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Updated: 18.12.2012 15:51
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Erklärung der algerischen autonomen Lehrergewerkschaft CLA zum Verbot ihres Streiks

Kontaktmöglichkeiten zur linken Lehrer-Basisgewerkschaft CLA (Rat der Oberschulen von Algier, ausgesprochen "klah"), die im Bezirk der algerischen Hauptstadt Algier aktiv ist und bisher durch die Behörde nicht anerkannt wird:
- Per E-Mail: profcoordinat@yahoo.fr (Anm.: Yahoo Frankreich ist derzeit der größte Internet-Provider in Algerien)
- Per Fax: 00213 - 21 - 27. 88. 38

Zögert nicht mit eventuellen Solidaritätserklärungen...


AUSZÜGE AUS DER ERKLÄRUNG DES C.LA. (Übersetzung: Bernard S.)

Das Rektorat von Algier hat bewusst eine Konfrontationsstrategie eingeschlagen, trotz unserer wiederholten Aufrufe zum Dialog. Am Tag des Lehrerstreikts (Anm. B.S.: vor gut einer Woche) rief das Rektorat um 14 Uhr das Gericht an, um eine Einstweilige Verfügung gegen den Streik, der unter Einhaltung des gesetzlichen Rahmens begonnen worden war, zu erlassen. Dadurch hat das Rektorat die Flucht nach vorn ergriffen, und wir können nur feststellen, dass es das Bestehen eines Interessenkonflikts leugnet (und) einen Streik durch autoritäre Methoden verhindern, die Forderungen nicht wahrnehmen will (....).

Die Richter haben sich in ihrer Einstweiligen Verfügung, die den Streik suspendiert (Anm. B.S.: "einfriert", vorläufig für rechtswidrig erklärt), auf schlichte unbelegte Tatsachenbehauptungen gestützt und untersuchen an keiner Stelle das Recht. Dieselben Richter haben sich an anderer Stelle für nicht zuständig erklärt (Anm. B.S.: im Januar 05 wurde eine Einstweilige Verfügung, die im Oktober 04 gegen den Streik der Krankenhausärzte erlassen worden war, wegen Nichtzuständigkeit der Richter des hauptstädtischen Bezirks Hussein Dey aufgehoben; fûr den Streik war es jedoch zu spät), aber heute erklären sie sich für zuständig, um einen Streik zu annullieren. (....)

Inhaltlich stützt sich dieses unglaubliche Urteil auf den behaupteten illegalen Charakter des Streiks, auf die "Geiselnahme" der SchülerInnen (Anm. B.S.: diese in Frankreich beliebte Anti-Streik-Parole ist auch in Algerien angekommen...), auf die Nichtbefugnis des CLA zur gewerkschaftlichen Vertretung der LehrerInnen (Anm. B.S.: als offiziell nicht anerkannte Gewerkschaft). Solche Rechtsfragen können nicht durch eine Einstweilige Verfügung entschieden werden. (Anm.:B.S.: im französischen und algerischen Recht kann eine Einstweilige Verfügung nur bei klarer Rechtslage und zur Abwendung einer unmittelbaren drohenden Gefährdung erlassen werden. Die Richter haben sich an dieser Stelle darüber hinweggesetzt.)

Jene, die auf diese Weise behaupten, dem algerischen Gesetz Geltung zu verschaffen, wissen sehr genau, dass der legale Charakter eines Streiks nicht von der Existenz einer Gewerkschaft abhängt. (Anm. B.S.: Im algerischen wir im französischen Recht ist das Streikrecht im Prinzip ein Individualrecht der abhängig Beschäftigten, das auch völlig unabhängig von einer Gewerkschaft ausgeübt werden kann.) Originalton des Gesetzes vom 2. Juni 1990, Artikel 42: "Das Streikrecht gehört den Beschäftigten und nicht der Gewerkschaft. Die Vertretung der Beschäftigten (dabei) erfolgt durch gewählte Vertreter, die durch die Gesamtheit der betroffenen Beschäftigten im Hinblick auf die Erfordernisse von Kollektivverhandlungen und die Regelung von Arbeitskämofen gewählt werden." (Anm. B.S.: Dieses Gesetz stammt aus der Periode des kurzen "demokratischen Frühlings", der auf den Zusammenbruch des Ein-Parteien-Regimes im Oktober 1988 folgte und durch den Bürgerkrieg ab 1992 gestoppt wurde.)

Das Rektorat hat, ein weiteres Mal, Strafanzeige gegen den CLA und seinen Sekretär (Anm. B.S.: das ist der unabhängige Marxist Redouane Osmane) für Nicht-Beachtung der Einstweiligen Verfügung erstattet. Das Rektorat tut so, als wüsste es nicht, dass die Entscheidung zum Beginn oder Ende eines Streiks nicht dem Sekretär des CLA gehört, sondern den LehrerInnen. Die Souveränität der Vollversammlung der LehrerInnen in jeder Oberschule (lycée) und ihre Befragung über den Fortgang des Streiks, wie sie durch das Gesetz vom 2. Juni 1990 in seinem Artikel 28 vorgesehen ist, wurde respektiert. Dies belegt deutlich, dass die Fortführung des Streiks durch die Lehrerkollektive und nicht durch Herrn Osmane entschieden wurde. Eine Entscheidung, die der souveränen Entscheidung (der Vollversammlungen zur Fortführung des Streiks) entgegen gestanden hätte, ware demzufolge illegal gewesen.

(.....)

Jene, die bei uns das gewerkschaftliche Recht leugnen, werden die Verantwortung für ihre unnachgiebige Haltung tragen. Die Lehrer und die Lehrerinnen der Oberstufen haben geduldig auf die Erfüllung der Versprechen gewartet (Anm. B.S.: die anlässlich der Beendigung  des großen Lehrerstreiks am 7. Dezember 2003 abgegeben wurden). aber vergeblich. Heute ruft der CLA die Gesamtheit der LehrerInnen dazu auf,

  • sich zu mobilisieren, um in den Schulen und in der Gesellschaft wahrgenommen zu werden;
  • auf solidarische Weise für den Respekt ihres Streikrechts und ihrer gewerkschaftlichen Rechte zu agieren;
  • zusammen gegen die Drohungen, die Einschüchterung und die Repression zu kämpfen;
  • den Bildungsminister zu zwingen, seine Strafanzeige zurückzuziehen und Verhandlungen mit ihren auf legitime Weise gewählten VertreterInnen zu beginnen,
  • sowie konkrete Antworten auf ihre Forderungen zu verlangen.

Algier, am 13. 02. 2005  


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