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EL MUNDO - Dienstag, 19. Dezember 2000
LUIS FERNANDO DURAN MADRID. - Der angebliche Mörder des 39-jährigen Gewerkschaftsmitglied der CNT (Confederación Nacional del Trabajo) Emilio Mejías Tejedor, der letzten Sonntag nach einer Schlägerei starb, stellte sich gestern der Polizei. Manuel G. V., 42 Jahre alt , gestand, Emilio einen Fausthieb versetzt zu haben, sei sich aber der tödlichen Wirkung nicht bewusst gewesen. Den polizeilichen Untersuchungen zufolge ist der mutmaßliche Angreifer ein Obdachloser, der betrunken gewesen sei. Aber sowohl Juan Mejías, der zur Zeit der Schlägerei seinen Bruder begleitete, als auch die Zeugen behaupten, dass der Angreifer weder betrunken noch ein Obdachloser war. "Der Schläger war gut gekleidet und schlug wutentbrannt auf meinen Bruder ein, als ihm dieser ein Flugblatt der CNT gegen die Reform des Arbeitsrechtes geben wollte," sagte Juan. Den polizeilichen Ermittlungen zufolge verteilten Emilio und Juan in der Vorhalle des Bahnhofs Atocha Propagandamaterial. Um ca. 17 Uhr machten sie Pause in einer Kneipe.
Während Juan zahlte, verteilte sein Bruder Faltblätter der CNT, unter anderem auch an Manuel, den mutmaßlichen Angreifer, der unvermittelt drohte, ihn umzubringen. Anschließend versetzte er ihm einen Schlag mit der Faust. Emilio fiel so unglücklich zu Boden, dass er sich eine Genickverletzung zuzog. Er starb noch in derselben Nacht.
Juan Mejías hat den Angriff auf seinen Bruder nicht gesehen. Er versicherte, dass er, während er zahlte, mit Erstaunen das bestürzte Gesicht des Kellners sah, der beobachtete, wie Emilio zusammen geschlagen wurde. Als er gehen wollte, fand er seinen Bruder auf dem Boden liegend, mit einer schweren Wunde im Nacken. Gemäß des Kellners Emilio gab der Verstorbene Manuel ein Faltblatt und dieser drohte ihn umzubringen. "Wir haben es alle gehört und waren überrascht über die Worte", sagte er. Der Verstorbene sagte, dass er es entweder lesen oder zerreißen könne, ganz wie er wolle. Manuel reagierte mit Brutalität und er versetzte dem korpulenten und robusten Gewerkschafter einen Faustschlag. Dieser fiel zu Boden und zog sich dabei eine Schädelbasisverletzung zu.
Laut Polizei nützte der Obdachloser die Verwirrung und verschwand. Juan gelang es, den Begleiter des Angreifers festzuhalten, während ein Sanitäter den Verletzten, der einen Herz- und Atemstillstand hatte, erfolgreich wiederbeleben konnte. Bei der Ankunft im Krankenhaus 12. Oktober hing das Leben Emilios nur mehr an einem seidenen Faden und er verstarb um Mitternacht. Der Fall wurde von der Mordkommission der Policía Judicial (etwa die Kriminalpolizei) übernommen. Gemäß ihrer Untersuchungen hat der Mord keinen politischen Hintergrund. "Er war das Ergebnis der gewalttätigen Reaktion eines Menschen auf einen anderen," sagte ein Polizeisprecher. Der Angreifer, vor drei Jahren wegen Körperverletzung verhaftet worden war, stellte sich gestern früh, als er erfuhr, dass er gesucht werde, sagte die Polizei. Laut Polizei schläft der mutmaßliche Mörder in städtischen Obdachlosenunterkünften und im Retiro-Park, und hält sich mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser.
Gemäß der CNT wurde Emilio Mejías "ohne dazu Anlass zu geben von einer Person angegriffen, der er ein Flugblatt in die Hand drücken wollte". Die Gewerkschaft fügte hinzu, dass er keine Gelegenheit zur Verteidigung gehabt hätte. Außerdem bezweifelte die CNT die Darstellung der Polizei, da "der Angreifer und sein Begleiter normal gekleidet waren und keine Ähnlichkeit mit Obdachlosen hatten, und man keine Anzeichen von Trunkenheit bemerkte. Man versteht auch nicht, dass ein politisches Motiv so kategorisch ausgeschlossen wurde, da das Verteilen eines Faltblattes zur Reform des Arbeitsrechts der Auslöser der Aggression war." Die Familie des Verstorbenen reichte heute Klage gegen den Verhafteten ein. Die CNT, die in Madrid 850 Mitglieder hat, erschien als Privatkläger.
Emilio war als Maurer im Baugewerbe beschäftigt. Er gehörte der Federación de Industria de Construcción (etwa Bauarbeitergewerkschaft) innerhalb der CNT an und war großmütig, zurückhaltend und friedliebend. In seiner Freizeit arbeitete er unermüdlich bei den Werbekampagnen der Gewerkschaft mit. Gemäß seines Bekanntenkreises war noch nie etwas vorgefallen: "Er war sehr verschwiegen, immer guter Laune und führte ein geordnetes Leben, sowohl privat wie auch in Bezug auf seine gewerkschaftlichen Aktivitäten", sagte ein Freund.
Übersetzung: Eva-Maria Bach
LabourNet Germany: http://www.labournet.de/ Der virtuelle Treffpunkt der Gewerkschafts- und Betriebslinken The virtual meeting place of the left in the unions and in the workplace |
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