Home > Internationales > Frankreich > Politik > wahl12_7 | |
Updated: 18.12.2012 15:51 |
Linke ungefährlich... "Auch so kann man, wenn man als Kandidat zu einer wichtigen Wahl antritt, um Sympathien für sich werben: I’m not dangerous, erklärte der aussichtsreiche französische Präsidentschaftskandidat François Hollande – der Bewerber der Sozialdemokratie für das höchste Staatsamt – am Mittwoch, den 29. Februar 12 in London demonstrativ vor Kameras und Blitzlichtern. Ungefährlich, das wollte er dabei betonen, sei er vor allem für die Kapitelvertreter. Darunter jene der Finanzbranche, die seit den Weichenstellungen der Regierung Margaret Thatchers in den achtziger Jahren eine ihrer internationalen Hochburgen in der City of London besitzt" - so beginnt ",Trotzdem gefährlich’ Frankreich: Sozialdemokratie, etablierte Linke und Gewerkschaften im Wahlkampf – zwischen Ankündigung eines neuen Spitzesteuersatzes und sozialpolitischer Resignation" von Bernard Schmid vom 09. März 2012 ,Trotzdem gefährlich' : Sozialdemokratie, etablierte Linke und Gewerkschaften im Wahlkampf - zwischen Ankündigung eines neuen Spitzesteuersatzes und sozialpolitischer Resignation Auch so kann man, wenn man als Kandidat zu einer wichtigen Wahl antritt, um Sympathien für sich werben: I'm not dangerous, erklärte der aussichtsreiche französische Präsidentschaftskandidat François Hollande - der Bewerber der Sozialdemokratie für das höchste Staatsamt - am Mittwoch, den 29. Februar 12 in London demonstrativ vor Kameras und Blitzlichtern. Ungefährlich, das wollte er dabei betonen, sei er vor allem für die Kapitelvertreter. Darunter jene der Finanzbranche, die seit den Weichenstellungen der Regierung Margaret Thatchers in den achtziger Jahren eine ihrer internationalen Hochburgen in der City of London besitzt. Es war im Übrigen schon das zweite Mal, dass Hollande auf dem Umweg über London politische Signale im französischen Wahlkampf setzte. 14 Tage zuvor hatte er in einem Interview mit der britischen Tageszeitung The Guardian (Vgl. http://www.guardian.co.uk/world/2012/feb/17/francois-hollande-uk-city-london ) versichert, Befürchtungen wie zur Zeit der Wahl des bislang einzigen sozialistischen Präsidenten der Fünften Republik in Frankreich - sie wurde 1958 eingerichtet - seien unbegründet. François Mitterrand, bislang einziger Sozialist in diesem Amt seit Bestehen der aktuellen Verfassung, war 1981 gewählt worden. Damals hatte er auch die Französische kommunistische Partei (den PCF) für drei Jahre als Juniorpartner in die Regierung genommen. Allerdings nur, um sie einzubinden, zu diskreditieren und um soziale Widerstände ihrer Arbeiterbasis sowie der ihr nahe stehenden Gewerkschaft CGT zu neutralisieren. 1984 befand sich die Partei in einem miserablen Zustand, als sie die Regierung verließ. Auch die CGT geriet in den darauffolgenden Jahren in die Krise. In damals konservativ regierten Hauptstädten wie London oder Washington war man dennoch anfänglich über den Einfluss der "Roten" besorgt. Nichts dergleichen sei heute zu befürchten, erklärte Hollande der britischen Zeitung: "Heute gibt es in Frankreich keine Kommunisten mehr." Nachdem der Ausspruch in Frankreich einen kleinen Aufschrei erregt hatte - die gleichnamige Partei ist inzwischen mit einer Linksabspaltung der Sozialdemokratie verbündet, ihr gemeinsamer Kandidat Jean-Luc Mélenchon kann auf zehn Prozent der Stimmen hoffen -, ließ Hollande das Interview auf der Webseite des Guardian noch abändern. Am nächsten Tag wurden der Aussage noch die Worte "Oder nicht mehr so viele" hinzugefügt. (Vgl. dazu http://tempsreel.nouvelobs.com/election-presidentielle-2012/20120217.OBS1659/ce-qu-a-vraiment-dit-hollande-au-guardian-sur-les-communistes.html ) "Ungefährlich" aus Sicht des transnational aktiven Kapitals wollte François Hollande sich auch vergangene Woche zeigen, nachdem