Home > Internationales > Frankreich > Arbeitskampf > schmid-div | |
Updated: 18.12.2012 15:51 |
Aktuelle soziale Kämpfe in Frankreich: Fastfoodsektor, Kulturprekäre und Debatten um das Streikrecht der Transportbeschäftigten Seit dem 13. Oktober sind sie im Streik, die aus Westafrika und Sri Lanka stammenden Küchenangestellten des Pariser "Nobelrestaurants" Café Ruc (vgl. Labournet vom 10. November 04). Am Mittwoch kommender Woche (24. November) wollen sie jetzt,
zusammen mit Beschäftigten der französisch-belgischen Fastfoodkette
Quick und den streikenden Zimmerfrauen der Hotelkette ACCOR, ein gemeinsames
Kampfkollektiv gründen. Damit könnte der gesamte Dienstleistungs-Niedriglohnsektor
angesprochen werden. Die Prekären in Gaststätten- und Dienstleistungsgewerbe
sind auch in der Pariser Coordination des intermittents et des précaires
(CIP) vertreten, die neben den streikenden Fastfood-Beschäftigten
auch die diskontinuierlich
beschäftigten Kulturarbeiter (intermittents du spectacle) vertritt.
Ihre Gruppe hat mit dem Kulturstreik im Sommer und Herbst 2003 sowie den
Neues von den prekären Kulturschaffenden (intermittents): Einen Schritt vor, zwei Schritte zurück? Nach den Zwischenfällen von Cannes im Frühjahr
2004 und ihren Folgen - infolge der Misshandlung von Pressefotographen,
neben ausständischen intermittents, war auch die Presse aufgebracht
- musste die Pariser Regierung zunächst zurückrudern. Zwar verweigerte
sie die Rücknahme der "Reform" bei den Überbrückungsgeldern,
doch gründete sie zum 1. Juli 04 einen Sonderfonds, aus dem die nunmehr
aus der Unterstützung herausfallenden Kulturprekären alimentiert
werden Aber seit einigen Wochen versucht sie, die materiellen Zugeständnisse
durch die Hinterhür wieder in Frage zu stellen. Denn Konkret wird
beispielsweise in einem vorläufigen Abschlussbericht, den Jacques
Charpillon, Verwaltungsdirektor im Kulturministerium, Anfang September
04 seinem Minister vorlegte, angeregt, Kulturschaffenden während
einer Berufsanfängerperiode von sechs bis 24 Monaten grundsätzlich.
nur noch den Zeitarbeiterstatus zuzuerkennen. Damit würden die spezifischen
sozialen Garantien, die mit dem intermittent-Status verbunden sind, wegfallen.
Aber auch nach dieser obligatorischen „Einstiegsperiode" sollen
bestimmte Beschäftigtengruppen auch weiterhin automatisch als ZeitarbeiterInnen
eingestuft werden. Konkret anvisiert werden alle angeblich reinen „technischen
Berufe" wie etwa Masken- und BühnenbildnerInnen, die „dem
künstlerischen Schöpfungsakt fern" stünden. Dagegen
wenden KritikerInnen ein, ein Ein weiterer Untersuchungsbericht, der Kulturminister Renaud
Donnedieu de Vabre am 30. September dieses Jahres überreicht worden
ist, spricht dagegen der Ersetzung des intermittent-Status in vielen Fällen
durch einen neuen Typus von befristeten Arbeitsverträgen das Wort.
Offenkundig ist, dass die Regierung danach strebt, sich des lästigen
Problems zu entledigen, indem eine Kategorie von prekär oder diskontinuierlich
Beschäftigten, die bisher noch verhältnismäßig solide
soziale Garantien besaß, tendenziell durch andere Kategorien mit
weitaus weniger sozialen Garantien abgelöst werden soll. Eine durch die CIP als Selbstorganisation der Betroffenen
bei progressiven Sozialwissenschaftlern, wie dem Ökonomen und 'Multitude'-Herausgeber
Yann Moulier-Boutang von der Universität Paris-1, in Auftrag gegebene
„Gegenexpertise" scheiterte bisher. Und zwar daran, dass staatliche
Stellen wie das Sozialministerium und die von den „Sozialpartnern"v
erwaltete Arbeitslosenkasse UNEDIC keinerlei Informationen herausrückten.
Eine solche Blockade ist in der bisherigen Geschichte Einschränkung des Streikrechts bei den Transportarbeitern? Um eine andere soziale Gruppe, die oftmals zu den Trägern
sozialen Protests gehört und gleichzeitig über einen Hebel verfügt,
den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen "Alltagsbetrieb"
erheblich zu beeinträchtigten, nimmt die Regierung sich derzeit besonders
an. Es geht um die Transportbeschäftigten bei der Bahngesellschaft
SNCF wie bei den kommunalen, vor allem Ende Oktober wurde dann bei der SNCF ein neues Kollektivabkommen
zum Streikrecht durch die Direktion und sieben der neun Gewerkschaften
der Eisenbahner - alle außer der populistischen Force Ouvrière
(FO) und der linken Basigewerkschaft
SUD - geschlossen. Es sieht vor, künftig vor der Ausrufung jedes
Streiks - die nach geltendem Recht im öffentlichen Dienst mit einer
Die Mehrheitsgewerkschaft CGT hat bei den Eisenbahnern -
anders als bei den Busfahrern - das jüngste Abkommen unterzeichnet.
Zwar hat die Bahndirektion keine Gegenleistungen für die jetzt vereinbarte
"Vorwarnfrist"erbracht, wie die FO-Gewerkschaft bemängelt.
Allerdings lautet das Kalkül der "postkommunistischen"
CGT, die geschlossene Vereinbarung werde helfen, künftig Schlimmeres
zu vermeiden. Denn tatsächlich enthält sie keine Bestimmungen
zu Dienstverpflichtungen und obligatorischem Service minimum. Ferner ist
an das Abkommen ein gemeinsamer Brief der Unterzeichnerparteien angeheftet,
in dem diese sich gegen eine zukünftige gesetzliche Beschränkung
des Streikrechts aussprechen. Für den Fall, dass die Regierung solche
Pläne wahr macht, drohen die meisten Gewerkschaften zudem mit einer
Aufkündigung der jetzigen Dennoch zeigten sich der Premier Jean-Pierre Raffarin und
sein Transportminister sehr zufrieden mit dem neuen Abkommen bei den Eisenbahnern,
das möglichst rasch Nachahmer in anderen öffentlichen Betrieben
finden soll. Gilles de Robien bezeichnete es als ersten Schritt, dem aber
noch weitere Vereinbarungen zur Frage einer Mindestbelegschaft im Streikfalle
folgen sollten, damit man von einem Gesetz absehen könne. Raffarin
dagegen erklärte den Rückgriff auf ein solches Gesetz Artikel von Bernard Schmid vom 13.11.04 |