to vulnerable groups" den Elena Kousta (Labour Institute of Greek General Confederation of Labour) am 8. März 2010 auf EIRO-Online gepostet hat, wird ein Regierungsbeschluss vom Dezember 2009 kommentiert, mit dem Bedürftige eine einmalige, steuerfreie Finanzhilfe zwischen 300 und 1.300 Euro bekommen: Dies betrifft 2,5 Millionen Menschen - eine Zahl, die nicht nur 2009 beständig wuchs, sondern seitdem weiter gewachsen ist. Und dies bei einer Gesamtbevölkerung von 11 Millionen Menschen. Im "Greece: Industrial relations profile" von EIRO, das vor allem die statischen Erhebungen der Jahre 2004 bis 2007 wiederspiegelt wird denn auch für diesen Zeitraum eine Inflationsrate von 3,1% angegeben, Lohnerhöhungen von 3,2%, bei einem Wachstum von über 4% - von in Saus und Braus leben also wahrlich keine Spur. Was unter der Hand auch in der deutschen Neidpropaganda auftaucht: "Am Mittwoch hatte Athen wegen der hohen Schulden ein striktes Sparprogramm beschlossen. Das Paket, das unter anderem höhere Steuern und sinkende Löhne für Staatsdiener umfasst, soll den Fiskus um knapp fünf Milliarden Euro entlasten. An den Märkten hatte der Plan für Erleichterung gesorgt" - heisst es in dem Produkt "Finanzprofis überschütten Griechen mit Geld" von ges/sms/Reuters/apn im Focus vom 4. März 2010, der ungewollt auch Kontraste deutlich macht: "Rege war die Nachfrage auch deshalb, weil der Staat einen schmackhaften Köder geboten hatte: Die Rendite der neuen Anleihen beträgt knapp 6,5 Prozent. Das ist ein Aufschlag von etwa 0,4 Prozentpunkten verglichen mit griechischen Anleihen, die bereits am Markt notieren. Deutschland zahlt für Bundesanleihen weniger als die Hälfte an Zinsen"... Wobei es hier, wie auch bei anderen Artikeln usw stets interessant ist, die dazu verfassten Kommentare anzuschauen, um zu verstehen, wer die Lufthoheit an Teutoniens (digitalen) Stammtischen hat. Was sich auch an folgendem Bericht zeigt: "Griechen am Pranger" von Franziska Schubert in der Frankfurter Rundschau vom 27. April 2010, wo es heisst "Die griechische Botschaft in Berlin hat neuerdings viel Kontakt zur Öffentlichkeit: Sie bekommt Hass-Mails nach der aggressiven Berichterstattung über das Land in Finanznot". b) Wie deutsche Medien berichten...und ein paar Andere "Die Zocker in Berlin" von Marc Beise am 29. April 2010 in der Süddeutschen Zeitung ist ein Kommentar, der, obwohl sehr gutbürgerlich, aus dem Rahmen üblicher Darstellungen fällt, was an folgendem Zitat deutlich wird: "Die schwarz-gelbe Bundeskoalition kennt nur noch ein Ziel: einigermaßen unbeschadet über den Wahltag in Nordrhein-Westfalen zu kommen. Was schon bei der Steuerdiskussion unerträglich ist, wo konkret durchgerechnete Konzepte bis nach der Wahl warten müssen, wird im Fall Griechenland gemeingefährlich. Das EU-Land steht am Abgrund, und leider nehmen die weltweiten Finanzmärkte keine Rücksicht auf Termine in der deutschen Provinz". Ansonsten markiert einmal mehr die Bild-Zeitung den Rahmen: Keineswegs nur per Schlagzeile, sondern auch per üblichen deklarierten Experten, so in "Hans-Werner Sinn: Wir sehen unser Geld nicht wieder" von Stefan Ernst am 24. April 2010 in der Bild: "Wer jetzt für Griechenland bezahlt, muss irgendwann auch für andere Staaten bezahlen. Das ist ein Abenteuer, das eine Kettenreaktion von Nachahmereffekten auslösen kann". Weitere Belege sollen hier ausgespart werden. Wer sich das antun möchte kann beispielsweise bei Google (damit auch jeder mitkriegt, dass er das gerade sucht) eingeben "Griechenland Sculdenkrise" und findet eine dreiviertel Million Einträge... "Zahlmeister" von Volker Pispers im WDR 2 Kabarett bringt wesentlich mehr Infos - und das auch noch im Desinformationskompatiblen 2:30 Format - als die meisten journalistischen Erzeugnisse hierzulande, beispielsweise, dass Geld nicht verschenkt wird sondern geliehen (und zwar durchaus mit "Schnitt"). Und, als letztes Beispiel für "die paar Andere" die komplette Anmerkung Orlando Pascheits von den Nachdenkseiten (die eine interessante Materialsammlung "Griechenland" haben): "Es gibt Situationen, in denen Gefühle so stark werden, dass klare Analysen nicht mehr möglich sind. Ich konnte nie sagen, dass ich stolz sei, ein Deutscher zu sein. Da war immer dieses Grauen aus braunen Zeiten, es schnürt einem das Herz, es nimmt einem Luft, dies "Grab in den Lüften". Angesprochen auf mein Gefühl zu Deutschland, kann ich nur antworten: Trauer. Gerade weil auch soviel Schönes existiert, das ich mit dem Wort Heimat verbinde. - Wenn ich aber diese Stimmungsmache gegen Griechenland sehe, dann kommt bei mir alles wieder hoch. Dieses endlose Diffamieren, dieses Ausgrenzen von Hartz IV-Beziehern oder Migranten. Da sind wir Deutsche Meister. Und als ob wir nicht schon genug gehetzt hätten, geht es jetzt gegen die Griechen. Am deutschen Wesen soll Europa genesen. Wie lächerlich. Wir haben vor dem Hintergrund einer anwachsenden Ungleichheit von Einkommen und Vermögen, stagnierende Löhne, einen Ausbau des Niedriglohnsektors, ansteigende Armut, vor allem bei Kindern und Alten, einen Abbau von Bildungschancen, den Aufbau einer Zweiklassenmedizin usw. zu konstatieren. Sind unsere Politiker deshalb so schweigsam, weil sie klammheimlich froh sind, dass hier ein Nebenkriegsschauplatz aufgemacht wird, der von ihrem Versagen ablenkt, in der Wirtschafts- und Sozialpolitik, im Kampf gegen einen jedes Maß verlierenden Finanzsektor. Wann steht eine Frau Merkel oder ein Herr Westerwelle auf und sagt laut und vernehmlich zu einer Bildzeitung: So nicht! Aber nein, lieber zeigen wir Europa, wo es lang geht. - Keine Erinnerung an die Untaten einer deutschen Wehrmacht in Griechenland, eigentlich in allen Ländern Europas, trübt die deutsche Besserwisserei". c) Das segensreiche Wirken sogenannter Ratingagenturen und anderer Institutionen unkontrollierter Art "Berating the Raters" von Paul Krugman vom 25. April 2010 in der New York Times ist, wie fast allseits bekannt, ebenfalls ein Beitrag aus bürgerlicher Feder - nur eben einer, der nicht plötzlich " "vergisst" was er selbst noch vor kurzem schrieb, wie es etwa die seriös gekleidete Tagesschau tut mit ihren rituellen Verweisen auf eben diesen Agenturen. Nein, Krugman erinnert daran, dass 92% aller geplatzten Geschäfte der US-Spekulanten von eben diesen Agenturen mit Bestnote AAA versehen wurden: Komplizen, sagt er. Was das Treiben dieser undurchsichtigen Ansammlungen bewirkt, wird etwa in dem kurzen Nachsatz deutlich "Als ich zu schreiben anfing, um 11 Uhr, lag der Zinsatz bei 10,58% - jetzt, um 11:25 Uhr, liegt er bei 10,85%" des Beitrags "Post aus Griechenland: Greece in front of the abyss" von Yannis Almpanis vom 29. April 2010 auf der Webseite von Ingo Stützle. In "Greece: Driven into Crisis" fasst Autor Ingo Schmidt am 27. April 2010 im kanadischen "The Bullet" von einem sozialistischen Standpunkt aus nicht nur das Wirken der Ratingagenturen, sondern auch des IWF und der EU zusammen - und dies etwa im Schuldenvergleich keineswegs nur zu Spanien etc, sondern zu "erstklassigen" Schuldnern - und prognostiziert wachsende Auseinandersetzungen. Zum Abschluss: Karls Geburtstag! Am 5. Mai wird in Griechenland ein Generalstreik organisiert - Überlegungen, wie dies hierzulande unterstützt werden kann, wären sicherlich vielen willkommen! Zusamengestellt von hrw |