er einige Stunden zuvor in Frankreich einen etwas überraschend kommenden Coup gelandet hatte. Unerwartet hatte er, erstmals, eine auf den ersten Blick beinahe klassenkämpferisch klingende Ankündigung getätigt: Bei den höchsten Einkommen wolle er einen neuen Spitzensteuersatz einführen, der bei 75 Prozent liege. Allerdings soll der Satz erst oberhalb eines individuell versteuerten Jahreseinkommens in Höhe von einer Million greifen. Dies beträfe maximal 30.000 Personen in Frankreich, manche Quellen sprechen auch nur von 7.000. Und natürlich würden nur die obersten Zipfel des jeweiligen Einkommens so stark besteuert, da auch die höchsten Jahreseinkünfte progressiv und nicht nach einem einheitlichen Satz besteuert werden. Sein linker Konkurrent Mélenchon möchte übrigens ab einer bestimmten Maximalhöhe gleich zu 100 Prozent beisteuern, und generell über gesellschaftlich vernünftige Mindest- ebenso wie über Höchsteinkommen diskutieren. Reale Auswirkungen hätte François Hollandes Ankündigung, würde er Anfang Mai dieses Jahres gewählt, wohl kaum. Oder allenfalls für ein paar prominente Stars und Fußballer, die sich nicht einen Wohnsitz im steuerlich günstigeren Ausland gewählt haben. Firmeninhaber und andere Kapitaleigentümer sind erfahren genug und hinreichend gut beraten, weder ein Vermögen in dieser Höhe individuell versteuern zu lassen - es wird tunlichst in den Angaben über Unternehmensvermögen oder hinter anderen Investitionen versteckt -, oder aber eine der zahlreichen Abschreibmöglichkeiten zu nutzen. Aber Hollande benötigte dringend eine spektakulär und irgendwie kämpferisch klingende Ankündigung, nachdem seinem Wahlkampf in den letzten Wochen offenkundig die Puste ausging. Sein Widersacher Nicolas Sarkozy hatte die Dynamik an sich gezogen. Und der konservativ-wirtschaftsliberale Kandidat hatte in einer Hinsicht Recht: Sarkozy hatte in seiner Umgebung erklärt, Hollande habe einen taktischen Fehler begangen, indem er sein ganzes Programm im Januar 12 bei einer Großveranstaltung im Pariser Vorort Le Bourget auf einen Streich verkündet habe. Damals kündigte er "60 Punkte" an, und auch damals schon diente diese Initiative dazu, eine ausbleibende Dynamik durch eine spektakulär daherkommende Ankündigung anzukurbeln. "Nun hat er nichts mehr zu sagen, nachdem er sein vollständiges Programm schon angekündigt hat", meine Sarkozy dazu. Deswegen brauchte es wohl den leichten Überraschungscoup. Zudem sollte die Ankündigung zum neuen Spitzensteuersatz auch andere programmatische Leitsätze Hollandes, die am Tag zuvor und am selben Tag verkündet wurden, relativieren. So spricht der sozialdemokratische Kandidat sich auch für eine neue nicht einkommensprogressive, sondern pauschale Sondersteuer aus. Ähnlich, wie bürgerliche Regierungen seit 1995 zwei unpopuläre, da Arme ebenso stark wie Reiche belastende, Sondersteuern zur Refinanzierung der Sozialkassen eingeführt hatte. Bei François Hollande sollen sie neben diesem Zweck auch zum Rückbau der Staatsverschuldung dienen. Auch dass Hollande zu Anfang voriger Woche verkündete, die Anfang 2009 durch Präsident beschlossene Rückkehr Frankreichs ins Militärkommando der NATO beizubehalten, war links durchaus unpopulär. Unterdessen ist Hollands Vorschlag für einen Sonder-Spitzensteuersatz von 75 % durchaus populär. Laut einer Umfrage von Mitte dieser Woche wird er durch 61 % der befragten Französinnen und Franzosen befürwortet. Wenig Hoffnungen, geringer Enthusiasmus Vermeintlich spektakuläre daherkommende Reichensteuern hin oder her: Generell vermag François Hollande nicht gerade bahnbrechende Hoffnungen auf positive soziale Veränderungen zu erwecken. Laut einer jüngsten Umfrage des Instituts Ipsos und einer Consultingfirma erwarten sich 34 Prozent der befragten Französinnen und Franzosen im Falle einer Wahl Hollandes eine teilweise Verbesserung