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Updated: 18.12.2012 15:51
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Streik geht weiter, Solidarität wächst

Der Ausnahmezustand wurde bereits reduziert und sollte (?) jetzt auslaufen. Währenddessen haben zahlreiche afrikanische und französische Gewerkschaften Solidarität bekundet und mobilisiert - in Frankreich wird es eine Demonstration geben. Einen aktuellen Überblick über die wachsende Solidarität mit dem Kampf und dem andauernden Generalstreik in Guinea gibt der Bericht "Die internationale Solidarität nimmt Gestalt an" von Bernard Schmid vom 2". Februar 2007.

Die internationale Solidarität nimmt Gestalt an

Am heutigen Freitag geht in Guinea theoretisch das seit dem Dienstag, 13. Februar verhängte Kriegsrecht und die Ausgangssperre zu Ende. Diese war zunächst für eine Dauer von zehn Tagen ausgesprochen worden. Am gestrigen Donnerstag kam jedoch keine Einigung zwischen dem Regime von Präsident Lansana Conté und den Gewerkschaften, die den Massenprotest anführen, zustande. Die Gewerkschaften hielten weiterhin an ihrem Aufruf zum unbefristeten Generalstreik fest, den sie nur aufheben wollen, falls Präsident Conté den von ihm ernannten Premierminister Eugène Camara (einen Angehörigen seiner Clique) entlässt und einen neuen Regierungschef “des Konsenses" ernennt. Das Regime wird also heute die Abgeordneten des Parlaments versammeln, die im Laufe des Tages über die Verlängerung des Kriegsrechts und der Ausgangssperren abstimmen werden.

Unterdessen kommt es anderswo, auch im europäischen Ausland, erstmals zu nennenswerten Solidaritätsinitiativen.Solidaritätserklärungen und Initiativen im Ausland Eine Sammlung von Stellungnahmen und Solidaritätsbotschaften von Gewerkschaften des afrikanischen Kontinents, von der marokkanischen OdT algerischen “autonomen Gewerkschaft" im öffentlichen Dienst SNAPAP über die CGTM in Mauritanien bis zum Gewerkschaftsbund Lutte Ouvrière (LO, Arbeiterkampf) in der Demokratischen Republik Kongo, ist bei der CNT veröffentlicht externer Link - Beim Ort der Veröffentlichung handelt es sich um die Homepage der französischen anarcho-syndikalistischen CNT. Die CNT veröffentlicht auch eine Solidaritätsbotschaft ihrer spanischen Schwesterorganisation, der anarchosyndikalistischen CGT. In Frankreich selbst hat die CNT von Anfang an eine wichtige Rolle bei der Solidarisierung mit den guineeischen Massenkämpfen gespielt (vgl. unten).

In Paris wird am morgigen Samstag wird von 14 bis 18 Uhr eine Solidaritätsdemonstration für die guineeische Bevölkerung stattfinden, die von der Gare de l'Est (vom Ostbahnhof) zur Place de la République im nördlichen Zentrum der Hauptstadt führen soll. Den Aufruf dazu hatte die CGT, der größte unter den Gewerkschaftsdachverbänden, am Mittwoch veröffentlicht externer Link (vgl. , oben rechts unter der Rubrik “Nos dernières infos", Eintrag: “Manifestation de soutien au peuple guinéen...").

Der Aufruf zur Demonstration wurde rapide bspw. über das“Réseau des bahuts" verbreitet, eine Mailingliste von linken LehrerInnen (ungefähr: “Netzwerk der Pennen"), die aus dem großen Streik im April-Mai-Juni 200" heraus entstand und noch immer parallel zu den Gewerkschaften fortexistiert. Am Mittwoch Abend fand ein Vorbereitungstreffen am Sitz der, der Sozialdemokratie nahe stehenden, Vereinigung "SOS Racisme" im 19. Pariser Bezirk statt. Inzwischen rufen auch andere Gruppierungen wie die auf Afrika spezialisierte, radikal kritische Solidaritätsvereinigung "Survie" zu der Demonstration auf. Angesichts der kurzen Aufruf- und Vorbereitungszeit ist nur darauf zu hoffen, dass die Teilnehmerzahlen nicht gering ausfallen mögen.

