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Updated: 18.12.2012 16:00 |
Paris: Nach 24 Toten bei Hotelbrand - Katastrophe ist nur Symptom einer Verwaltung der Misere, die nunmehr in die Kritik gerät
In der Nacht vom Donnerstag auf Freitag brannte hier, in der Hausnummer 76, das großzügig als "fünfte Kategorie (ein Stern)" eingestufte <<Hôtel Paris-Opéra>> im Inneren vollständig aus. Die Zahl der Opfer musste in den letzten Tagen noch ständig nach oben korrigiert werden, zuletzt lag sie bei 24 Toten, unter ihnen 11 Kinder. Alle gehörten zu den ärmsten Kategorien der Bevölkerung: Aus ihren Wohnungen zwangsgeräumte "sozial schwache" Familien, Arbeitsimmigranten, unter ihnen einige "papierlose" (also "illegal" eingewanderte oder aus einem vorherigen legalen Aufenthaltsstatus heraus gefallene) Menschen. Die Brandursache war ein Unfall: Die Freundin des Hausmeisters, die mit diesem zusammen - aus Platzmangel - im Frühstückszimmer der heruntergekommenen Bude nächtigte, welches mit Kerzen notdürftig beleuchtet werden musste, hatte sich mit dem Aufsichtsmann gestritten. Dabei waren Klamotten auf die Kerzen, die eine normale Beleuchtung ersetzten, gefallen. Da die Freundin gegen 2 Uhr nachts im Zorn das Haus verließ und der Hausmeister angetrunken war, konnte sich das Feuer ausbreiten. Beim Eintreffen der Feuerwehr war es für viele BewohnerInnen zu spät: Einige erstickten im Rauch oder kamen in den Flammen zu Tode. Andere sprangen aus den Fenstern im 4. oder 5. Stock und starben beim Aufprall unten.
Die auf den klangvollen Namen "Hôtel Paris-Opéra" getaufte Bude konnte offiziell 61 Menschen in 32 Zimmern aufnehmen. Real waren es um die 80 Personen. Viele von ihnen waren ganz offiziell durch Behörden dort untergebracht worden, und das seit Jahren: Im Rahmen von Zwangsräumungen oder des Abbruchs baufälliger und/oder allzu unhygienischer Häuser müssen die Kommunalbehörden den Betroffenen alternativen Wohnraum zuweisen können. Das sind aber oftmals Billighotels, in denen die Zimmer pro Monat statt pro Nacht angemietet werden, und in denen die Betroffenen dann jahrelang (im konkreten Falle oft 3 Jahre) bleiben und aus ihren Koffern leben müssen. Vor allem als "auf dem Wohnungsmarkt schwer vermittelbar" geltende Menschen, namentlich Einwanderer aus afrikanischen oder arabischen Ländern, werden so einfach "geparkt".
Das Problem liegt also nicht in der Verantwortlichkeit der Einzelpersonen, sondern "in einem System", wie ein Leitartikel der Pariser Abendzeitung "Le Monde" (vom 19. April) richtig feststellt. Zu ihm gehört die Unterbringungs- bzw. Einpferchungs-Praxis der Behörden, die für Auffang-Wohnraum zu sorgen verpflichtet sind. Dazu gehören der immer stärker werdende Mangel an bezahlbarem Wohnraum, der seinerseits zunehmende Ausschluss-Tendenzen auf dem Wohnungsmarkt hervorruft. Dazu gehören natürlich die rassistischen Diskriminierungspraktiken auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt. Und selbstverständlich auch die Politiken, die Menschen in der Am Montag abend fand eine Kundgebung mit über 1.000 Menschen in der äußerst engen Straße vor dem Hotel stand. Wohnungslosen-, Immigranten- und Solidaritätsinitiativen, die LDH (Liga für Menschenrechte) und die Antirassismusbewegung MRAP, Mitglieder der KP und der LCR sowie zahlreiche Angehörige der hauptsächlich betroffenen Migrantenbevölkerung waren präsent. Ansonsten sprechen die Fotos wohl für sich. Aktueller Nachtrag: Die Pariser Ortsverwaltung der C.G.T. verurteilt die vorgestern (Dienstag) erfolgte polizeiliche Räumung der Sans papiers ("illegalen" Immigranten), die seit 30 Tagen den Sitz der UNICEF in Paris besetzt hatten und ebenso lange im Hungerstreik waren. Das Kommuniqué trägt die Überschrift: "Nach dem Drama das Hotelbrands in der rue de Provence: Zwangsräumung der Sans papiers". Artikel und Bilder von Bernard Schmid (Paris) |