der Lebensverhältnisse, dagegen erwarten 37 Prozent eine Verschlechterung (Vgl. http://elections.lefigaro.fr/flash-presidentielle/2012/03/01/97006-20120301FILWWW00603-scepticisme-envers-hollande-et-sarkozy.php ). Letztere Zahl hängt nicht wirklich mit einer Angst der Bourgeoisie vor drohender "Umverteilung" zusammen, sondern eher mit den generell pessimistischen Erwartungen über die weitere Entwicklung der Krise. Bei einer Wahl Nicolas Sarkozys erhoffen sich übrigens nur 20 Prozent bessere Lebensverhältnisse, und 49 Prozent erwarten ihre Verschlechterung. Vor diesem Hintergrund ist nicht zu erwarten, dass François Hollande einen bahnbrechenden Enthusiasmus rund um seine Kandidatur entwickeln wird. Gleichzeitig erscheint sie in breiten Kreisen als "kleineres Übel", und die Wählerinnen und Wähler werden voraussichtlich eher illusionslos, nüchtern und ohne starke Erwartungen für ihn stimmen. Die französische Sozialdemokratie erhofft sich davon wiederum, einen "Schock der Enttäuschungen" wie anlässlich der ersten Jahre von François Mitterrand Präsidentschaft zu vermeiden. Damals hatten die etablierten Linksparteien viele ihrer früheren Wähler und Sympathisantinnen vor den Kopf gestoßen. Just in jenen Jahren begann, 1983/84, der Aufstieg der extremen Rechten, deren Wahlerfolg sich unter anderem aus diesen Frustrationen nährte. Ankündigungen der Regierungsrechten zur Wirtschafts- & Sozialpolitik Nicolas Sarkozy, der Amtsinhaber und gewichtigste Widersacher François Hollandes bei der Präsidentschaftswahl, verkörpert unterdessen die Androhung neuer sozialpolitischer Offensiven der Kapitalseite. Beispielsweise wurde, in der Nacht zum 29. Februar 12, das im Dezember 2011 diskutierte Gesetz zur Einschränkung des Streikrechts im Luftverkehr - Labournet berichtete - bereits durch die Nationalversammlung angenommen. Im Laufe des Februar 2012 machte Nicolas Sarkozy sich nunmehr auch für die Erleichterung der Sonntagsarbeit, durch die Ausdehnung von gesetzlich möglichen Ladenöffnungszeiten an den Sonntagen, stark (Vgl. http://www.leparisien.fr/election-presidentielle-2012/en-direct-apres-sarkozy-fillon-accuse-hollande-de-mensonge-17-02-2012-1865005.php ). Zwar war die sonntägliche Erwerbstätigkeit in Handel & Verkaufsberufen bereits im Jahr 2009 gesetzlich erleichtert worden, doch wurde dieses "Angebot" des Gesetzgebers an die Branche in der Praxis kaum angenommen. Durch die Krise blieben die Verkaufszahlen eher hinter denen zuvor zurück. Und da das neue Gesetz den Abschluss von Unternehmens- oder Betriebsvereinbarungen zur Erleichterung der Sonntagsarbeit forderte - welche irgendwelche, durch die Vertragsparteien zu definierenden "Gegenleistungen" für die sonntägliche Arbeit vorsehen sollen -, kam es in der Praxis kaum zu solchen Abschlüssen. Nunmehr möchte Sarkozy erneut in die Offensive für die reale, praktische Ausweitung der Sonntagsarbeit gehen, so kündigte er es jedenfalls öffentlich an. Sicherlich auch, um seine kleinbürgerlich-mittelständische Basis etwa im Kleingewerbe besser zu mobilisieren. Gleichzeitig machte Sarkozy den Gewerkschaften im öffentlichen Dienst Ende Februar d.J. das "Angebot" für einen Deal, der die Lehrkräfte in den öffentlichen Schulen betreffen soll: Diese sollen wöchentlich acht Stunden mehr vor ihren Schüler/inne/n stehen, indem die Unterrichtszeiten "auf freiwilliger Basis" von bislang 18 auf 26 Stunden ausgedehnt werden (Vgl. http://actu.orange.fr/presidentielle2012/news/sarkozy-propose-aux-enseignants-volontaires-de-travailler-plus-pour-gagner-plus-afp_508346.html ). (Dies bedeutet natürlich nicht die wirkliche Arbeitszeit, denn zu der puren Unterrichtszeit kommen ja noch bei der Vorbereitung, beim Klausurenkorrigieren usw. verbrachte Zeiten hinzu.) Als Gegenleistung für diese Ausdehnung der Unterrichtszeit um ein knappes Drittel sollen die Lehrkräfte - die