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Updated: 18.12.2012 15:51
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Generalstreik in Guinea: (Ansätze zur) Solidarität in Frankreich - Lösung vor Ort in Sicht?

Nach sechswöchiger Konfrontation und mutmaßlich 113 Toten nehmen die Ereignisse in Guinea möglicherweise in den nächsten 48 Stunden eine wichtige, ja entscheidende Wendung. Am Sonntag hat der amtierende Präsident Lansana Conté akzeptiert, den von ihm am 9. Februar ernannten Premierminister Eugène Camara abzusetzen und einen Regierungschef "im Konsens" zu ernennen. Konkret wird Conté demnach den neuen Premierminister unter den fünf Bewerber(inne?)n auswählen, die ihm durch "die Gewerkschaften und die Zivilgesellschaft" vorgeschlagen worden sind. Dies kündigte am Sonntag in Conakry ein Gewerkschaftsführer gegenüber der französischen Nachrichtenagentur AFP an (Meldung von 14.35 Uhr). Am Sonntag um 15.06 Uhr konnte AFP vermelden, die Gewerkschaften würden ihren Generalstreik ab Dienstag "aussetzen", in Erwartung dieser Auswechselung der Regierung und ihrer Ergebnisse.

Abgeordnete haben nun "mehr Angst vor der Bevölkerung als vor dem Präsidenten"

Voraus ging am Freitag ein wichtiger Teilsieg der Massenbewegung für soziale Belange und (de facto auch) für die Abdankung des alten Präsidenten: Die Abgeordneten des Parlaments in Conakry verweigerten die, von Präsident Lansana Conté verlangte, Verlängerung des Belagerungszustands. Dieser war, mit den entsprechenden Konsequenzen - Ausgangssperre, Geltung des Kriegsrechts - am Abend des 12. Februar 2007 für den folgenden Tag worden. Der Beschluss des Präsidenten war zunächst für die Dauer von zehn Tagen gültig. Danach forderte Conté das Parlament auf, ihn durch ein eigenes Votum zu verlängern, aber die Abgeordneten stimmten mehrheitlich dagegen. Maryama K., eine in Paris lebende Exil-Guineerin, beobachtet, dass die Abgeordneten zum ersten Mal mehr Angst vor "ihrer" Bevölkerung hätten als vor dem Präsidenten-Diktator: "Es ist ganz einfach: Die Machthaber in Conakry können sich verschanzen. Sie haben sich zur Zeit in (den Militärstützpunkt) Camp Samory zurückgezogen, wo sie aber faktisch wie Gefangene sind. Doch die Abgeordneten sind in ihren Wahlkreisen, außerhalb der Hauptstadt Conakry, der Wut des Volkes ausgeliefert. Sie haben Angst, dass ihre Besitztümer abgefackelt werden. Deshalb versuchen sie, jetzt ihren Kopf aus der Schlinge zu ziehen."

Am Sonntag/Montag stand in Guinea die Trauer über die, je nach Angaben, 113 oder 115 Toten der Repression auf der Tagesordnung. Am morgigen Dienstag wird sich dann entscheiden, wie es weitergeht und ob die Ernennung eines neuen Premierministers (mit hinreichenden Machtbefugnissen) tatsächlich den Anfang einer Machtübergabe durch den Präsidenten bedeutet. In einer ersten Phase hatte Präsident Conté die Einsetzung eines Premiers (dieser Posten ist in der guineeischen Verfassung nicht vorgesehen, die allein dem Präsidenten die Macht gibt; Guinea hatte seiner Unabhängigkeit im Jahr 1958 bisher erst zwei amtierende Präsidenten) im Abkommen vom 27. Januar akzeptiert. Aber am 9. Februar ernannte er dann einen Angehörigen seiner Clique, Eugène Camara, der elf Jahre lang den wechselnden Regierungen von Präsident Conté angehört hatte und als seine Marionette gilt, zum Regierungschef. Dies hatten die Gewerkschaften und die Massenbewegung jedoch nicht akzeptiert, da von ihm keinerlei Änderung der sozialen und ökonomischen Situation sowie des herrschenden Autoritarismus zu erwarten war.

