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Updated: 18.12.2012 16:00 |
Kriminalisierung sozialer Bewegungen: Skandalöses Urteil gegen Wohnrauminitiative "Jeudi Noir" ,Jeudi Noir' (Schwarzer Donnerstag) ist, neben dem DAL (Droit au logement, "Recht auf Wohnraum") eine der bekanntesten Wohnrauminitiativen in Frankreich. Während der DAL vor allem Wohnungslose aus ärmeren Familien - unter ihnen viele Immigrantenfamilien - organisiert, vertritt die Gruppe ,Jeudi Noir' vor allem Wohnungssuchende aus den jüngeren Generationen: Studierende, junge Lohnabhängige usw. Ihr Name ist eine Anspielung auf den Donnerstag als Erscheinungstag der, an den Kiosken zu erwerbenden, Wohnungsvermittlungs- und Annoncen-Zeitschriften wie etwa ,De Particulier à Particulier' . Die Donnerstag sind deswegen so "schwarz", weil entweder die Wohnungssuchenden schlechte Nachrichten erhalten - etwa die irrwitzigen Mietpreise zu lesen bekommen - oder aber die Treppenhäuser schwarz vor Menschen sind, wenn 40 Leute sich vor der Tür einer miserablen Wohnung die Füße platt stehen. Anfang März hat jetzt ein Amtsgericht im - schweineteuren - 6. Pariser Bezirk entschieden, zehn Mitglieder der Gruppe zur Zahlung von "Schadensersatz" an eine Millionärin in Höhe von 53.525 Euro zu verurteilen. Die Konten der jungen Prekären wurden beschlagnahmt, ihre mageren Ersparnisse gepfändet. Ihr "Verbrechen"? Sie bewohnen - als Hausbesetzer/innen - ein 250 Quadratmeter messendes Haus, das seine "millionenschwere" Besitzerin seit nunmehr elf Jahren leer stehen lässt. Selbst der konservative Bezirksbürgermeister des 6. Arrondissements, Jean-Pierre Lecoq (UMP), hatte im Angesicht des Leerstands "Verständnis" für die jungen Besetzer/innen geäußert. Dieses Wahnsinns-Urteil ist ein weiterer, bedenklicher Schritt auf dem Weg zur justiziellen Kriminalisierung sozialer Bewegungen. Eine andere Wohnrauminitiative, der oben zitierte DAL, war im Spätherbst 2008 seinerseits strafrechtlich zu einer Geldstrafe in Höhe von 12.000 Euro verurteilt worden. Anlass war das Zurücklassen von "Müll" - normalen Hinterlassenschaft von Haushalten - an den Örtlichkeiten einer Besetzung unter freiem Himmel: Unweit der (symbolträchtigen) Place la Börse - dem Börsenplatz -, in der (ebenso symbolträchtigen) Rue de la Banque , hatten Immigrantenfamilien fast ein Jahr lang in Zelten ausharren müssen, bis ihnen städtische Wohnungen angeboten wurden. Da die Menschen dort Monate lang buchstäblich auf der Straße - eben unter Zeltdächern - hatten leben müssen, hinterließen sie "normalen" Hausmüll, wie er in jeder Familie anfallen würde. Nur, dass diese Hinterlassenschaften normalerweise mir nichts, dir nichts durch die städtische Müllabfuhr beseitigt werden. Da die Leute aber in diesem Falle keine "reguläre Adresse" vorzuweisen hatten, wurde dies als Anlass zu einem irrsinnigen Prozess genommen. Die aktuelle Tendenz zur Kriminalisierung sozialer Bewegungen ist Besorgnis erregend. ,Jeudi Noir' und der DAL werden am Mittwoch Nachmittag eine gemeinsame Pressekonferenz durchführen. Unten stehend ihr Pressekommuniqué von Anfang dieser Woche. Bernard Schmid, Paris, 10.03.2009 Communiqué de presse JEUDI-NOIR - DAL A quelques jours de la fin de la trève hivernale, une propriétaire millionnaire qui laisse son immeuble vide depuis plus de 10 ans bloque les comptes de huit jeunes précaires. « Déjà que je galère avec ma bourse, si en plus on me la saisit... » s'indigne Jonathan, 24 ans. Conférence de presse mercredi 11 mars à 14 h 30 Présentation du lieu en images Le tribunal du VIe a condamné les habitants à payer 53 525 à une propriétaire qui reconnaît que son immeuble restera vide encore pendant de nombreuses années . Huit jeunes éligibles au logement social mais en attente d'une place, habitent depuis un an un bâtiment de 250 m² abandonné depuis 11 ans en face du Bon Marché. Tout le quartier et jusqu'au maire de l'arrondissement se plaignent de cet immeuble qui reste vide et défigure le quartier. Conférence de presse mercredi 11 mars à 14 h 30 Contacts presse : ruedesevres@gmail.com |