in Frankreich oft erheblich schlechter bezahlt werden als in Deutschland - ihr Gehalt um 500 Euro monatlich erhöht sehen. Die angekündigte Besserbezahlung steht dabei jedoch in keinem Verhältnis zur "angebotenen" Ausdehnung der Arbeitszeiten. Lehrergewerkschaften zeigten sich denn auch bis ablehnend. In Wirklichkeit diente die Ankündigung jedoch mutmaßlich überwiegend nur einem Zweck: seiner kleinbürgerlichen und mittelständischen Basis vorzuführen, dass Lehrer/innen in Wirklichkeit "faul" seien und wenig arbeiteten. Weshalb es auch nicht weiter tragisch sei, wenn Lehrer-Arbeitsplätze wegfallen - in den letzten zehn Jahren wurden unter zwei Präsidenten der Rechten (Jacques Chirac und Nicolas Sarkozy) insgesamt 150.000 Stellen für Lehrer/innen nach Pensionierungen ersatzlos gestrichen, unter Sarkozys Präsidentschaft seit 2007 allein 80.000. Und das derzeitige Regierungslager hat angekündigt, diese Politik der "Nicht-Ersetzung von 50 % der Abgänge im öffentlichen Dienst", darunter dem Schulwesen, bei einer Wiederwahl fortzusetzen. (Der als moderat-bürgerlicher Politiker und Mitte-Rechts-Oppositionelle geltende Präsidentschaftskandidat François Bayrou von der christdemokratisch-liberalen Kleinpartei MoDem hat am gestrigen Abend diese Politik sogar noch zu übertreffen versucht. Am Abend des 08. März kündigte er anlässlich eines TV-Auftritts an, im Falle seiner Wahl würde er nur noch "ein Drittel" der Abgänge ersetzen, statt der Hälfte unter der jetzigen Regierung.) Agieren der Gewerkschaften Auch die Gewerkschaften agieren vor dem Hintergrund des allgemeinen geringen Enthusiasmus, was die Hoffnungen auf Veränderungen im Falle eines Regierungswechsels betrifft, derzeit eher zurückhaltend. Und dies ist noch freundlich formuliert. Seit ihrer schweren Niederlage im Kampf um die "Rentenreform" vom Herbst 2010 - die auch auf die defensive Taktik der wichtigsten Gewerkschaftsführungen von CGT und CFDT zurückging, die etwa den Ausstand in den Raffinerien abwürgten, weil sie fürchteten, "unpopulär" zu werden - haben die französischen Gewerkschaften ohnehin kaum noch mobilisieren können. Am 29. Februar 12 demonstrierten die französischen Gewerkschaften etwa auf den Straßen "gegen die Sparpolitik" und die Abwälzung der Krisenlasten auf die Lohnabhängigen. Eine Mobilisierung, wie sie buchstäblich alle Schaltjahre stattfindet, könnte man unken. Die Ergebnisse stimmen wenig zuversichtlich: Laut amtlichen Zahlen kamen in ganz Frankreich nur 48.000 Leute, davon etwa 8.000 in Paris, zusammen. Derart schmähliche Resultate waren in der französischen Geschichte noch selten. Und im Vorfeld hatten sich die Gewerkschaftsverbände noch untereinander zerstritten. Der zweit- und der drittstärkste Dachverband, also die früher sozialdemokratische und heute zum Teil neoliberale CFDT sowie die eher populistisch-schillernde Force Ouvrière, erhoben öffentlich Vorwürfe gegen die "postkommunistische" CGT: Diese verletzte das Prinzip "parteipolitischer Neutralität", wurde bemängelt (http://www.lefigaro.fr/social/2012/02/02/09010-20120202ARTFIG00483-neutralite-politique-mailly-et-chereque-critiquent-thibault.php ). Dabei gab es in der Geschichte der französischen Gewerkschaftsbewegung - die Jahrzehnte lang vom Nebeneinander politischer Richtungsgewerkschaften geprägt waren, während heute ihre Prägung durch politische Idee stark erodiert ist - ein solches Prinzip überhaupt nicht. Die CFDT gab bis in die achtziger Jahre hinein offene Wahlempfehlungen für die Sozialdemokratie ab, die CGT bis in den neunziger Jahre zugunsten der Parteikommunisten. Dies ist in der alten Form zwar definitiv vorbei, dennoch bleiben politische Einschätzungsunterschiede zwischen den Verbänden bestehen. Am Montag, den 31. Januar d.J. hatte die CGT rund 6.000 Menschen an einem Werktag Nachmittag in einer Pariser Halle zu einer stolzen Großkundgebung