Wichtig wird es noch sein, Aufklärung über das Schicksal der derzeit circa 150 "Verschwundenen" zu erzielen. Das Regime hatte diese Personen (Journalisten, Gewerkschafter/innen...) vor allem im Laufe des Februar gezielt "verschwinden" lassen und in Armeestützpunkte verschleppt. 5 von ihnen sollen seit den ersten Stunden tot sein, aber genauere Angaben zu ihrem Schicksal werden bisher vermisst.

Paris: Solidarität in Ansätzen

Zum wiederholten Male demonstrierten am Samstag in Paris mehrere hundert guineeische Staatsbürger. Dieses Mal wurden sie unterstützt durch eine Handvoll Staatsbürger aus anderen, diktatorisch regierten afrikanischen Staaten (Togo, Congo-Brazzaville; beide gehören der französischen Einflusssphäre an) und zwei bis drei Handvoll Weiße. Nachdem die Demonstration vom Ostbahnhof (Gare de L'Est) bis zur Place de la République gezogen war, fand dort gegen 17 Uhr eine Auftaktkundgebung statt. Dort sprachen u.a. die guineeische Gewerkschafterin Maryama Benda, die am 22. Januar zeitlich als Erste verhaftet worden war, und prominenten Repräsentantinnen von Oppositionsparteien. Auch eine Gruppe von jungen Guineern, die eine Woche zuvor die guineeische Botschaft in Frankreich besetzt hatten (und für diese Woche zu einer Neuauflage der Aktion aufruft), kam zu Wort. Ein Sprecher der CGT und eine Vertreterin der französisch-afrikanischen Solidaritätsvereinigung Survie kamen ebenfalls zu Wort. Ferner sprach ein Togolese, in dessen Land im April 2005 eine manipulierte Präsidentschaftswahl stattfand, in der der Sohn des 40 Jahre amtierende Diktators Eyadéma zu seinem Nachfolger "gewählt" wurde; die Repression kostete damals geschätzte 800 Tote. Daneben liefen einzelne Mitglieder der CGT, aber auch Leute von der anarchosyndikalistischen CNT und einzelne französische Linke in dem Protestzug mit. Am stärksten vertreten dürfte die Solidaritätsvereinigung Survie gewesen sein. Überwiegend beschränkte sich die Unterstützung durch den Gewerkschaftsbund CGT (der den Aufruf zu der Demo auf seiner Homepage platziert hatte) im Zur-Verfügung-Stellen von materieller Infrastruktur : Lautsprecheranlage und Kleinbus mit CGT-Fahnen, Abordnung eines Sprechers. "Immerhin", könnte man sagen.

Bereits am 27. Januar hatte eine Demonstration von circa 500 Menschen - vorwiegend guineeische Staatsbürger mit Unterstützung durch die französische anarchosyndikalistische CNT - stattgefunden und war vor die Botschaft der Republik Guinea in Paris gezogen. Am 17. Februar hatte auch eine Demonstration vor der Pariser Botschaft des Nachbarlands Guinea-Bissau (ehemalige portugiesische Kolonie) "gegen die Entsendung von Söldnern in die Republik Guinea" stattgefunden. Der Machthaber in Guinea-Bissau, Nino Vieira, hat Soldaten zur Aufstandsbekämpfung in das Nachbarland an die Seite von Präsident Lansana Conté (der auch Söldner aus dem Ex-Bürgerkriegsland Liberia hat kommen lassen) entsandt. Aus später Dankbar für die Jahre 1996 bis 1998 vielleicht, denn damals hatte die Republik Guinea ihrerseits militärische Kräfte nach Guinea-Bissau geschickt, die dort halfen, soziale Massenbewegungen niederzuschlagen.

Bernard Schmid, Paris, 26.02.2007


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