Französische Gewerkschaften

Die französische CGT hat schon am 13. Februar, anlässlich des Wiederaufflammens des Generalstreiks (nachdem Präsident Lansana Conté das Abkommen vom 26./27. Januar gebrochen und einen Premierminister aus seiner Clique ernannt hatte) eine Erklärung veröffentlicht, die ziemlich komplett ausfiel. Darin werden sowohl die sozialen und ökonomischen als auch die politischen Forderungen der Protestierenden in Erinnerung gerufen. So listet die CGT in ihrer Erklärung die Punkte des Abkommens vom 27. Januar auf: Neben der Ernennung eines vom Präsidenten unabhängigen Premierministers auch "die Senkung des Preises für Reis und Transportmittel (Anm. BhS: da die Erhöhung der Preise für diese elemantaren Bedarfsgüter die 2006 erkämpften Lohnerhöhungen schnell aufgefressen und übertroffen hatte), keine Preiserhöhung für Grundbedarfsmittel während eines Jahres, Anhebung der Renten, ein Statut für die Lehrkräfte. Strikter Respekt der Gewaltenteilung, Unabhängigkeit der Zentralbank (Anm. BhS: die in Guinea einen völlig anderen Sinn hat als in Europa mit der EU-Zentralbank, die unabhängig ist, um jeder demokratischen Kontrolle entzogen zu sein - in Guinea geht es darum, zu verhindern, dass die notorisch korrupten Machthaber sich am öffentlichen Eigentum wie an einem Privatvermögen bedienen) und die Verhängung gerichtlicher Sanktionen gegen die "Räuber an der Nationalökonomie". Diese Klausel bezieht sich explizit auf den früheren "Boss der Bosse" Mamadou Sylla und den Ex-Minister und Ex-Zentralbankchef Fodé Soumah, die wegen Unterschlagungen angeklagt waren, aber auf persönliche Initiative von Präsident Lansanca Conté hin aus dem Gefängnis befreit worden sind." Soweit Originalton CGT. (Eine weitere Klausel des Abkommens vom 27. Januar in der uns vorliegenden Fassung, nämlich das "Einfrieren aller Exporte von Nahrungsmitteln, Fischfang- und Waldprodukten bis zum Jahresende 2007" - ausgehend von der Idee, dass nicht exportiert werden soll, während die Leute zu Hause an Hunger darben - wird nicht erwähnt.)

Die CGT fordert in ihrer Erklärung Frankreich und die EU dazu auf, "gezielte Sanktionen gegen die guineeischen Machthaber" zu verhängen und deren Guthaben auf europäischem Boden (das, wie bei solchen Autokraten üblich, riesige ins Ausland geschaffte Vermögen) einzufrieren. CGT-Chef Bernard Thibault hatte einen entsprechenden Brief an Präsident Jacques Chirac und seinen Außenminister Philippe Douste-Blazy verfasst.

Schon am 18. Januar 2007, während der ersten Welle des Generalstreiks, hatte die CGT einen Offenen Brief an die guineeische Botschaft in Paris gerichtet. Darin forderte sie den guineeischen Staat unter anderem dazu auf, die harte Repression einzustellen und die Rechte der Gewerkschaften zu respektieren.

Weit dahinter zurück fällt, vom Inhalt her betrachtet, eine Stellungnahme des “unpolitisch"-populistischen (drittgrößten) französischen Gewerkschaftsbunds Force Ouvrière (FO) vom Januar 2007. In ihm werden zwar die wirtschaftlichen Forderungen (vor allem das Problem der “Preiserhöhung bei Grundnahrungsmitteln, insbesondere Reis"), aber mitnichten die politischen Forderungen und der politische Kontext erwähnt. FO, die den institutionellen Weg - über Treffen mit dem französischen (?!) Botschafter in Nairobi, am Rande des Weltsozialforums im Januar 2007 - favorisiert hat, verurteilt “insbesondere die Verhaftung und Misshandlung der beiden wichtigsten Gewerschaftsführer, Ibrahima Fofana (USTG) und Rabiatou Serah Diallo (CNTG)".