mobilisieren können. Hauptthema war dabei die Rentenpolitik: Die Regierung hat bei der letzten "Reform" Ende 2010 die Zahl erforderlicher Beitragsjahre für eine Rente zum vollen Satz von zuvor 40 auf zunächst 41,5 angehoben - und 2018 wird man dann weitersehen. Auch wurde das Recht, grundsätzlich mit 60 in Rente zu gehen, abgeschafft. Das neue Mindestalter liegt bei 62. Die Sozialdemokratie versprach zunächst, das frühere Altersminimum wieder herzustellen, allerdings unter Beibehaltung der Anforderungen bezüglich Beitragsjahren: Wem Beitragssätze fehlen, der oder die bekommt eben Abzüge an der Rente. François Hollande, der sich sogar, über die Regierungspolitik hinausgehend, jüngst für 42 Beitragsjahre aussprach, möchte allerdings nicht einmal mehr das gesichert garantieren. Im Herbst 2011 erweckte er Zweifel an diesem Programmpunkt. An der Kundgebung nahmen auch mehrere Präsidentschaftskandidaten aus der Linken teil: Jean-Luc Mélenchon, die - bei der Wahl in diesem Jahr voraussichtlich sehr schwach abschneidenden - trotzkistischen Bewerber Philippe Poutou (NPA) und Nathalie Arthaud (Lutte Ouvrière) sowie die Kandidatin des grün-linksliberalen Bündnisses Europe Ecologie-Les Verts Eva Joly. Präsidentschaftskandidat François Hollande hatte zunächst seine Teilnahme abgesagt, aber dann doch Vertreter geschickt, unter ihnen den Europaparlamentarier Harlem Désir. CGT-Chef Bernard Thibault zügelte deswegen auch seine offene Kritik an der Sozialdemokratie bei der Kundgebung. Wie ein Star durch das Publikum gefeiert wurde jedoch Jean-Muc Mélenchon, auch wenn die CGT-Spitze sich jeglicher offenen parteipolitischen Positionierung enthielt. Schon dies ist jedoch in den Augen der "moderateren" Verbände wie CFDT und Force Ouvrière (FO) zu viel. "Neutral zu bleiben, bedeutet Komplizenschaft" konterte Bernard Thibault daraufhin öffentlich (http://blog.lefigaro.fr/social/2012/02/la-neutralite-syndicale-selon.html ). Zwar wünschen sich auch die "moderaten" Gewerkschaften tendenziell eine Ablösung der jetzigen Regierung und vor allem des jetzigen Präsidenten, etwa zugunsten François Hollandes. Und jüngste Beschlüsse wie die handstreichartige Annahme der Mehrwertsteuererhöhung - sie wurde am Abend des 29. Januar 12 durch Nicolas Sarkozy im Fernsehen angekündigt, und in der Nacht vom 28. Zum 29. Februar 12 (also auf den Tag genau einen Monat später) vom Parlament verabschiedet - sind auch bei ihnen unbeliebt. Allerdings bestehen da durchaus Nuancen. So sind alle Gewerkschaften im Prinzip gegen eine weitere Ankündigung Sarkozys: Er hatte am 29. Januar 12 ebenfalls verkündet, künftig sollten Betriebsvereinbarungen in der Krise, etwa für Lohnsenkungen "zur Rettung von bedrohten Arbeitsplätzen", auch individuelle Arbeitsverträge abändern können. Bislang wäre dies streng rechtswidrig. Nach der Wahl möchte Sarkozy schnell ein Gesetz dazu verabschieden, und bis dahin haben nun "die Sozialpartner zwei Monate Zeit", sich auf einen entsprechenden Inhalt zu einigen, falls sie es denn schaffen. Die rechtssozialdemokratische Gewerkschaftsführung der CFDT kritisierte dies, allerdings eher wegen der Methode denn wegen der ankündigten Möglichkeiten zur Lohnsenkung oder Arbeitszeitausdehnung in der Krise. Am 31. Januar 12 gab Marcel Grignard von der CFDT in Libération bekannt, man lasse sich nicht durch eine verordnete Frist wie die angekündigten zwei Monate die Pistole auf die Brust setzen. Um hinzuzufügen, über betriebliche Vereinbarungen zur Krisenbewältigung, ja, da lasse man ansonsten durchaus mit sich reden (Vgl. das Interview unter http://www.liberation.fr/economie/01012386929-il-y-a-des-bornes-a-ne-pas-franchir ). Bei anderen Gewerkschaften wie der CGT wird man dies wohl anders sehen, aber dies bleibt ein schwacher Trost. Artikel von Bernard Schmid zu den Wahlkämpfen in Frankreich vom 9. März 2012 |