Auch der zweitgrößte französische Gewerkschaftsbund, der laut Eigenbezeichnung “reformistische" (an der Spitze rechtssozialdemokratische bis pro-neoliberale) Dachverband CFDT, hat eine Erklärung zur Solidarität externer Link mit den guineeischen Gewerkschaften verfasst. Am 5. Februar veröffentlichte die CFDT eine Erklärung, in der sie ebenfalls die wichtigsten Punkte des Abkommens vom 27. Januar - in etwas kürzerer Form als eine Woche später die CGT - auflistete. Die CFDT fügt in ihrer Erklärung hinzu, ihre eigene Einwirkung beim französischen Außenministerium sowie “die mit dem Internationalen Gewerkschaftsbund koordinierten Initiativen" seien dabei“ins Gewicht gefallen", als es zu einem Abkommen in Guinea kam. Die CFDT erinnert daran, dass sich in derselben Woche eine hochrangige Delegation des Internationalen Gewerkschaftsbunds sowie der Internationalen Labour Organisation (ILO) in Guinea aufgehalten habe. (Räumlich betrachtet, steht die Erklärung links unten auf der Seite.)

Die anarcho-syndikalistische französische CNT hat von Anfang an eine aktive Rolle bei der Organisierung von Protest gegen die Repression in Guinea und für die Solidarität gespielt. Eine ihrer ersten Erklärungen (inzwischen hat die CNT fünf Aufrufe und Texte zum Thema Guinea publiziert) war übertitelt mit: “Ob in Paris oder Conakry, allein der Kampf bezahlt sich aus!" Die CNT war auch aktiv an der Pariser Demonstration gegen den französisch-afrikanischen Präsidentengipfel in Cannes (14.-16. Januar) am Abend des Dienstag, 1". Februar beteiligt. Dort verteilte sie oben genannte Erklärung. (Auszug: “Die CNT begrüßt die Entschlossenheit ihrer Kollegen in diesem Land, die einem korrupten Staat gegenüber stehen, der als einzige Antwort die Repression kennt..." Die Gesamtheit der jüngsten Erklärungen der CNT zu Guinea externer Link kann hier abgerufen werden.

Auch der Zusammenschluss linker Basisgewerkschaften SUD/Solidaires hat am 15. Februar 2007 ein Kommuniqué zur Solidarität mit den guineeischen Streikenden veröffentlicht. Nachdem die Hauptfakten (das Ausmaß der Repression, die Rolle der Gewerkschaften CNTG und USTG, die Rolle des ehemaligen Arbeitgeberpräsidenten Mamadou Sylla) benannt wurden, wird die Erklärung mit den Worten geschlossen: “Die Union Solidaires erklärt ihre Unterstützung für die Gewerkschaftsorganisationen, die besonders hart von der Repression getroffen werden, im Kampf gegen die Korruption, für die Demokratie und die Selbstbestimmung der guineeischen Bevölkerung." (Siehe die Erklärung anbei)

Ankündigung

Am Montag gibt es dann frisch bei Labournet: einen Bericht von der Pariser Solidaritätsdemo am Wochenende, und Auszüge von Stellungnahmen aus der französischen Linken. Von der libertär-kommunistischen AL, Alternative Libertaire, über die französische KP bis hin zu den - pardon - sozialdemokratischen Arschlöchern, die vor allem eine verstärkte Einmischung der EU in Guinea propagieren zu müssen glauben. Letzteres natürlich, “um den demokratischen Transitionsprozess zu unterstützen". Würg...

Bernard Schmid, 23.02.2007


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